Prisma

Eiskalte Einsamkeit

Unter Extrembedingungen verringert sich das Hirnvolumen

Foto: fergregory – stock.adobe.com

us | Zur Weihnachtszeit jagt ein Familienbesuch den nächsten. Oft hat man nach ein paar Tagen genug von der Verwandtschaft und wünscht sich etwas Ruhe und Einsamkeit. Davon sollte man sich allerdings nicht zu viel gönnen, denn sonst könnte das Gehirn schrumpfen. Das zeigt eine Studie an Polarforschern, die von Wissenschaftlern der Berliner Charité und des Max-Planck Instituts für Bildungsforschung durchgeführt wurde. Neun Personen, die für 14 Monate auf der deutschen Neumayer-III-Station in der Antarktis gelebt hatten, wurden vor und nach ihrem Aufenthalt im ewigen Schnee und Eis untersucht: Acht Polarforscher unterzogen sich einem hochauflösenden Scan im Magnetresonanztomografen (MRT), alle neun Expeditionsteilnehmer gaben in regelmäßigen Abständen Blut ab. In den Blutproben wurde die Konzentration des Wachstumsfaktors BDNF (brain-derived neurotrophic factor) bestimmt, die nach Ankunft auf der Station signifikant sank. BDNF wirkt wachstumsfördernd auf Neuronen im Gehirn. Von durchschnittlich etwa 24 ng/ml sank der Blutwert in der eisigen Einöde auf knapp 14 ng/ml und hatte sich auch 1,5 Monate nach Ende der Expedition noch nicht wieder erholt. Der Konzentrationsabfall war assoziiert mit einer Verringerung des Volumens des Gyrus dentatus im Hippocampus. Damit einher ging eine Verschlechterung der Leistung in einigen kognitiven Tests. Im MRT-Bild beobachteten die Wissenschaftler auch in anderen Bereichen des Gehirns ein verringertes Volumen an grauer Substanz im Vergleich zu Kontrollpersonen. Soziale Isolation und eine eintönige Umwelt haben sich bereits in Tierversuchen als schädlich für das Gehirn erwiesen. Die Bildung neuer Neuronen war deutlich reduziert. |

Literatur

Stahn AC et al. Brain Changes in Response to Long Antarctic Expeditions. N Engl J Med 2019;381(23):2273–2275

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