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DAZ aktuell
Masernschutzgesetz wächst
Regierungsfraktionen satteln Änderungsanträge auf – auch apothekenrelevante
Dr. Thomas Gebhart, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, machte im Bundestag das Ziel des Gesetzes deutlich: „Wir wollen die Masern ausrotten. Ich will, dass kein Kind mehr an Masern erkrankt, und ich will, dass niemand mehr an den Folgen dieser Krankheit stirbt“. Dazu sei erforderlich, dass mindestens 95% der Bevölkerung gegen Masern immun sind. Um dies zu erreichen, setzt das Masernschutzgesetz zum einen auf mehr Aufklärung. Zentral und am heftigsten umstritten ist aber die Regelung, dass nach 1970 geborene Personen künftig einen ausreichenden Impfschutz bzw. eine Immunität gegen Masern nachweisen müssen, wenn sie in bestimmten Einrichtungen betreut, untergebracht oder tätig werden. Es geht um Kitas, die Kindertagespflege, Schulen und Horte. Zudem ist das Personal in medizinischen Einrichtungen betroffen, ebenso Bewohner und Personal in Asylbewerberheimen und Flüchtlingsunterkünften. Der Nachweis erfolgt über den Impfausweis oder durch ein Attest vom Arzt, dass die betreffende Person schon einmal Masern hatte. Wenn ein solcher Nachweis schon einmal erbracht wurde, reicht es bei einem später erneut nötigen Nachweis – etwa bei einem Kita- oder Schulwechsel –, wenn dies eine staatliche Stelle oder die Leitung einer anderen Einrichtung bestätigt.
Nicht geimpfte Kinder können vom Kita-Besuch ausgeschlossen werden, nicht geimpftes Personal darf in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen nicht arbeiten. Und Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, müssen mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen. Das gilt auch für Kindertagesstätten, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Ebenso für nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften und für nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte.
AOK-Chef für Impfungen in der Apotheke
Günter Wältermann, Chef der AOK Rheinland / Hamburg, hat sich in der „Rheinischen Post“ zu den Modellvorhaben für Grippeimpfungen in Apotheken geäußert. Auf den Hinweis, dass in Frankreich Apotheker impfen dürfen, erklärt er: „In der Schweiz auch. Lasst Apotheker gegen Grippe impfen, wenn wir so die Durchimpfungsrate erhöhen und viele Grippetote vermeiden können. Die Grippewelle 2017/2018 kostete über 25.000 Menschen in Deutschland das Leben.“ Mit den geplanten Modellvorhaben kann aus seiner Sicht auch der Widerstand aus der Ärzteschaft überwunden werden. Ärzte und Apotheker würden „gewiss“ ein Verfahren verabreden, „um Haftungsfragen zu klären und sicherzustellen, dass die notwendigen medizinischen Standards eingehalten werden“, so der AOK-Chef. Andere Impfungen sollten die Pharmazeuten vorerst aber nicht anbieten.
Vom Apothekenstärkungsgesetz ins Masernschutzgesetz
Für Apotheken ist das Masernschutzgesetz vor allem durch zwei Änderungsanträge interessant geworden. Es geht um Regelungen, die aus dem stockenden Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken herausgelöst wurden. Sie betreffen Modellprojekte für Grippeimpfungen in der Apotheke und Wiederholungsverordnungen, die nach der Erstabgabe eine bis zu drei Mal wiederholende Arzneimittelabgabe erlauben. Beide Vorhaben haben sich inhaltlich nicht geändert. Sie sind den Regierungsfraktionen aber offensichtlich so wichtig, dass sie nicht abwarten wollen, bis sich die EU-Kommission zum im Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz geplanten Rx-Boniverbot im Sozialrecht äußert. Das Masernschutzgesetz soll nach derzeitigem Stand zum 1. März 2020 in Kraft treten.
Doch Minister Jens Spahn hat noch weitere Änderungsanträge im Masernschutzgesetz untergebracht. Zum einen ein weitergehendes Werbeverbot für Schönheitsoperationen. Schon jetzt ist verboten, hierfür mit vergleichenden Darstellungen des Körperzustands vor und nach dem operativen Eingriff zu werben. Nun sollen auch Werbemaßnahmen untersagt werden, die sich speziell oder überwiegend an Jugendliche richten.
Zudem sollen Kassen künftig für Leistungen zur „vertraulichen Spurensicherung“ bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch, einen sexuellen Übergriff, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung aufkommen. Eine derartige Spurensicherung noch vor einer Anzeige ist für die Beweisführung in etwaigen späteren straf- oder zivilrechtlichen Verfahren notwendig – doch eine einheitliche Regelung zur Kostenübernahme fehlt bislang. Wird die Spurensicherung erst nach oder gleichzeitig mit einer Anzeige vorgenommen, zahlt die Polizei die Kosten. Künftig soll es so sein, dass Ärzte und Kliniken die Leistungen der vertraulichen Spurensicherung mit den Krankenkassen abrechnen können, ohne dass die untersuchte Person von der Kasse identifiziert werden kann. |
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