Vielseitiges Ticagrelor

Eine belgische Arbeitsgruppe führte Experimente mit verschiedenen grampositiven und gramnegativen Bakterienkulturen durch. Dabei wiesen Tica­grelor und sein Hauptmetabolit AR‑C124910 antibakterielle Eigenschaften gegen sämtliche getestete grampositive Stämme auf – auch gegen solche, die gegen Antibiotika wie Methicillin und Vancomycin resistent sind. Zudem erhöhte Ticagrelor die antibakterielle Wirksamkeit von Rifampicin, Ciprofloxacin und Vancomycin. Bei Mäusen mit einer Staphylococcus-aureus-Infektion waren übliche plättchenhemmende Dosierungen effektiv.

Diese Beobachtungen dienen als mögliche Erklärung für die geringere Anzahl an infektionsbedingten Todesfällen unter Ticagrelor im Vergleich zu Clopidogrel bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom in der PLATO-Studie. Auch die Verbesserung der Lungenfunktion unter Ticagrelor in der XANTHIPPE-Studie bei Patienten, die wegen einer Pneumonie im Krankenhaus behandelt wurden, könnte auf die antimikrobiellen Eigenschaften des Thrombozytenaggregationshemmers zurückzuführen sein. Ob infektions­gefährdete Herz-Kreislauf-Patienten tatsächlich von einer Behandlung mit Ticagrelor profitieren, und ob der P2Y₁₂-Rezeptorantagonist anderen Vertretern der Substanzklasse in dieser Hinsicht überlegen ist, muss anhand von randomisierten kontrollierten Studien geklärt werden. |