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- DAZ 27/2019
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Debatte
In guten Händen
Ein Gastkommentar von Harald Schweim
Vorausschickend muss ich bekennen, dass ich aus meiner naturwissenschaftlich begründeten Sicht der Therapie mit Homöopathika nichts abgewinnen kann.
Denn entscheidend für eine pharmakologische Wirkung ist die Frage, ob und wie viele Moleküle der Ausgangssubstanz in der Arzneiform enthalten sind. Ab einer Verdünnung von C12 entsprechend 1:1024 – der Avogadrogrenze – enthält die Arznei statistisch kein Wirkstoffmolekül mehr. Unterhalb von D4 können dagegen noch Arzneisubstanzen in einer Menge enthalten sein, die durchaus eine pharmakologische Wirkung entfalten können. Oberhalb von D6 bis D8 sind pharmakologische Wirkungen nicht mehr möglich, obwohl noch (geringste) Substanzspuren mitunter zu erwarten sein können.
Arzneimittelrechtlich sind die sogenannten „besonderen Therapierichtungen“ also ein Fremdkörper im Gesetz (mit Ausnahme der wissenschaftlichen Phytotherapie), weil sie nur „weltanschaulich“ (ohne experimentellen Wirksamkeitsbeweis) und inkonsequent (Homöopathie-theoretisch ist C100 viel wirksamer als D3) begründet werden. So müssten die Hochpotenzen also aufgrund ihrer starken (homöopathischen) Wirksamkeit und den Gefahren einer Überdosierung eigentlich verschreibungspflichtig sein.
Bezüglich der Risiken orientiert sich das Arzneimittelrecht allerdings nicht am homöopathischen Weltbild sondern an toxikologischen Realitäten: Niedrigpotenzen von Giften wie Quecksilber (Mercurius solubilis) oder Tollkirsche (Belladonna) sind toxisch. So kann beispielsweise das als D6 oder D12 verwendete Arsen(III)-oxid (Arsenicum album) in der Dosierung von 1 g einer D1-Lösung tödlich sein. Daher sind solche Stoffe bis D3 auch verschreibungspflichtig.
Wenn in wissenschaftlich einwandfreien Untersuchungen gezeigt wird, dass die Wirksamkeit einer Therapie kaum oder nicht über einen Placeboeffekt hinausgeht, bedeutet das keinesfalls, dass sie ungefährlich geschweige denn unbedenklich ist. Auch Placebos und besonders Nocebos können einen so starken physiologischen Effekt auslösen wie wirksame Arzneimittel, potenziell sogar tödlich sein.
Und damit sind wir mitten im Thema: Die Fachleute für alle Arten von Arzneimitteln und (Gift-)Stoffen mit Wirkungen auf den Organismus sind die Apotheker. Deren chemisch-pharmakologisches Verständnis ist deutlich ausgeprägter als die der medizinischen Kollegenschaft. Wir sind die Ansprechpartner für seriöse Auskünfte zu Arzneimittelwirkungen und Nebenwirkungen, besonders wenn es um Produkte geht, die ohne ärztliches Zutun im Rahmen der Selbstmedikation erworben werden sollen.
Zur Veranschaulichung das folgende Gedankenexperiment: Wir nehmen eine Flasche Leitungswasser und beschriften sie mit einem Fantasienamen und der Aufschrift „Hilft gegen Krebs!“. Das bieten wir nun anderen Apotheken zur Abgabe an. Was haben wir erschaffen?
Ein illegales, nicht verkehrsfähiges Arzneimittel! Ein „Wundermittel“, das keinerlei arzneimittelrechtliche Vorgaben erfüllt.
Beim Vertriebsweg in der Apotheke wirken kompetente Pharmazeuten wie ein „Patientenschutzfilter“. Sie werden ihre Patienten vor Gefahren und Scharlatanerie schützen. Beim Vertriebsweg außerhalb der Apotheke (im Drogerie- oder Supermarkt) entfällt dieser Schutz.
Was hat das mit Homöopathie zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts. Homöopathika sind keine illegalen, nicht verkehrsfähigen, sondern echte Arzneimittel. Sie sind, wie alle anderen Arzneimittel mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden, die unter Umständen bei Überdosierungen oder Fehleinnahme (z. B. Arsenicum album) oder als Nocebos schaden, wenn nicht sogar tödlich sein können. Daher gehören Homöopathika in die Apotheke (und nicht ins Bonbonregal des Einzelhandels). Sie bedürfen einer fachlichen und ggf. toxikologischen Beratung eines Heilberuflers. Bei Zweifeln muss von ihnen – wie von jedem anderen Arzneimittel auch – abgeraten werden können.
Alle besonderen Therapierichtungen müssen daher ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Die Frage der Wirksamkeit ist in diesem Zusammenhang zweitrangig. Es geht um Nebenwirkungen, Toxizität und Unverträglichkeiten sowie um Nocebo-Effekte. Auf Patientennachfrage müssen Apotheker den Stand des gesicherten Wissens zur Homöopathie, unabhängig von ihrer persönlichen Einstellung, wiedergeben können. Dabei darf natürlich auch eine persönliche – fachlich begründete – Aussage zur Homöopathie erwogen werden. Wichtig ist auch, dass die Beratung damit den Erfolg – auch einer Placebotherapie – am Ende nicht gefährdet.
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