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Deutscher Apothekertag 2019
Struktur und Geld
Ein Kommentar von Thomas Müller-Bohn
„Struktur vor Geld“ ist seit Jahrzehnten ein Grundsatz der Berufspolitik der Apotheker. Dabei ist die Struktur kein Selbstzweck. Denn die Struktur von heute sichert das Geld von morgen. Übersetzt heißt der Grundsatz also: „Das Geld für morgen (und für die weitere Zukunft) ist wichtiger als das Geld von heute“.
In seinem Lagebericht beim Apothekertag ist ABDA-Präsident Schmidt von diesem Prinzip abgerückt. Er sagte, „Struktur vor Geld“ sei falsch und spiegele verkürztes Denken wider. – Wenn das die neue Sicht der ABDA ist, heißt das übersetzt: „Das Geld von heute ist mindestens so wichtig wie das Geld von morgen.“ Das wäre durchaus konsequent. Denn den Apotheken, die heute nicht überleben, hilft das Geld von morgen nicht mehr. Wie konnte es so weit kommen?
Es wurde zu lange versäumt, für mehr Geld zu sorgen. Doch das darf jetzt nicht dazu verleiten, die Struktur für ein Almosen zu verkaufen. Wenn die Apotheker mit der sozialrechtlichen Preisbindung für die GKV auf eine höchst unsichere Struktur bauen, frage ich: Wo ist das viele Geld, das sie dafür bekommen? Etwas mehr Geld für den Notdienst und die BtM-Dokumentationen und ein Honorarvolumen für Dienstleistungen mit unbekannten Kosten können das nicht aufwiegen.
Es muss also jetzt um Geld und Struktur gehen. Die Struktur ist nicht zu verkaufen, aber ohne Geld lässt sich auch die schönste Struktur nicht aufrechterhalten. Doch beim Engagement für mehr Geld hat die ABDA großen Nachholbedarf. Seit 2004 fehlt ein Anpassungsmechanismus für den Festzuschlag auf Rx-Arzneimittel. Die ABDA hat die Auseinandersetzung mit dem Honorargutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums gescheut und muss daher immer wieder damit rechnen, mit den unpassenden Argumenten dieses weltfremden Konstruktes konfrontiert zu werden. Das ABDA-Datenpanel soll Grundlagen für eine eigene Argumentation liefern und läuft inzwischen in der zweiten Runde. Doch Ergebnisse der ersten Runde wurden bisher nicht präsentiert.
In der Hauptversammlung musste sich die ABDA-Spitze den Vorwurf anhören, in der Honorarfrage nicht genug „Kampfgeist“ zu zeigen. Doch auch die Mehrheit der Delegierten konnte sich nicht zu einer Forderung nach einem höheren Festzuschlag aufraffen, sondern entschied diesen Antrag zu übergehen.
Die Delegierten stimmten aber deutlich für die Anträge auf Erstattungen für die Mühen durch Lieferengpässe und durch das Securpharm-System. Ein gut konstruiertes System solcher Einzelhonorare wäre durchaus eine diskutable Alternative zu einem höheren Festzuschlag. Außerdem kursiert weiterhin die Idee eines Strukturhonorars für die Bereitstellung der Apothekeninfrastruktur. Doch für beides fehlt bisher ein Plan. Dabei erklärte ABDA-Hauptgeschäftsführer Schmitz in seinem Geschäftsbericht, es werde immer wichtiger, eigene Vorschläge zu haben, und Gesundheitsminister Spahn sagte ziemlich deutlich, dass er von den Apothekern eigene Ideen erwartet, wie das Honorar besser untereinander verteilt werden kann. Umverteilung allein kann die seit 2004 angewachsene Lücke im Honorar zwar nicht füllen, aber die Apotheker sollten eine solche Aufforderung des Ministers auch nicht ignorieren. Das wäre immerhin ein Ansatz, überhaupt ins Gespräch über das Honorar zu kommen. ABDA-Präsident Schmidt vermittelte dazu in seinem Lagebericht die Idee, es habe wenig Sinn, bedingungslos an einem pauschalierten Vergütungssystem festzuhalten, das keinen Unterschied zwischen Päckchenversand und persönlicher Abgabe macht. Das klingt fast schon nach einer Option für den Fall, dass die Bemühungen um die Preisbindung scheitern. Doch wenn die ABDA sich künftig um Geld und Struktur kümmern will, muss sie mehr als solche Andeutungen liefern. Mit dem Apothekertag ist erneut eine gute Gelegenheit verstrichen, die nötige Diskussion in Gang zu bringen.
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