Arzneimittel und Therapie

L-Dopa unter mikrobiellem Beschuss

Darmbakterien metabolisieren Parkinsonmedikament

Über die Rolle des Mikrobioms für die Gesundheit unseres Gehirns ist bereits einiges bekannt. Nun wurde untersucht, inwieweit die Darm­flora die Therapie bei Morbus Parkin­son beeinflusst. Ein spezienübergreifender Arzneistoffmetabolismus könnte die Erklärung für die individuell stark unterschiedlichen L-Dopa-Effekte sein.

Die menschliche Darmflora bildet mit etwa 100 Billionen Bakterien einen eigenen Mikrokosmos. Unsere Darmbakterien spielen eine wichtige Rolle bei der Verdauung und der Abwehr von Krankheitserregern. Wachsende Evidenz deutet darauf hin, dass das Mikrobiom auch einen Einfluss auf neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson hat. So können beispielsweise Darmbakterien von Parkinsonpatienten im Mausmodell motorische Störungen auslösen, welche durch Antibiotikagabe reversibel sind.

Der bedeutendste Arzneistoff in der Parkinsontherapie ist die Vorstufe des Dopamins, Levodopa (L-Dopa). Um den peripheren Abbau des L-Dopa und damit Nebenwirkungen zu vermeiden, wird der Arzneistoff in Kombination mit peripheren Decarboxylasehemmern verabreicht. Denn nur das intakte L‑Dopa kann ins Gehirn aufgenommen und dort zu dem bei Parkinson fehlenden Neurotransmitter Dopamin metabolisiert werden. Doch trotz dieser Wirkstoffkombination erreichen nur maximal 50% des L-Dopa den Wirkort. Effektivität und Nebenwirkungen schwanken außerdem stark von Patient zu Patient. Unterschiede im Metabolismus der Patienten können diese Variabilität nicht allein erklären. In einer aktuellen Studie wurde nun der Einfluss der Darm­bakterien auf die Metabolisierung des L-Dopa untersucht.

Dass L-Dopa durch ein komplexes Gemisch an Darmbakterien zu m-Tyr­amin (3-Hydroxyphenylethylamin) abgebaut werden kann, war bereits bekannt. Mittels Genomanalyse wurden nun diejenigen Bakterienstämme bestimmt, die die entscheidenden Rollen im Abbauprozess spielen. Interessanterweise handelt es sich um einen spezienübergreifenden Metabolismus: Entero­coccus faecalis decarboxyliert L‑Dopa mithilfe einer Tyrosin-Decarboxylase zu Dopamin. Dopamin wird dann wiederum durch Eggerthella lenta zu m-Tyramin dehydroxyliert. Der häufig eingesetzte Decarboxylasehemmer Carbidopa kann den bakteriellen Abbau – im Gegen­satz zum Abbau durch die humane Decarboxylase – nicht hemmen. Allerdings fanden die Forscher mit (S)-α-Fluoromethyl­tyrosin (AFMT) einen Wirkstoff, der die mikrobielle Decarboxylierung selek­tiv inhibiert. Auch im Maus­modell konnte AFMT die Serum­spiegel von L-Dopa erhöhen. Mit den Ergebnissen dieser Studie könnte es in Zukunft möglich sein, Therapien zu entwickeln, die sowohl den humanen als auch den mikrobiellen Abbau von L-Dopa verhindern. Wirkungs­schwankungen und Nebenwirkungen könnten so reduziert werden. |

Literatur

Rekdal VM et al. Discovery and inhibition of an interspecies gut bacterial pathway for Levodopa metabolism. Science 2019;364(6445): eaau6323

Apothekerin Leonie Naßwetter

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