Arzneimittelsicherheit

Informationen über unerwünschte Wirkungen

AMK/ck | In der Rubrik „Wichtige Mitteilungen“ informiert die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) über Fälle, in denen die Arzneimittelsicherheit infrage gestellt oder gefährdet ist. Die Meldungen der Arzneimittelkommission umfassen Stufenplan­mit­teilungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Rückrufe und Überprüfungen von Fertigarzneimitteln, wichtige Informationen über fragwürdige Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel und zur Arzneimittelsicherheit. Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung der wichtigsten Hinweise aus dem vergangenen Jahr. Angegeben sind jeweils die Heftnummer, in der die Mitteilung veröffentlicht war, sowie die Seitenzahl.

Biotin kann Laboruntersuchungen stören

Die AMK berichtete von einem europä­ischen Signalbewertungsverfahren zu Biotin-haltigen Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmitteln. Hintergrund waren Fallberichte zu Interferenzen bei klinischen Laboruntersuchungen, nachdem Patienten Biotin eingenommen hatten. Das B-Vitamin Biotin ist ein Coenzym in der Gluconeogenese und der Lipogenese und am Abbau einiger Aminosäuren beteiligt. Biotin-haltige Arzneimittel in Dosierung bis zu 10 mg sind unter anderem zur Prophylaxe und Therapie von seltenen Biotin-Mangelzuständen indiziert. Biotin-haltige Nahrungsergänzungsmittel sollen Stoffwechsel und neuro­logische Funktionen unterstützen und gesunde Haut, Haare und Nägel fördern. Biotin ist aber auch Bestandteil vieler labormedizinischer Immuno­assays. Hier kann exogen zugeführtes Biotin stören, wenn das System auf einem Biotin-Streptavidin-Testprinzip beruht: Das Biotin in der Blutprobe konkurriert mit den biotinylierten Reagenzien des Assays um Bindungsstellen. Bei sogenannten Sandwich-Assays mit zwei verschiedenen, nichtkompetitiven Antikörpern kann dies zu falsch niedrigen Ergebnissen führen, bei kompetitiven Immunoassays zu falsch erhöhten. In den Gebrauchsinformationen der Assays finden sich Angaben zu Schwellenwerten der Blutkonzentration von Biotin, bei denen keine Interferenzen zu erwarten sind. Es sollen in die Fach- und Gebrauchsinfor­mationen von Arzneimitteln zum Einnehmen mit ≥ 150 μg Biotin pro Dosis­einheit und parenteral anzuwendende Arzneimittel, die ≥ 60 μg Biotin pro Dosiseinheit enthalten, Hinweise auf den möglichen Einfluss auf Laborwerte aufgenommen werden. (DAZ 11, S. 120)

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Biotin-haltige Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel können die Ergebnisse von Immunoassays stören.

EU-Zulassung von Olaratumab widerrufen

Im Juni 2019 wurde durch die EU-Kommission die Zulassung von Olaratumab (Lartruvo®) widerrufen. Alle Stärken und Packungsgrößen wurden zurückgerufen. Der humane mono­klonale IgG1-Antikörper bindet an PDGFRα (Platelet Derived Growth Factor Receptor α), eine Rezeptor-Tyrosinkinase, die auf Tumor- und Stroma­zellen exprimiert wird. Dadurch wird die Bindung der eigentlichen Liganden und somit die Rezeptor-Aktivierung verhindert und das Tumorwachstum gehemmt. Hintergrund des Rückrufs war die Phase-III-Studie ANNOUNCE, in der die Wirksamkeit von Olaratumab in Kombination mit Doxorubicin bei fortgeschrittenem Weichteil­sarkom nicht bestätigt werden konnte. (DAZ 20, S. 109, DAZ 24, S. 86)

Rote-Hand-Brief zu Carbimazol- oder Thiamazol-haltigen Arzneimitteln

Das Risiko einer akuten Pankreatitis sowie die verstärkte Empfehlung zur Kontrazeption unter Carbimazol- oder Thiamazol-haltigen Arzneimitteln waren Inhalt eines Rote-Hand-Briefes. Fallberichte über das wiederkehrende Auftreten einer akuten Pankreatitis bei erneuter Anwendung von Carbim­azol oder Thiamazol deuten auf einen immunologischen Mechanismus. Es scheint, dass diese Thyreostatika mit einem erhöhten Risiko für angeborene Fehlbildungen verbunden sein können, insbesondere bei Anwendung im ersten Trimenon der Schwangerschaft und in hoher Dosierung. Das Prodrug Carbimazol und der aktive Metabolit Thiamazol werden unter anderem zur Behandlung der Hyperthyreose eingesetzt, zur Vorbereitung einer geplanten Radioiodtherapie oder auch zur Dauerbehandlung der Hyperthyreose. Während einer Behandlung sollten Frauen im gebährfähigen Alter wirksam verhüten. Ein Hyperthyreoidismus bei Schwangeren muss behandelt werden, um schweren Komplikationen vorzubeugen. Carbimazol oder Thiamazol sollten sofort abgesetzt werden, wenn eine akute Pankreatitis auftritt. (DAZ 7, S. 93)

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Frauen im gebährfähigen Alter müssen während einer Behandlung mit den Thyreostatika Carbimazol oder Thiamazol wirksam verhüten.

Missbrauch von Dextromethorphan

Dextromethorphan (DXM) wurde in den letzten sechs Jahren am häufigsten mit dem Verdacht auf Missbrauch an die AMK gemeldet. Das Antitussivum hemmt NMDA- und stimuliert Sigma-1- und 5-HT-Rezeptoren, wird rasch resorbiert und unterliegt einem schnellen, umfangreichen, hepatischen Stoffwechsel über CYP2D6. Bereits nach ca. 15 Minuten kann die Wirkung einsetzen. Durch die Hemmung von NMDA-Rezeptoren wird derzeit das Abhängigkeitspotenzial von Dextromethorphan begründet. Bei Überdosierungen besteht ein erhöhtes Risiko für Übelkeit, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen, QTc-Zeit-Verlängerung und Psychosen mit visuellen Halluzinationen. Im Falle einer massiven Überdosierung wurden Krämpfe, Atemdepression und Koma beschrieben. Aufgrund des CYP2D6-Polymorphismus ist die DXM-Exposition interindividuell sehr verschieden und damit das Risiko für Nebenwirkungen schwer vorhersehbar. Etwa 10% der Bevölkerung sind langsame CYP2D6-Metabolisierer, bei denen niedrige Dosen bereits zu Hospitalisierungen führen können. Ein Teil der Neben­wirkungen kann über einen Serotonin-Agonismus erklärt werden, der insbesondere bei höheren Dosen oder bei zusätzlicher Einnahme von serotonergen Wirkstoffen sowie CYP2D6-Inhibitoren das Risiko für das lebensbedrohliche Serotonin-Syndrom begründet. Die AMK bittet um besondere Aufmerksamkeit bei der Abgabe von DXM-haltigen Arzneimitteln, insbesondere bei Kapsel-Monopräparaten, und erneuert die Empfehlung, Dextromethorphan möglichst nicht an Jugendliche abzugeben. Weitere OTC-Präparate, die ihrerseits (additive) zentralnervöse Effekte verursachen können, sollten nicht abgegeben werden. Werden Beratungsangebote in der Apotheke abgelehnt, so kann die Abgabe auch verweigert werden. (DAZ 46, S. 105)

Rote-Hand-Brief zu Genvoya®, Stribild® und Tybost®

Werden Elvitegravir/Cobicistat/Emtricitabin/Tenofoviralafenamid (Genvoya®), Elvitegravir/Cobicistat/Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil (Stribild®) und Cobicistat (Tybost®) im zweiten und dritten Trimenon ein­gesetzt, besteht ein erhöhtes Risiko eines Therapieversagens und einer Mutter-Kind-Übertragung einer HIV-Infektion, so Gilead Sciences in einem Rote-Hand-Brief. Eine Therapie mit den genannten Arzneimitteln sollte während einer Schwangerschaft nicht begonnen werden. Frauen, die unter der Therapie mit Elvitegravir/Cobicistat schwanger werden, sollen auf ein alternatives Behandlungsregime umgestellt werden. (DAZ 13, S. 115)

Risiko einer Fehlapplikation von Infanrix-IPV + Hib®

Der Impfstoff Infanrix-IPV + Hib® besteht aus zwei Komponenten. Die Fertigspritze enthält als Suspension die Antigene für Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Poliomyelitis. In einer gesonderten Durchstechflasche befindet sich als weißes Lyophilisat das Haemophilus-influenzae-Typ-b(Hib)-Antigen. Der Impfstoff wird rekonstituiert, indem man der Durchstechflasche mit dem Hib-Pulver den gesamten Inhalt der Fertigspritze mit der DTPa-IPV-Suspension zusetzt. Anschließend wird der gelöste Impfstoff wieder in dieselbe Fertigspritze aufgezogen. Berichtet wurde ein Fall, in dem in einer Arztpraxis versehentlich vergessen wurde, das Hib-Antigen hinzuzufügen. Der Irrtum wurde bemerkt, und daraufhin erneut der korrekt zubereitete Impfstoff appliziert. Hierdurch erhielt der drei Monate alte Säugling zwar die Hib-Komponente, aber auch erneut die restlichen Antigene. Die AMK berichtet, dass in der Apotheke infolge eines Lieferengpasses der N1-Packungsgröße die Impfdosen ausgeeinzelt, patientenindividuell verpackt und ohne Gebrauchsanweisung der Arztpraxis geliefert wurde. Somit lagen dem Arzt nur die Primärpackmittel des Impfstoffs sowie die üblicherweise in der Praxis genutzten Informationsmedien vor. Nach Einschätzung der AMK sind weder die Auf­machung der Primärpackmittel noch die in der Praxis genutzten Medien geeignet, über den jeweiligen Inhalt der Primärpackmittel hinreichend zu informieren. Daher möchte die AMK Apotheker daran erinnern, bei Abgabe entsprechender Impfstoffe besonders aufmerksam zu sein, um das Risiko von Fehlapplikationen zu reduzieren. (DAZ Nr. 33, S. 82)

Erhöhtes Risiko für schwere psychiatrische Ereignisse unter Belimumab

Unter der Therapie mit dem selektiven Immunsuppressivum Belimumab (Benlysta®) kann das Risiko für schwerwiegende psychiatrische Ereignisse (Depression, suizidale Gedanken, suizidales Verhalten oder Selbstverletzung) erhöht sein. Belimumab ist indiziert als Zusatztherapie bei Erwachsenen mit aktivem, Autoantikörper-positivem systemischem Lupus erythematodes (SLE), die trotz Standardtherapie eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen. In der Produktinformation sind Depressionen bereits als Nebenwirkung aufgeführt. Eine nach der Markteinführung durch­geführte doppelblinde Studie zeigte bei Auswertung der Ein-Jahres-Daten von 4003 SLE-Patienten ein im Vergleich zu Placebo erhöhtes Risiko für Depression und Suizidgedanken, suizidalem Verhalten oder Selbstverletzung. Patienten und betreuende Personen sollten umgehend medizinische Hilfe suchen, falls Depressionen, Suizidgedanken oder Selbstverletzung auftreten oder sich verstärken. (DAZ 14, S. 102)

 

Foto: Merck

Das „neue“ Euthyrox® enthält statt Lactose-Monohydrat nun Mannitol und Citronensäure.


Neue Formulierung von Levothyroxin

Merck Serono informierte in einem Rote-Hand-Brief über eine geänderte Formulierung mit geänderten Hilfsstoffen von Euthyrox® Tabletten. Mitte 2017 kam es nach Einführung der­selben neuen Levothyroxin-Formulierung in Frankreich zu einem extremen Anstieg der Spontanberichte zu diesem Präparat. Durch die geänderte Zusammensetzung soll eine bessere Stabilität des Wirkstoffes über die gesamte Laufzeit des Arzneimittels gewährleistet werden. Der Hilfsstoff Lactose wurde durch Mannitol und Citronensäure ersetzt, der Wirkstoff Levothyroxin-Natrium blieb unverändert. Die Bioäquivalenz zur alten Formulierung konnte innerhalb engerer Bioäquivalenzgrenzen von 90 bis 111% nachgewiesen werden. Wie bei einer Umstellung auf andere Schilddrüsenpräparate wird empfohlen, Patienten ihre Schilddrüsenfunktion überwachen zu lassen, wenn diese die neue Formulierung erstmalig erhalten. Apotheker sollen Patienten auf die geänderte Formulierung und Packungsgestaltung hinweisen und sie auf­fordern, die Einnahme unverändert vorzunehmen. (DAZ 15, S. 89)

Kardiale Risiken von Domperidon nicht ausreichen beachtet

In einem Rote-Hand-Brief informierten Zulassungsinhaber Domperidon-haltiger Arzneimittel über die Ergebnisse einer Arzneimittelanwendungsstudie. Danach werden Empfehlungen zur Minimierung kardialer Risiken nicht hinreichend umgesetzt. Domperidon ist mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende kardiale Nebenwirkungen (QTc-Verlängerung, Torsade-de-pointes-Tachykardien, schwere ventrikuläre Arrhythmien, plötzlicher Herztod) assoziiert. Domperidon ist ausschließlich zur „Besserung der Symptome Übelkeit und Erbrechen“ indiziert und sollte mit der niedrigsten wirksamen Dosis über einen kürzest möglichen Zeitraum eingenommen werden – höchstens eine Woche. In anderen Indikationen ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis negativ. Die empfohlene Dosierung und die Kontraindikationen sollten unbedingt beachtet werden. (DAZ 18, S. 91)

Risiko einer nicht erfolgten Aktivierung des Adrenalin-Pens Emerade®

Bei der Anwendung von Adrenalin Injektionslösung in einem Fertigpen (Emerade®) kann eine fehlerhafte Komponente dazu führen, dass einige Fertigpens nicht aktiviert werden und im Notfall kein Adrenalin abgeben. Es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Aktivierungsfehler auftritt, wenn die Fertigpens hohen Temperaturen ausgesetzt waren. Der Hersteller weist darauf hin, dass die Fertigpens nicht Temperaturen über 25 °C ausgesetzt werden dürfen! Wurden Fertigpens doch über 25 °C gelagert, müssen sie mittels Neuverordnung gegen Adrenalin-haltige Auto­injektoren anderer Hersteller ausgetauscht werden. Das Notfallmedikament ist indiziert zur Behandlung schwerer akuter allergischer Reaktionen (Anaphylaxie). Auf der AMK-Homepage finden sich entsprechende Bilder zum unbenutzten bzw. erfolgreich/nicht erfolgreich aktivierten Pen. Die Häufigkeit des Auftretens kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Da der Aktivierungsfehler nicht spezifisch ist für eine bestimmte Charge, wird Emerade® bis zur vollständigen Lösung des Problems nicht weiter ausgeliefert. Der Hersteller vermutet, dass der Vertrieb des Pens voraussichtlich ab dem 2. Quartal 2020 wieder aufgenommen wird. (DAZ 41, S. 104, DAZ 51, S. 102)

Rote-Hand-Brief zu Fluor­chinolon-haltigen Arzneimitteln

In Zusammenhang mit der systemischen und inhalativen Anwendung von Fluor­chinolon-haltigen Arznei­mitteln können lang anhaltende und möglicherweise irreversible Nebenwirkungen auftreten, die hauptsächlich den Bewegungsapparat (u. a. Tendinitis, Sehnenruptur und Myalgie) und das Nervensystem (u. a. periphere Neuropathie, Depression) betreffen. In Deutschland sind Ciproflox­acin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin zugelassen. Fluorchinolone sollten nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Bewertung eingesetzt werden. Die Breitbandantibiotika sollen bei bestimmten Infektionen nicht mehr verordnet werden, so zur Behandlung nicht schwerer und selbst­limitierender Infektionen (u. a. akute Bronchitis), zur Prävention der Reisediarrhö oder rezidivierender Infektionen der unteren Harnwege, bei nicht bakteriellen Infektionen oder bei leichten und mittelschweren Infektionen. Corticosteroide und Fluorchinolone sollten möglichst nicht gleichzeitig angewendet werden. (DAZ 15, S. 91)

Risiko schwerer angeborener Fehlbildungen unter Modafinil

Das zentral wirksame Sympathomimetikum Modafinil wird zur Behandlung exzessiver Schläfrigkeit bei Narkolepsie mit oder ohne Kataplexie angewandt. Spontanmeldungen und Berichte aus einem Schwangerschaftsregister deuten auf einen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Modafinil während der Schwangerschaft und schwerer angeborener Fehlbildungen. Es wurde kein spezifisches Fehlbildungsmuster festgestellt. Das Psychostimulanz sollte während einer Schwangerschaft nicht angewandt werden, während der Therapie sollten Patientinnen konsequent verhüten. Da Modafinil die Wirksamkeit von oralen Kontrazeptiva beeinträchtigt, sollten Patientinnen auf eine alterna­tive oder zusätzliche sichere Verhütungsmethode zurückgreifen. (DAZ 20, S. 109)

Schwergängige Spritzenkolben bei Ranibizumab Fertigspritzen

Novartis Pharma informierte über Schwierigkeiten bei der Applikation von Ranibizumab Injektionslösung in einer Fertigspritze (Lucentis®). In einem Rote-Hand-Brief wurde daran erinnert, Spritzen vor der Anwendung hinsichtlich einer einwandfreien Handhabung zu prüfen und nur unauf­fällige Spritzen am Patienten an­zu­wenden. Die Schwergängigkeit des Kolbens kann dazu führen, dass geringere Dosen als empfohlen appliziert werden. Ferner kann es zu Schäden am Patienten führen, wenn sich die Spritze während der Applikation im Auge verschiebt. (DAZ 36, S. 102, DAZ 47, S. 94)

Foto: Johannes Bürger Ysatfabrik GmbH

Reduktion der Colchicin-Dosierung

Colchicum-Dispert® überzogene Tabletten und Colchysat® Bürger Flüssigkeit enthalten seit Ende Januar 2019 eine neue Gebrauchsinformation, in der die neue empfohlene, reduzierte Tageshöchstdosis und maximale Colchicin-Gesamtdosis pro Gichtanfall ausgewiesen werden. Die maximale Gesamt­dosis pro Gichtanfall wurde von bisher 12 mg auf 6 mg Colchicin verringert. Aufgrund der geringen therapeutischen Breite und der hohen Toxizität von Colchicin kam es in der Vergangenheit zu unerwünschten Wirkungen bzw. unbeabsichtigten Überdosierungen mit teils tödlichem Ausgang. Da Daten zeigten, dass eine verringerte Colchicin-Dosis eine gleichwertige Wirksamkeit bei besserem Sicherheitsprofil aufweist, wurden in den Leit­linien die Dosierungsempfehlungen geändert. Um Risiken zu minimieren, wurden die Warnhinweise aktualisiert sowie die Packungsgrößen auf maximal 30 ml bzw. 30 Tabletten begrenzt. Diese entsprechen je 15 mg Colchicin und reichen zur Behandlung von mindestens zwei Gichtanfällen. (DAZ 8, S. 112)
 

Dosierungsfehler unter Methotrexat

Obwohl das Risiko von versehent­lichen Überdosierungen von Methotrexat(MTX)-haltigen Arzneimitteln bekannt ist, wurden weiterhin mehrere Hundert Fälle berichtet, zum Teil mit Todesfolge. Dosierungsfehler mit schwerwiegenden Folgen wurden insbesondere dann gemeldet, wenn MTX zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen (rheumatoider Arthritis, Psoriasis, Morbus Crohn) täglich anstatt wie vorgesehen einmal wöchentlich angewendet wurde. Diese Fehler traten in allen Stufen des Medikationsprozesses auf, vermutlich auch während der Abgabe in der Apotheke. Die AMK bittet Apotheker, besonders wachsam bezüglich potenzieller Dosierungsfehler bei Austausch und Abgabe von MTX zu sein. Es sollte geprüft werden, ob der Patient oder eine Pflegekraft verstanden hat, dass das Arzneimittel einmal wöchentlich anzuwenden ist. Weiterhin wurde eine Patientenkarte für orale MTX-haltige Arzneimittel als Schulungsmaterial behördlich beauflagt. Für die nächsten sechs Monate sollen die Karten an Patienten mit rheumatoider Arthritis, Psoriasis oder Morbus Crohn abgegeben werden, danach sollte die Patientenkarte Bestandteil aller Packungen oraler MTX-haltiger Arzneimittel sein. (DAZ 48, S. 129)

Erhöhtes Risiko von Lungenembolie und Mortalität unter Tofacitinib

Pfizer Pharma GmbH informierte in einem Rote-Hand-Brief über das erhöhte Risiko von Lungenembolie und Mortalität bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, die in einer klinischen Prüfung Tofacitinib (Xeljanz®) 10 mg Filmtabletten zweimal täglich erhalten hatten. Nach der vorläufigen Auswertungen war die Inzidenz von Lungenembolie pro Personenjahr im Tofacitinib-10-mg-zweimal-täglich-Arm im Vergleich zum TNF-Inhibitor-Arm um das Fünffache erhöht. Es traten auch mehr Todesfälle im Therapiearm mit 10 mg zweimal täglich auf als in den Vergleichsgruppen mit Tofacitinib 5 mg zweimal täglich und mit TNF-Inhibitoren. Der Tyrosinkinase-Hemmer Tofacitinib sollte bei rheumatoider Arthritis nur in der zugelassenen Dosierung 5 mg zweimal täglich angewendet werden. Alle Patienten, die Tofacitinib erhalten, sollten auf Anzeichen einer Lungenembolie überwacht werden. Patienten mit erhöhtem Risiko für Lungenembolien dürfen die Dosierung von zweimal täglich 10 mg nicht mehr erhalten. Dazu gehören unter anderem Patienten, die kombinierte hormonelle Kontrazeptiva oder eine Hormonersatztherapie anwenden, Patienten mit Herzinsuffizienz, Vorliegen einer erblichen Gerinnungsstörung oder einer Krebserkrankung. (DAZ 14, S. 103, DAZ 23, S. 101)

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Der Tyrosinkinase-Hemmer Tofacitinib sollte bei rheumatoider Arthritis nur in der zugelassenen Dosierung 5 mg zweimal täglich angewendet werden.

Fournier-Gangrän unter SGLT2-­Inhibitoren

In einem Rote-Hand-Brief informierte der Zulassungsinhaber SGLT2-Inhibitor-haltiger Arzneimittel über Fälle von nekrotisierender Fasziitis des Perineums (Fournier-Gangrän). Die Inhibitoren des renalen Natrium-Glucose-Cotransporters (Sodiumglucose-Co-Transporter 2, SGLT2) senken die Blutglucose-Konzentration durch vermehrte renale Glucose-Ausscheidung und sind indiziert zur Behandlung des Typ-2-Diabetes. Es stehen Monopräparate mit Dapagliflozin (Forxiga®), Empagliflozin (Jardiance®), Ertugliflozin (Steglatro®) oder Canagliflozin (Invokana®, nicht in Deutschland vermarktet) zur Verfügung sowie Kombinationen. Eine Fournier-Gangrän ist eine schwere bakterielle Infektion der Haut und Unterhaut im Genitalbereich. Die durch rasche und massive Nekrose gekennzeichnete Infektion ist selten, aber potenziell lebensgefährlich. Sie tritt vermehrt bei Diabetikern und nahezu ausschließlich bei Männern auf. Im Zusammenhang mit SGLT2-Inhibitoren gab es jedoch auch Be­richte über das Auftreten bei Frauen. Fournier-Gangränen wurden zu allen SGLT2-Inhibitoren berichtet. Patienten sollten umgehend einen Arzt aufsuchen, wenn sie starke Schmerzen, Erytheme oder Schwellungen im Genitalbereich oder im Bereich des Perineums wahrnehmen. (DAZ 4, S. 92)

Erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Mortalität unter Febuxostat

Der Xanthinoxidase-Inhibitor Febuxostat erniedrigt den Serumharnsäure-Spiegel und verhindert Ablagerungen von Harnsäurekristallen in den Gelenken. Das Urikostatikum ist u. a. indiziert zur Behandlung einer chronischen Hyperurik­ämie bei Erkrankungen, die bereits zu Uratablagerungen geführt haben. In einer Phase-IV-Studie wurde die kardiovaskuläre Sicherheit von Febuxostat und Allopurinol bei Patienten mit Gicht und schweren kardiovaskulären Komorbiditäten untersucht. Dabei wurde unter Febuxostat eine signifikant erhöhte Gesamtmortalität beobachtet. Patienten mit schweren kardiovaskulären Erkrankungen (z. B. Myokardinfarkt, Schlaganfall oder instabile Angina pectoris) sollten daher nicht mit Febuxostat behandelt werden. (DAZ 26, S. 93)

Sturzrisiko unter der Off-Label-Einnahme von Methadon

Die Arzneimittelkommission der Ärzte (AkdÄ) berichtete über zwei Glioblastom-Patienten, die nach einer Temozolomid-Behandlung Methadon außerhalb der Zulassung (off label) einnahmen und stürzten. Bei einer 56-jährigen Frau kam es möglicherweise zu einer durch Methadon bedingten Symptomverschleierung mit verspä­teter Diagnose einer Schenkelhalsfraktur und bei einem 59-jährigen Patienten infolge des Sturzes zu einem schweren Schädelhirntrauma. Das Racemat Methadon bindet relativ selektiv agonistisch an μ-Opioidrezeptoren und wirkt ungefähr zweimal potenter als Morphin. In Deutschland ist es ausschließlich zur Substitutionstherapie von Erwachsenen mit Opioid-Abhängigkeit zugelassen. (DAZ 22, S. 95)

Direkte orale Antikoagulanzien nicht beim Antiphospholipid-Syndrom

In einem Rote-Hand-Brief wurde über neue Risiken unter den direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) Apixaban (Eliquis®), Dabigatran (Pradaxa®), Edoxaban (Lixiana®) und Rivaroxaban (Xarelto®) informiert. Bei Patienten mit Antiphospholipid-Syndrom (APS) und einer Thrombose in der Vorgeschichte ist die Anwendung von Rivaroxaban im Vergleich zu Warfarin mit einem erhöhten Risiko für rezidivierende thrombotische Ereignisse assoziiert. Für die ­direkten Faktor-Xa-Inhibitoren Apix­aban und Edoxaban sowie für den direkten Thrombininhibitor Dabigatran sind weniger Daten ver­fügbar, da es keine abgeschlossenen Studien bei APS-Patienten gibt. Die Anwendung dieser DOAK ist aber möglicherweise ebenfalls gegenüber Vitamin-K-Antagonisten mit einem erhöhten Thromboserisiko assoziiert. Bei Patienten mit der Autoimmunerkrankung APS werden DOAK daher nicht empfohlen. (DAZ 21, S. 101)

Reaktivierung von Hepatitis B unter Daratumumab

Der Antikörper Daratumumab (Darzalex®) wird in Kombination oder zur Monotherapie bei Erwachsenen mit multiplem Myelom angewendet. Eine kumulative Auswertung von Studien- und Spontanmeldedaten identifizierte Berichte über die Reaktivierung von Hepatitis-B-Viren (HBV), von denen ­einige Fälle tödlich verliefen. Nahezu alle Fälle traten in den ersten sechs Monaten der Behandlung auf. Es wird empfohlen, vor Beginn der Antikörper-Therapie den HBV-Status zu bestimmen, auch bei bereits behandelten Patienten mit unbekannter HBV-Serologie ist er zu bestimmen. Im Falle einer positiven HBV-Serologie sind Patienten während und mindestens sechs Monate nach der Behandlung mit Daratumumab auf klinische Anzeichen und Laborwerte, die auf eine HBV-Reaktivierung hindeuten, zu kontrollieren. (DAZ 25, S. 86)

Interaktion von Linezolid mit serotonergen Wirkstoffen

Die AkdÄ berichtet über zwei Fälle unerwünschter Wirkungen bei der Behandlung mit dem Reserveantibiotikum Linezolid (Zyvoxid®, Generika). Es wird eine Interaktion mit einem weiteren, serotonerg wirkenden Arzneimittel als mögliche Ursache des beobachteten Serotonin-Syndroms vermutet. Linezolid wirkt antibakteriell über die Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese und gilt als Reserveantibiotikum für die Behandlung von Infektionen durch grampositive Bakterien. Linezolid hemmt darüber hinaus reversibel und nicht selektiv die Monoaminooxid­ase, die eine wichtige Rolle beim Abbau biogener Amine spielt, unter anderem von Serotonin. Die gleichzeitige Gabe von Linezolid und serotonergen Substanzen (u. a. Citalopram, Escitalopram, tricyclische Antidepressiva, Triptane, Tramadol) ist wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms kontraindiziert, es sei denn, eine solche Kombination ist lebensnotwendig. Patienten sollten engmaschig auf Anzeichen eines Serotonin-Syndroms überwacht werden (z. B. Fieber, Verwirrtheit, Herzrhythmusstörungen, neuromuskuläre Symptome bis hin zu Krampfanfällen und Koma). (DAZ 29, S. 79)

Herpes zoster nach Shingrix®-Impfung?

Aufgrund von Fallberichten über das Auftreten von Herpes zoster nach einer Shingrix®-Impfung ruft die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft zur Meldung von Einzelfällen auf, um einen Kausalzusammenhang zukünftig besser beurteilen zu können. Der gentechnisch hergestellte, adjuvantierte Impfstoff ist zugelassen zur Vorbeugung von Herpes zoster und postzosterischer Neuralgie bei Erwachsenen ab 50 Jahren. Die AkdÄ berichtet über Patienten, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer Shingrix®-Impfung an Herpes zoster erkrankt sind. Weiterhin wurden ausgeprägte, z. T. bullöse Hautreaktionen, die deutlich über die Injektionsstelle hinausgehen, gemeldet. Auch die AMK bittet Apotheker um erhöhte Wachsamkeit möglicher Risiken nach Applikation von Shingrix®. Von besonderem Interesse dabei ist die Charge, das Impfdatum und die Injektionsstelle sowie der Zeitpunkt des Auftretens und die konkrete Lokalisation des Herpes zoster. (DAZ 35, S. 87)

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Treten nach einer Impfung mit Shingrix® Einzelfälle von Herpes zoster auf, so sollten sie gemeldet werden, um einen Kausalzusammenhang beurteilen zu können.

Schwere Leberschädigung unter Tocilizumab

Der monoklonale Antikörper Tocilizumab (RoActemra®) ist ein Interleukin-6-Antagonist und wird unter anderem bei der Behandlung von rheumatoider Arthritis eingesetzt. Eine bekannte Nebenwirkung ist die vorübergehende oder intermittierend leichte bis mäßige Erhöhung hepatischer Transamin­asen. Eine kumulative Bewertung von Berichten zu aufgetretenen Leberschäden bei mit Tocilizumab behandelten Patienten zeigt, dass diese in seltenen Fällen schwerwiegend sein können (Hepatitis, Gelbsucht und akutes Leberversagen). Patienten, die Anzeichen einer Leberschädigung zeigen, sollten sofort an einen Arzt verwiesen werden. Die Empfehlungen der Fachinformation zu Dosis­anpassungen (Reduktion, Unterbrechung oder Absetzen) aufgrund von Leberwertver­änderungen bleiben unverändert. (DAZ 26, S. 94)

Teratogenität Retinoid-haltiger Arzneimittel

In einem Rote-Hand-Brief wurde über das Risiko von Teratogenität und neuropsychiatrischen Nebenwirkungen unter Retinoiden (Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin) informiert. Sie werden systemisch und lokal angewandt und sind indiziert bei verschiedenen Hauterkrankungen (u. a. Akne, Psoriasis). Tretinoin und Bexaroten werden zudem bei onkologischen Erkrankungen eingesetzt. Aufgrund der stark teratogenen Wirkung oral ein­genommener Retinoide sind diese bei Schwangeren sowie bei Frauen, die eine Schwangerschaft planen, kontraindiziert. Die Kontraindikation gilt sicherheitshalber auch bei deren topischer Anwendung. Bei onkologischen Indikationen ist ein Einsatz von oralem Tretinoin bei klinischer Dringlichkeit auch bei Schwangeren zulässig. Frauen im gebärfähigen Alter dürfen oralen Retinoide nur unter Einhaltung von Schwangerschaftsverhütungs­maßnahmen einnehmen. Diese Maßnahmen werden in aktualisierten Schulungsmaterialien gezeigt, die optimiert und harmonisiert wurden. Sie umfassen Checklisten für Apotheker und Ärzte sowie Informationen für Patienten in Form einer wirkstoffspezifischen Patientenkarte. (DAZ 36, S. 103)

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Frauen im gebärfähigen Alter sollten über das Risiko der oralen Retinoide informiert werden. Dazu stehen Schulungsmaterialien und wirkstoffspezifische Patientenkarten zur Verfügung.

Erhöhtes Risiko orofazialer Fehl­bildungen unter Ondansetron

Der selektive, kompetitive Serotonin-5-HT3-Rezeptor-Antagonist Ondansetron wirkt antiemetisch und ist indiziert zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen, verursacht durch zyto­toxische Chemotherapie und Strahlentherapie sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Übelkeit und Er­brechen nach Operationen, in der Schwangerschaft ist es nicht zugelassen. Verordnungsdaten aus den USA weisen allerdings auf einen zunehmenden Off-Label-Use bei Schwangeren mit (übermäßigem) Erbrechen hin. Epidemiologische Studien lassen vermuten, dass es bei einer Anwendung von Ondansetron im ersten Trimenon der Schwangerschaft zur Bildung von Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten beim Fetus kommen kann. In einer Kohortenstudie wurden pro 10.000 exponierten Frauen drei zusätzliche Fälle orofazialer Fehlbildung gefunden. In die Produktinformationen der Ondansetron-haltigen Fertigarzneimittel werden Hinweise aufgenommen, dass Ondansetron nicht im ersten Trimenon der Schwangerschaft eingenommen werden sollte, gebär­fähige Frauen sollten eine Schwangerschaftsverhütung in Erwägung ziehen. (DAZ 40, S. 152)

Neue Kontraindikation für Fingolimod

Aufgrund des zweifach erhöhten Risikos für angeborene Fehlbildungen bei Feten informiert die Novartis Pharma GmbH mittels Rote-Hand-Brief über neue Kontraindikationen für Fingolimod (Gilenya®). Der Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-Rezeptormodulator ist indiziert zur krankheitsmodifizierenden Monotherapie der hochaktiven schubförmig-remittierend verlaufenden multiplen Sklerose. Der durch Fingolimod modulierte S1P-Rezeptor ist während der Embryogenese an der Gefäßbildung beteiligt. Nach Markteinführung wurden Daten gewonnen, die darauf hindeuten, dass Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft Fingolimod eingenommen hatten, ein zweifach erhöhtes Risiko für angeborene Fehlbildungen besitzen. Vor Therapiebeginn sollten Patientinnen einen negativen Schwangerschaftstest vorlegen. Sie sollen während der Therapie und zwei Monate nach Ende der Behandlung sicher verhüten. Bei einer geplanten Schwangerschaft ist das Immunsuppressivum zwei Monate vorher abzusetzen. (DAZ 36, S. 102)

Ranitidin nicht beim Zollinger-Ellison-Syndrom

Die AMK informierte erst kürzlich über Ranitidin-haltige Arzneimittel, die mit NDMA (N-Nitrosodimethylamin) verunreinigt sind (siehe DAZ 38, S. 112). NDMA ist von der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO und der EU als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen eingestuft. Aus toxikologischer Sicht ist bei einer Therapiedauer von einem bis zehn Jahren eine tägliche Aufnahme von bis zu 643 ng NDMA pro Tag noch akzeptabel. Dieser Wert reduziert sich jedoch auf 96 ng NDMA pro Tag bei einer lebenslangen Therapie. Beim Zollinger-Ellison-Syndrom kann eine hochdosierte Langzeittherapie mit Ranitidin erforderlich sein, es sollte nicht mehr für die Behandlung dieser Erkrankung eingesetzt werden. (DAZ 46, S. 104)

Risiko für Neoplasien unter Mecasermin

Mecasermin (Increlex®) ist ein aus Escherichia-coli-Zellen gewonnener, rekombinanter humaner Insulin-like Growth Factor-1 (IGF-1). Er ist indiziert zur Langzeitbehandlung von Kindern und Jugendlichen ab zwei Jahren mit Wachstumsstörungen infolge eines schweren primären IGF-1-Mangels. Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren könnten bei der Entwicklung von gut- und bösartigen Neoplasien beteiligt sein. Klinische Beobachtungen zeigten, dass Patienten, die Mecasermin subkutan injizierten, eine höhere Inzidenz von Neoplasien als die Vergleichspopulation aufwiesen. Das Risiko steigt, wenn Mecasermin außerhalb seiner Indikation und in höheren Dosen als empfohlen gegeben wird. Die Schulungsmaterialien und Produktinformationen werden aktualisiert, um diese Risikoinformationen zu berücksichtigen. (DAZ 49, S. 104)

Anwendungsbeschränkung von Alemtuzumab

Der PRAC hat Empfehlungen zur Einschränkung der Anwendung von Alemtuzumab (Lemtrada®) bei Patienten mit schubförmig-remittierender multipler Sklerose (RRMS) aktualisiert. Nachdem Berichte über seltene, schwerwiegende Nebenwirkungen mit zum Teil tödlichem Ausgang (Auto­immunhepatitis mit Leberschäden, Herzinfarkt und Schlaganfall) bekannt wurden, wurde ein Risikobewertungsverfahren eingeleitet. Der Einsatz von Alemtuzumab ist nun zu beschränken auf: Erwachsene mit hochaktiver RRMS trotz angemessener Behandlung mit mindestens einer krankheitsmodifizierenden Therapie, Patienten mit rasch fortschreitender RRMS, entweder zwei oder mehr Schüben mit Behin­derungsprogression in einem Jahr und mit einer oder mehr Gadolinium-anreichernden Läsionen in der MRT des Gehirns. Bei RRMS-Patienten mit bestimmten Herz-, Kreislauf- oder Blutungsstörungen oder weiteren Autoimmunerkrankungen darf Lem­trada® nicht mehr angewendet werden.

(DAZ 16, S. 102, DAZ 45, S. 113)

 

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Bei Vaginalringen zur Kontrazeption werden vermehrt Brüche bei generischen Produkten gemeldet.

Hohes Risiko von Ringbrüchen bei generischen Vaginalringen

Seit der Erstzulassung von Etono­gestrel-Ethinylestradiol-haltigen Vaginalringen zur Kontrazeption im Jahr 2002 erhielt die AMK bis Mitte 2019 insgesamt 332 Meldungen zu Risiken bei Vaginalringen. Die Hälfte (169 Fälle) steht im Zusammenhang mit einem gebrochenen Ring. Davon entfallen 83% der Berichte auf die seit 2017 in Deutschland zugelassenen Generika. Zu den Originalpräparaten Nuvaring® und Circlet® hingegen erhielt die AMK seit 2002 durchschnittlich nur ein bis zwei Meldungen jährlich. Daher scheinen generische Vaginalringe ein 3,5-fach höheres Risiko für Brüche aufzuweisen. Als Folge der Ringbrüche wurden 36 (5 zu Originalen, 31 zu Generika) unerwünschte Arzneimittelwirkungen an die AMK gemeldet, in der Mehrzahl wurde ein Drücken bis hin zu starken Schmerzen geschildert, teilweise auch mit begleitenden Blutungen aufgrund von vermuteten lokalen Schleimhautverletzungen. Mögliche Ursachen für die Ringbrüche werden im Herstellungsprozess sowie in der Art der Hormon-Trägermaterialien gesehen. Nuvaring® und Circlet® bestehen aus einem Gemisch von zwei unterschiedlichen Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren, generische Präparate enthalten ein Ethylen-Vinylacetat-Copolymer und zusätzlich Polyurethan. Bei einem Bruch ist der Ring umgehend durch einen neuen zu ersetzten und zusätzlich eine nicht-hormonelle Verhütungsmethode anzuwenden. (DAZ 38, S. 110, DAZ 43, S. 102)

Erhöhte Inzidenz von Hautkrebs unter Ingenolmebutat

Leo Pharma GmbH informierte in einem Rote-Hand-Brief zu Fällen von Plattenepithelkarzinomen sowie zu Studien, die eine erhöhte Inzidenz von Hautkrebs bei Behandlung mit Ingenol­mebutat Gel (Picato®) zeigen. Das Arzneimittel ist indiziert zur topischen Behandlung von nichthyper­keratotischen, nichthypertrophen aktinischen Keratosen bei Erwachsenen. Vorläufige Ergebnisse einer laufenden Langzeit-Sicherheitsstudie zeigen ein Ungleichgewicht bei der Inzidenz von Plattenepithelkarzinomen zwischen dem Ingenolmebutat- und dem Imiquimod-Arm. In einer Metaanalyse von vier Studien mit Ingenoldisoxat wurde in der Wirkstoff- im Vergleich zur Vehikel-Gruppe nach 14 Monaten ein Anstieg von Hautkrebs-Tumoren jeglichen Typs, einschließlich Basalzellkarzinom, Morbus Bowen und Plattenepithelkarzinom, festgestellt. Die EMA überprüft die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Hautkrebs sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Ingenol­mebutat. Patienten sollten auf entstandene Hautveränderungen achten und diese unverzüglich ärztlich abklären lassen. Die Behandlung mit Ingenol­mebutat bei Patienten mit Hautkrebs­anamnese soll mit besonderer Vorsicht geschehen. (DAZ 39, S. 108)

Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht

Am 22. Januar 2019 fand die 80. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) im BfArM statt. Der seit Anfang 2018 verfügbare Muscarin­rezeptor-Antagonist Desfesoterodin soll nach einstimmiger Empfehlung des Sachverständigenausschusses der Verschreibungspflicht unterstellt werden. Ferner empfiehlt der Sachverständigenausschuss, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Zubereitungen aus Ibuprofen und Phenylephrinhydrochloridabzulehnen. Das gilt auch für Hydrocortison 1% zum äußeren Gebrauch.

Das Insektizid Permethrin zur Anwendung beim Hund soll nach einstimmiger Empfehlung des Sachverständigenausschusses aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. (DAZ 5, S. 100)

Änderungen in der Verschreibungspflicht

Am 28. März 2019 wurde die 17. Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Durch die Änderungsverordnung wurde § 3b neu eingefügt. Dieser schreibt vor, dass bei oral anzuwendenden Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin für Frauen im ge­bärfähigen Alter die Höchstmenge je Verschreibung den Bedarf von 30 Tagen nicht übersteigen darf. Die Gültigkeit dieser Verschreibungen ist auf sechs Tage nach der Ausstellung begrenzt.

Geändert wurde Anlage 1 der AMVV: Diclofenac-Pflaster zum äußeren Gebrauch ohne weiteren Zusatz arzneilich wirksamer Bestandteile in einer Wirkstoffmenge bis zu 140 mg je abgeteilter Arzneiform sind von der Verschreibungspflicht ausgenommen.

Die Position „Hydrocortison und seine Ester“ wird um eine weitere Ausnahme von der Verschreibungspflicht ergänzt.

Levocetiricin wird in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung in Konzentrationen von 5 mg je abgeteilter Form ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr von der Verschreibungspflicht ausgenommen.

Außerdem wurden elf Wirkstoffe der Verschreibungspflicht unterstellt. (DAZ 14, S. 104)

Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht

Am 27. Juni 2019 fand die 81. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 des AMG statt.

Die Positionen Natriumthiosulfatals Antidot sowie Phenylephrin zur parenteralen Anwendung sollen nach einstimmiger Empfehlung des Sachverständigenausschusses der Verschreibungspflicht unterstellt werden.

Weiterhin wurde die Empfehlung zur Präzisierung der Positionsformulierung für Distickstoffmonoxid um die Ergänzung „zur inhalativen Anwendung“ einstimmig angenommen.

Die Empfehlung, das Migränetherapeutikums Sumatriptan in einer Einzeldosierung von 50 mg zur oralen Anwendung aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, wurde angenommen. Das gilt auch für Ibuprofen zur oralen Anwendung in flüssigen Zubereitungen für Erwachsene und Kinder ab drei Monaten.

Zubereitungen aus Imidacloprid und Permethrin zur Anwendung bei Hunden sollen nach einstimmiger Empfehlung aus der Verschreibungspflicht entlassen werden.

Die Empfehlung zur Entlassung von Ketoprofen-Lysinsalz zur oralen Anwendung aus der Verschreibungspflicht wurde mehrheitlich abgelehnt.

Die Unterstellung der Antihistaminika der ersten Generation mit sedierender Wirkung unter die Verschreibungspflicht für Patienten über 65 Jahre wurde mehrheitlich abgelehnt.

(DAZ 27, S. 98)

Änderungen in der Verschreibungspflicht

Am 31. Oktober 2019 wurde die 18. Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Der § 2 Abs. 1 Nr. 7 sieht neu die Angabe der Dosierung auf dem Rezept vor. Ausgenommen hiervon sind Verordnungen, bei denen dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst bzw. eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung vom Arzt vorliegt und dies auf dem Rezept kenntlich gemacht ist oder das Arzneimittel an den Verschreibenden selbst abgegeben wird. Fehlt die Angabe zur Dosierung kann der Apotheker, wenn ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verordnenden Person nicht möglich ist, die Verschreibung ergänzen. Gleiches, wenn dem Apotheker die Dosierungsangaben zweifelsfrei bekannt sind.

Bei Arzneimitteln, die in der Apotheke herzustellen sind, bedarf es keiner Gebrauchsanweisung, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 4a).

Neben weiteren Änderungen der Anlage 1 der AMVV wurden 14 Wirkstoffe, wie z. B. Brigatinib (Alunbrig®), Desfesoterodin (Tovedeso®) und Streptozocin (Zanosar®) inklusive Derivate, der Verschreibungspflicht unterstellt. (DAZ 45, S. 114)

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