DAZ aktuell

Wer nicht liefern kann, soll zahlen

Karl Lauterbach (SPD) wünscht sich Sanktionen gegen lieferunfähige Hersteller

STUTTGART (cel/ks) | Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach hat sich im Deutschlandfunk zu Lieferengpässen geäußert. Seine Idee: Bei Nichtlieferbarkeit generischer Arzneimittel sollte unter Umständen auch das teurere Original-Präparat abgegeben werden – potenzielle Mehrkosten sollten dann die nicht lieferfähigen Hersteller tragen.

Lauterbachs Analyse zu den Gründen der allgegenwärtigen Engpässe ist nicht neu. Das Problem sei die Verlagerung der Wirkstoffherstellung für Arzneimittel in die „Billigproduktionsländer China und Indien“. Hinzu kämen mangelnde Bevorratung und fehlende Kompensationsmöglichkeiten der Mit­anbieter im Markt bei Lieferausfällen. Auch sein Lösungsvorschlag, die Wirkstoffproduktion für lebensnotwendige und unersetzliche Medikamente nach Deutschland oder zumindest nach Europa zurück zu verlagern, war bereits des Öfteren zu hören. Das sei zwar teurer, aber sicherer, so Lauterbach.

Der SPD-Politiker plädiert jedoch vor allem für Sanktionen, wenn Arzneimittelhersteller nicht liefern können: Ein Unternehmen, das einen Lieferauftrag bekommen habe – etwa einen Rabattvertrag – müsse die Sicherheit haben, „dass es dann auch alleine liefern darf, aber auch liefern muss“. Könne nicht geliefert werden, müsse es Strafen geben, so Lauterbach. Das könne man in den Rabattverträgen vereinbaren. Man könnte darin zudem festlegen, dass in dem (belegten) Fall, dass ein Rabatt­vertragsarzneimittel tatsächlich nicht lieferbar ist, „automatisch das Original infrage kommen“ muss. Das sieht grundsätzlich auch der Rahmenvertrag so vor, allerdings müssen sich Apotheker bei Nichtlieferbarkeit von Rabatt-Arzneimitteln oder preisgünstigen anhand der Arzneimittelkosten Stück für Stück nach oben hangeln – bis hoffentlich irgendein Präparat lieferbar ist.

Die dabei entstehenden Mehrausgaben will Lauterbach nicht den Krankenkassen oder den Patienten aufbürden. „Das müsste dann die Pharmafirma, die den Vertrag hat, bezahlen.“ Aktuelles Beispiel dürfte der Venla­faxin-Engpass sein. Die generischen Präparate gibt es nicht, Trevilor® ist teilweise mit Mehrkosten von über 100 Euro verbunden.

Bleibt die Frage: Wenn die Engpass-Missstände längst bekannt sind, warum hat die SPD als mitregierende Partei denn seit 2013 nichts unternommen? Lauterbach sieht hier vor ­allem den Koalitionspartner in der Schuld, denn die Union sei immer nur bereit gewesen, „kleine Schritte mit uns zu gehen“. Zum Beispiel Selbst­verpflichtungen der Industrie und den sogenannten Jour fixe zu Lieferengpässen. Doch Lauterbach meint, dass bei dem „regelmäßigen Treffen zwischen Industrie, Apothekern und Politik, wo man über das Thema spricht“, wohl nicht viel rauskommt. „Da verspricht dann jeder, dass es demnächst wirklich viel besser wird; es passiert aber dann doch nichts“. |

Das könnte Sie auch interessieren

Lauterbach zu Lieferengpässen

Die Industrie muss helfen

AOK-Bundesverband wirft Apothekern und Pharmaindustrie „Desinformation“ vor

AOK: „Aufgebauschte Kampagne“ gegen Rabattverträge

DAZ-Spezial zu Ursachen und Lösungsansätzen für ein andauerndes Ärgernis

DAZ-Spezial: Dauerthema Lieferengpässe

Lieferengpässe bei Kinderarzneimitteln (Teil 1): Der Apotheker

„Ich würde mir wünschen, dass wir mehr Pharmazeuten sein dürfen”

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.