Arzneimittel und Therapie

Widerstandsfähige Bakterien

Nicht nur Antibiotika fördern Resistenzen

Die Zunahme antibiotikaresistenter Bakterienstämme bereitet Wissenschaftlern und Ärzten weltweit Sorgen. Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in Medizin und Tierzucht gilt als hauptverantwortlich für dieses Dilemma. Australische Forscher haben nun gezeigt, wie nicht antibiotisch wirksame Arzneimittel Resisten­zen fördern können.

Spricht man in der Biologie von Konjugation, geht es um die Übertragung von Teilen des Genoms zwischen zwei Zellen. Dabei besteht direkter Kontakt zwischen dem Donor und dem Rezipienten. Gramnegative Bakterien tauschen Informationen in Form von Plasmiden aus, die ein Gen enthalten, das dem Empfänger einen evolutio­nären Vorteil sichert. Bei einem solchen horizontalen Gentransfer kann etwa ein Antibiotikaresistenz-Gen übertragen werden.

Wissenschaftler der University of Queensland wählten sechs Substanzen von der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aus, um ihren Einfluss auf den horizontalen Gentransfer zwischen bestimmten Bakterien zu untersuchen. Die Wahl fiel auf den β-Blocker Propranolol, drei nichtsteroidale Antirheumatika (Ibuprofen, Naproxen und Diclofenac), einen Lipidsenker (Gem­fibrozil) und das Kontrastmittel Iopro­mid. Als Modellorganismen dienten Escherichia-coli-Bakterien, die ein Resistenzgen gegen die Antibiotika Tetracyclin, Kanamycin und Ampicillin trugen. Das Gen sollte an Pseudomonas-putida-Bakterien, die unempfindlich gegenüber Chloramphenicol waren, übertragen werden. Die Bakterien wurden gemeinsam Konzentrationen der sechs Arzneimittel ausgesetzt, die als relevant für das klinische Umfeld und die Umwelt betrachtet werden (zwischen 0,0001 und 50 mg/l). Anschließend wurde die Bakterienlösung auf Nährböden übertragen, die alle vier Antibiotika (Tetracyclin, Kanamycin, Ampicillin und Chloramphenicol) enthielten. Aus der Zahl der Kolonien wurde berechnet, wie viele Gentransfers stattgefunden hatten.

Bis auf Iopromid förderten alle getes­teten Arzneimittel die Übertragung von Antibiotikaresistenz-Genen. Unter dem Transmissionselektronenmikroskop wurde sichtbar, dass die Bakterien während der Exposition näher zusammenrückten und Teile der Zellmembran durchlässig wurden. Eine RNA-Analyse nach dem Konjugations-Prozess zeigte, dass Genprodukte, welche die Membranpermeabilität und Membrankanäle beeinflussen, signifikant hochreguliert wurden.

Beim Vergleich der Molekülstrukturen aller analysierten Arzneimittel fiel den Forschern eine gewisse Ähnlichkeit auf. Vier der fünf Wirkstoffe, die den Gentransfer förderten, enthalten einen Phenylring und eine Carboxylgruppe – genau wie viele gängige Antibiotika. Mit dieser Erkenntnis lassen sich weitere potenziell resistenzfördernde Pharmaka identifizieren. Unabhängig davon liefert die Studie einen guten Grund, die Arzneimittel­exposition von Mensch und Umwelt auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren. |

Literatur

Wang Y et al. Non-antibiotic pharmaceuticals can enhance the spread of antibiotic resistance via conjugation. bioRxiv 2019. Preprint; doi:10.1101/724500

Ulrich Schreiber, MSc

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