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AOK Bayern will es wissen

Streit um Verwürfe: AOK lehnt Anerkenntnis ab

BERLIN (ks) | Bei der Abrechnung unvermeidlicher Verwürfe, wie sie bei der Herstellung parenteraler Zubereitungen anfallen, vertritt die AOK Bayern rigide Ansichten. Das führt immer wieder zu juristischen Auseinandersetzungen mit Apothekern. Bislang entschieden bayerische Sozialgerichte zugunsten der Apotheken. Auch das Sozialgericht München hat der AOK Bayern nun in einem seit 2014 anhängigen Rechtsstreit nahegelegt, die Forderung der Apotheke anzuerkennen. Doch die Kasse stellt sich quer.

Wann ist ein Verwurf unvermeidbar und damit von der Kasse zu vergüten? An welche Aufbewahrungsfristen muss die Apotheke sich halten? Es geht nicht nur um Haftungsfragen, sondern auch um die Qualität der verabreichten Infusionen: Sind die verwendeten Wirkstoffe gemäß den Angaben der Fachinformation noch haltbar oder schon abgelaufen? Haftet der Pharmazeutische Unternehmer (vorher) oder der zubereitende Apotheker (bei Weiterverarbeitung nach Ablauf der Haltbarkeitsangabe) für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit? Auch zum Patientenschutz gibt die Hilfstaxe, Anlage 3, eigentlich eine klare Handlungsanweisung für die zubereitenden Apotheken. Die hier aufgeführten Zeiten orientieren sich an den Haltbarkeiten der Fachinformationen und erlauben die Abrechnung eines unvermeidbaren Verwurfes innerhalb dieser Zeitspanne. Diese Regelung ist von den Krankenkassen allgemein akzeptiert. Nur die AOK Bayern hat Probleme mit ihr.

Bisherige Gerichtsverfahren mit Apothekern verliefen für die Kasse allerdings nicht erfolgreich. So entschied das Sozialgericht Würzburg im April 2016 (Az.: S 17 KR 260/14), dass Verwürfe bei der Herstellung Zytostatika-haltiger Lösungen unvermeidlich sind, wenn Restmengen länger aufbewahrt werden müssten, als es die Fachinformation maximal vorsieht. Es sprach einem von der AOK Bayern retaxierten Apotheker einen Vergütungsanspruch von mehr als 33.000 Euro zu. Vor gut zwei Jahren urteilte auch das Sozial­gericht Nürnberg in einem Streit um die Abrechnungsregelungen der Hilfstaxe zugunsten des Apothekers (Az.: S 21 KR 333/14). Beide Urteile sind allerdings nicht rechtskräftig.

Seit 2014 ist auch vor dem Sozialgericht München ein ähnlich gelagertes Verfahren anhängig. Nun hat die Vorsitzende Richterin der AOK mitgeteilt, dass sie die Klage für „vollumfänglich begründet“ hält – dazu verweist sie ausdrücklich auf die beiden oben genannten Urteile. Sie seien in ihrer „inhaltlichen und argumentativen Tiefe absolut überzeugend“. Zur Vermeidung weiterer Kosten in dem langen Verfahren wird der Kasse daher „dringend nahegelegt, ein Anerkenntnis abzugeben“. Würde die AOK dem zustimmen, könnte der Prozess ohne weitere Beweisaufnahme beendet werden und das Urteil müsste nicht genauer begründet werden, wenn die Formalia stimmen.

Die AOK Bayern beharrt jedoch auf ein „echtes“ Urteil. Der Erdinger Apotheker Dr. Franz Stadler, der in diesem Verfahren mit der AOK streitet, hat kein Verständnis: „Trotz dieser Niederlagenserie, trotz diverser Aufsichts­beschwerden vor dem Bayerischen Gesundheitsministerium und trotz einiger Einigungsvorschläge verfolgt die AOK Bayern stur und mit einer für eine Körperschaft öffentlichen Rechts unglaublichen Arroganz ihren einmal eingeschlagenen Kurs, zweifelt die Rechtmäßigkeit der abgerechneten Verwürfe prinzipiell an und setzt die korrekt abrechnenden Apotheken mit fortgesetzten Retaxen seit Jahren einem enormen finanziellen Druck aus“.

Daran wird sich wohl auch nichts ändern. Bis zu einem höchstrichterlichen Urteil kann es dauern. |

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