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Deutscher Apothekertag
Zwei Anträge zum Klimaschutz
Nachhaltigkeit wird Thema beim Apothekertag
Aktionsbündnis für Nachhaltigkeit
Den breiteren Ansatz verfolgt der Antrag aus Berlin. Demnach sollen die Apotheker die Federführung in einem Aktionsbündnis mit Pharmaindustrie, Aufsichtsbehörden, Krankenkassen und Politik übernehmen. Das Aktionsbündnis soll „unter Klimaschutzaspekten problematische Bereiche in der Arzneimittelversorgung detektieren und angemessene Reaktionen“ entwickeln. Dabei soll die „Nachhaltigkeit unter Erhalt einer sicheren und guten Arzneimittelversorgung“ berücksichtigt werden, heißt es im Antrag. In der Begründung werden mögliche Ansatzpunkte aufgeführt: der Versand einzelner Packungen wegen Lieferengpässen oder Rabattverträgen, die Einfuhr wegen marginaler Preisunterschiede, die Vernichtung wegen geringfügiger Kennzeichnungsfehler, die Klimatisierung zur Vermeidung minimaler kurzfristiger Überschreitungen der Lagertemperatur und Botendienste aufgrund von Convenience-Aspekten. Zu diesen Bereichen solle eine Kosten-Nutzen-Abschätzung vorgenommen werden. Dann sollten gemeinsam Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden, fordern die Antragsteller.
Antrag für Vor-Ort-Versorgung
Der Hamburger Antrag zielt dagegen weniger auf eine Analyse, sondern fordert den Gesetz- oder Verordnungsgeber direkt zu Maßnahmen auf. Diese sollten dafür sorgen, dass „die Arzneimittelversorgung sich in ihrer gesetzlichen Ausgestaltung der Versorgungswege an den Grundsätzen eines nachhaltigen Umwelt- und Klimaschutzes und einer Reduzierung der CO2-Bilanz ausrichtet“. Die Begründung bezieht sich allein auf den Onlinehandel. Der Antrag zielt offensichtlich auf Maßnahmen gegen den Versandhandel mit Arzneimitteln. Dies war auch der Tenor beim Vorschlag für diesen Antrag während der Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg am 18. Juni. In der Begründung für den Antrag wird erklärt, dass insbesondere wiederholte Zustellungsversuche die Umweltbilanz des Versandes verschlechtern. Dagegen könne die Umweltbilanz der Vor-Ort-Apotheken durch neue digitale Vorbestellungsmöglichkeiten noch verbessert werden.
Hintergrund: widersprüchliche Daten
Hinter diesem Antrag steht offensichtlich die Einschätzung, dass der Versandhandel zu mehr CO2-Emissionen führt als die Vor-Ort-Versorgung. Doch im Zusammenhang mit dem allgemeinen Onlinehandel ist dies durchaus umstritten. Gemäß einer Hochrechnung des Öko-Instituts von 2015 für das Beispiel eines Schuhkaufs soll ein Einkauf beim Onlinehandel sogar klimafreundlicher sein als in einem Geschäft vor Ort. Für dieses Ergebnis war der Energieverbrauch der Läden für die Heizung und Beleuchtung der großen Ladenflächen maßgeblich. In einem Beitrag auf „quarks.de“ vom 13. Dezember 2018 wurden aber auch Schwächen dieser Modellrechnung aufgezeigt. Abhängig von der Art der Produkte ist die Präsentation und damit der Energieverbrauch sehr unterschiedlich. Das Thema ist zudem beim Vor-Ort-Handel längst angekommen. Der Handelsverband HDE hebt auf seiner Internetseite hervor, dass der Handel seine CO2-Emissionen seit 1990 um über 50 Prozent gesenkt habe.
Auch beim Onlinehandel hängt die Rechnung sehr von den Annahmen ab. Die Universität Bamberg arbeitete in einer Studie die Retouren als wesentliches Problem heraus. In einer Meldung vom 6. Mai 2019 erklärte die Universität, dass im Jahr 2018 etwa jedes sechste Paket im Onlinehandel zurückgeschickt worden sei. Diese Retouren hätten in Deutschland die Emission von etwa 238.000 Tonnen CO2-Äquivalenten verursacht. Für den Beitrag „Wie klimaschädlich ist der Onlinehandel?“ vom 4. Mai 2019 fand die „Süddeutsche Zeitung“ keine belastbaren Zahlen für einen umfassenden Vergleich der Handelsformen. Das Umweltbundesamt arbeite daran, die Emissionen des Onlinehandels zu berechnen. Das Ergebnis hänge davon ab, wo der Käufer wohnt und wie viel er zurückschickt. Einstweilen kam die „Süddeutsche Zeitung“ zu der simplen Erkenntnis, die Klimabilanz sei besser, je weniger Wege zurückgelegt werden.
Besonderheiten bei Apotheken
Dies kann wiederum helfen, die Ergebnisse auf die Arzneimittelversorgung zu übertragen. Das große Problem der Rücksendung spielt hier anders als bei Kleidung kaum eine Rolle. Das spricht für den Versand, aber dem stehen andere gewichtige Aspekte gegenüber: Der Versand kann die Vor-Ort-Apotheken nicht ersetzen, weil sie für die Akutversorgung unverzichtbar sind. Der größte Teil der Energie für die Apothekenräume muss also auf jeden Fall aufgewendet werden, um den gesellschaftlichen Anspruch an die Versorgung zu erfüllen. Außerdem geht es in der politischen Diskussion gerade um die flächendeckende Versorgung. Der Weg zur nächsten Apotheke ist für die meisten Menschen viel kürzer als zur nächsten Einkaufsstraße mit einer guten Auswahl an Kleidung. Viele Patienten kommen daher zu Fuß in die Apotheke oder sie besuchen die Apotheke im Rahmen anderer unverzichtbarer und eher kurzer Fahrten für den Lebensmitteleinkauf. Ein weiterer Aspekt ist der zusätzliche Verpackungsmüll beim Versand. Das alles spricht für eine gute Klimabilanz der Apotheke. |
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