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- DAZ 28/2019
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Die Seite 3
Wer löst das Dilemma?
Der neue Rahmenvertrag beendet die unsinnige Konkurrenz zwischen den Regeln für Generika und Importe. Doch leider wurde dies teuer erkauft, insbesondere mit dem Preisanker. Der mag im „Normalfall“ zu begründen sein. Denn wenn Ärzte sich einer Wirtschaftlichkeitsprüfung stellen sollen, müssen sie die Wirtschaftlichkeit auch beeinflussen können. Doch wofür gibt es ausgefeilte Ausnahmeregeln mit Begründungen und Sonderkennzeichen, wenn die dann den Preisanker nicht überwinden können? Das erscheint inkonsequent und nach den ersten Reaktionen im Alltag sehr belastend.
Auch beim Apotheken-Stärkungsgesetz droht, dass bestechende Vorteile mit zu großen Nachteilen erkauft werden. Darum sollten wir uns an das ursprüngliche Ziel erinnern, die finanzielle Basis der Apotheken zu sichern. Neue Dienstleistungen können dies allein schon wegen des geplanten Volumens nicht. Sie können bestenfalls langfristig einen neuen Weg für die Apotheken eröffnen, die diese Zukunft noch erleben. Dagegen widerspricht die Aushöhlung der Preisbindung dem ursprünglichen Ziel. Die Zustimmung zu freien Preisen für Selbstzahler im Ausland verbaut die Chance auf eine spätere Korrektur des Urteils von 2016 vor dem Europäischen Gerichtshof und gefährdet zudem massiv die Preisbindung im Inland.
Einige meinen, dies sei langfristig ohnehin immer weniger relevant. Denn die Verknüpfung der Apothekerleistung mit dem Arzneimittelpreis führe in den verhängnisvollen Strudel der Warenverkehrsfreiheit. Es wird argumentiert, die Apotheker sollten auch ihre Leistungen bei der Arzneimittelabgabe besser über ein Dienstleistungshonorar entgelten lassen. Doch spätestens die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu den Architektenhonoraren lässt diesen Traum zerplatzen. Die Honorierung von differenzierbaren Versorgungsleistungen mag in Verhandlungen mit Krankenkassen besser zu vermitteln sein als eine „Gießkannen“-Honorierung über den Produktpreis (S. 54). Das passt zur „Versorgungsdenke“ eines sozialen Systems. Es passt aber nicht zur marktwirtschaftlichen Sicht der EU. Darum ist dies eine Option für die künftige Apothekenhonorierung durch die GKV, aber nicht bei den Selbstzahlern. Dort bleibt die Preisbindung die einzige mögliche Basis. Doch das Apotheken-Stärkungsgesetz weist gerade den umgekehrten Weg und gibt ausgerechnet den ertragreichen und damit existenzsichernden Selbstzahlermarkt allzu bereitwillig auf.
Damit stehen den perspektivisch interessanten Vorteilen des Entwurfs existenzbedrohende Nachteile gegenüber. Ein solches klassisches Dilemma ist typischerweise nur mit einem neuen Kompromiss aufzulösen. Doch dafür haben sich die derzeitigen Akteure zu sehr festgelegt. Die Hoffnung auf ein neues „Wie“ hängt daher an der Frage „Wer?“: Nach einer Kabinettsumbildung könnte ein neuer Gesundheitsminister die Vorschläge neu kombinieren und von der verhängnisvollen Streichung des viel zitierten § 78 (1) Satz 4 AMG ablassen. Dafür könnte eine neue EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen den Spielraum eröffnen, wenn sie die EU flexibler, kompromissbereiter und sozialer aufstellen möchte. Die Zeit für diesen Weg könnte knapp werden, aber ich gebe die Hoffnung darauf noch nicht auf.
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