Arzneimittel und Therapie

Pregabalin unter Verdacht

Vor allem jüngere Patienten scheinen anfällig für besondere Nebenwirkungen

Die Liste der Nebenwirkungen der Gabapentinoide ist nicht gerade kurz, dennoch werden sie häufig verschrieben. Nun weisen die Ergebnisse einer schwedischen Kohortenstudie auf ein erhöhtes Risiko von Suizidalität, unbeabsichtigten Überdosierungen sowie Verletzungen und Vorkommnissen im Straßenverkehr hin. Allerdings scheinen nicht alle Substanzen mit dem gleichen Risiko behaftet zu sein, und auch in den verschiedenen Altersgruppen gibt es Unterschiede.

Gabapentinoide, wie Gabapentin und Pregabalin, werden therapeutisch breit angewendet aufgrund ihrer antikonvulsiven, anxiolytischen und Neuropathieschmerz-lindernden Wirkung. Die Zahl der Verschreibungen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Dies schlägt sich auch in den Umsatzzahlen nieder: Global liegen Gabapentinoide derzeit unter den fünfzehn umsatzstärksten Arzneimitteln. Mögliche Überverschreibungen dieser Präparate sind jedoch nicht nur unter Kostengesichtspunkten kritisch zu sehen. Neben bekannten Nebenwirkungen mehren sich Hinweise auf Koordinationsstörungen und Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit, bis hin zu suizidalem Verhalten. Die bisherigen Untersuchungen lieferten jedoch recht uneinheitliche Ergebnisse.

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Epilepsie ist eines der klassischen Anwendungsgebiete der Gabapentinoide Gabapentin und Pregabalin.

Im Rahmen einer populationsbasierten Kohortenstudie wurden Daten des schwedischen Verordnungsregisters von insgesamt 191.973 Patienten ausgewertet, denen im Zeitraum 2006 bis 2013 mindestens zwei Mal in Folge ein Gabapentinoid verordnet worden war. 120.664 Patienten erhielten Pregabalin, 85.360 Gabapentin (davon bekamen 14.051 Patienten beide Arzneimittel). Die Patienten dienten in der Studie als ihre eigene Kontrolle, indem für jeden Patienten auftretende Ereignisse während eines Behandlungszeitraums mit therapiefreien Perioden verglichen wurden. Statistisch wurde darüber hinaus auf die Faktoren Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen, Gebrauch von Drogen und Alkohol sowie die Verwendung weiterer Antiepileptika adjustiert. 10.026 Studienteilnehmer (5,2%) mussten wegen eines Selbstmordversuchs behandelt werden bzw. verstarben. 17.144 (8,9%) Patienten erlitten eine unbeabsichtigte Drogen- oder Medikationsüberdosierung, teilweise mit Todesfolge. 12.070 (6,3%) hatten einen Verkehrsunfall oder begingen eine Straftat im Straßenverkehr. 70.522 (36,7%) der Patienten wurden beim Arzt mit Verletzungen vorstellig. 7.984 (4,1%) der Studienteilnehmer wurden aufgrund eines Gewaltverbrechens inhaftiert.

Kein erhöhtes Risiko bei Älteren

In der intraindividuellen Analyse zeigte sich für alle Ereignisse ein erhöhtes Risiko unter Gabapentinoid-Therapie. Die Unterschiede waren bis auf den Parameter „Gewaltverbrechen“ jeweils statistisch signifikant. Studienteilnehmer der Altersgruppe 15 bis 24 Jahre zeigten in allen Analysen das höchste Risiko. Mit zunehmendem Lebensalter nahm das Risiko jedoch kontinuierlich ab, bei Patienten über 55 Jahren waren keine signifikanten Assoziationen nachweisbar. Interessanterweise ergab die getrennte Auswertung der Wirkstoffe gegensätzliche Trends: Während Pregabalin in allen Parametern ein erhöhtes Risiko zeigte, wies Gabapentin ein geringeres Risiko oder keine statistischen Unterschiede auf. Die Autoren betonen, dass Gabapentinoide eine wichtige Therapieoption für viele Patientengruppen bleiben. Falls sich die Hinweise auf ein möglicherweise erhöhtes Risiko gerade bei jüngeren Patienten in anderen Studien erhärten, sollten bestehende klinische Leitlinien jedoch hinterfragt werden. |

Literatur

Molero Y et al. Associations between gabapentinoids and suicidal behaviour, unintentional overdoses, injuries, road traffic incidents, and violent crime: population based cohort study in Sweden. BMJ 2019;365:l2147

Apotheker Dr. Peter Meiser

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