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Management
Mit Anlauf ins Fettnäpfchen
Ungeschicktes Fehlverhalten: Wie erkennt man den Lapsus vor dem Absprung?
Eine gute Kenntnis und Beachtung von Verhaltensregeln helfen bei der Vorbeugung peinlicher Situationen. Angefangen mit Zurückhaltung von witzig gemeinten, aber grenzüberschreitenden Bemerkungen über zu reichlichen Alkoholgenuss bei der Weihnachtsfeier bis zu penetranten Fragen bei privaten oder intimen Themen – es gibt viele Möglichkeiten, sich danebenzubenehmen. Das „Fettnäpfchen“ bezieht sich in diesem Beitrag nicht nur im ursprünglichen Sinne auf das Anschneiden unangenehmer Themen, sondern auf schlechtes Benehmen am Arbeitsplatz allgemein.
Die Grundhaltung von Respekt und Freundlichkeit ebnet den Weg. Die Überlegung, ob man selbst ein bestimmtes Tun als Empfängerin gutheißen würde, hilft dabei, sich als Senderin einzuordnen. Dazu die Frage: „Wäre es für mich okay, wenn andere Menschen sich mir gegenüber auf diese Weise verhalten?“ Selbst wenn ja, ist das immer noch kein Freifahrtschein, manch eine reagiert empfindlicher als man selbst.
Umgang mit Kolleginnen
Was jede nervt, sind Unpünktlichkeit, unfairer Tausch bei Arbeitszeiten, Drückebergerei bei allseits ungeliebten Tätigkeiten, Arroganz, Besserwisserei oder das Liegenlassen von halbfertigen Arbeiten, wenn man die Apotheke verlässt. Beispiele: Rezepturen, bei denen niemand weiß, wie weit sie gediehen sind, oder halb bearbeitete Sendungen, die auf dem Tisch herumliegen. Als Neuling im Team fragt man lieber einmal mehr als weniger, was wie gehandhabt wird, anstatt zu erwarten, dass sich alle nach dem richten, was man vom alten Arbeitsplatz mitbringt. Beispiel: Als PTA bei Kundschaft hinten zu bleiben, weil in der alten Apotheke immer zuerst alle Approbierten in den HV mussten. Bleibt man nun am neuen Arbeitsplatz wie gewohnt inaktiv, wird man als unkollegial oder faul wahrgenommen, wenn z. B. eine approbierte Kollegin zwar noch hinten, aber mit einer schlecht zu unterbrechenden Aufgabe befasst ist.
Unangebracht ist es auch, andere von der Arbeit abzuhalten, nach Gutdünken Kopierer, Drucker, Wasserbad anderswo hinzustellen oder sich grundsätzlich nicht um Routineaufgaben aller zu kümmern, dann aber vorneweg zu sein mit dem Ruf: „ICH habe meine Arbeit immer fertig!“
Umgang mit Kunden
Auch hier sind Freundlichkeit und Zuvorkommenheit Trumpf. Das gilt nicht nur im HV, sondern auch im Mailverkehr und am Telefon. Falls Sie einen Kunden nicht sofort annehmen können, schenken Sie ihm doch zumindest einen freundlichen Willkommensblick oder erklären Sie, dass die Kollegin gerade etwas aus dem Keller holt etc., wenn eine Unterbrechung des Gesprächs mit ihrem aktuellen Kunden es zulässt. Reden Sie nach Möglichkeit nicht so laut, dass alle alles mitbekommen, gerade bei intimen Themen. Ein gelungener Sprung ins Fettnäpfchen besteht zum Beispiel, wenn Sie jemanden mit: „Hat die Creme gegen Ihre Pilzinfektion geholfen?“ begrüßen. Leider ist Diskretion in heutigen Zeiten keine Selbstverständlichkeit mehr und manche Kollegin denkt nicht daran, dass ein für sie normales Fachthema für die Betroffene peinlich sein könnte und es ihr unangenehm ist, wenn jemand mithört.
Versprechen Sie nur das, was Sie ganz sicher halten können. So sagte beispielsweise eine meiner Chefinnen grundsätzlich zu den Kunden: „Ihre Rezeptur ist in zehn Minuten fertig“, um Schnelligkeit und Lieferstärke zu demonstrieren. Sie zählte darauf, dass der Betreffende für andere Einkäufe sowieso länger brauchte und frühestens in 20 Minuten zurückkehrte. Nicht nur, dass sie die PTAs in ihren eigenen Kundengesprächen damit unnötig unter Druck setzte. Es war auch unangenehm, wenn der Kunde tatsächlich pünktlich kam und die Rezeptur noch nicht einmal angefangen war oder gar nicht fertig sein konnte, da die Zubereitung sowieso eine halbe Stunde beanspruchte.
Lassen Sie Ihre Kunden ausreden und unterbrechen Sie sie auch dann nicht, wenn die Offizin voll steht. Falls der Kunde über anderes als „Fachliches“ sprechen will, führen Sie ihn mit einer Frage zurück zu seinem eigentlichen Wunsch.
Vermeidbar ist eine nicht seltene Situation: Sie fragen Ihre Kundin nach deren schwer kranken Mann und sie erzählt Ihnen traurig, pikiert oder in anderer Weise unangenehm berührt, dass er vor zwei Wochen verstorben ist. Da waren Sie im Urlaub und wussten nun von nichts. Wenn ein Mitteilungsbuch in der Apotheke vorhanden ist, in das man bei Teilzeit, nach Krankheit oder Urlaub einen Blick werfen kann, werden derartige Ereignisse dort notiert und somit solchen Situationen vorgebeugt.
Small Talk ist wichtiger, als wir glauben, gehört quasi zum Service, ist aber zeitlich nicht immer möglich und nicht jeder Kunde hat ein Bedürfnis danach. Stellen Sie zur Eröffnung offene Fragen allgemeiner Natur. Hat zum Beispiel jemand erzählt, dass er neu im Ort ist, fragen Sie ihn, wie es ihm gefällt und ob er sich zurechtfindet mit den Gegebenheiten. Hier entstehen oft Fragen zu Ämtern, Entsorgung, Sportmöglichkeiten, die Sie beantworten können. Das Ganze muss nicht lange dauern und trägt zur Kundenbindung bei. Falls Sie an einen Vielredner geraten sind und sich wieder Ihrer anderen Arbeit zuwenden möchten, sagen Sie einfach, wie es ist. „Hinter ihnen wartet jemand, den ich jetzt beraten möchte, kommen Sie gerne zu uns, wenn Sie wieder etwas brauchen.“
Bei Betriebsfeiern kommt es auf das richtige Maß an
Einen Fauxpas begehen Sie, wenn Sie grundlos und unangekündigt der Betriebsfeier fernbleiben oder extrem viel trinken und essen nach dem Motto: „Ist ja umsonst.“ Das Einpacken in einer mitgebrachten Dose, wenn die Portionen zu groß sind, ist zwar heute fast normal, aber längst nicht für jede Chefin akzeptabel.
Ein extrem lautes, aufgedrehtes Verhalten stört genauso wie ein zurückgezogenes, wortkarges und schlecht gelauntes. Zu aufdringlich können Sie wirken, wenn Sie sich nach Privatem aller Art erkundigen und das normale Interesse in ein Aushorchen steigern – das womöglich die rundum sitzenden Kolleginnen auch noch mitbekommen.
Wichtig ist zudem das Thema Schweigepflicht. Aufpassen müssen wir, wenn wir in der Öffentlichkeit etwas über Kunden oder Ärzte erzählen. Auf meinen Betriebsfeiern war es gang und gäbe, dass meine Kolleginnen sich laut über Kunden austauschten incl. Namensnennung, Diagnose, Familiengeschichte etc. WENN wir uns darüber unterhalten, sollte das lieber intern geschehen. Falls dennoch in einem Restaurant zum Beispiel über eine Praxis geredet wird, dann nur leise, weit von anderen Tischen entfernt und ohne Namensnennung. Allzu oft hört am Nebentisch jemand mit, der die betreffende Person kennt und das Gehörte entweder ihr oder Dritten brühwarm weitererzählt.
Fettnäpfchen am Tag nach gemeinsamen Feiern stehen bereit, wenn Sie Ihre Kolleginnen auf Peinlichkeiten bzw. Entgleisungen des vergangenen Abends ansprechen.
„Höflichkeit ist wie ein Luftkissen: Es mag wohl nicht viel drin sein, aber es mildert die Stöße des Lebens.“
Arthur Schopenhauer
Immer loyal bleiben
Im Grunde selbstverständlich, doch oft genug missachtet wird das Gesetz der Loyalität. Selbst wenn Sie den Arbeitgeber wechseln und es nicht schaffen, im Guten auseinanderzugehen: Tratsch, schlechte Rede oder das Mitteilen von Firmeninterna sollten in jedem Fall unterbleiben. Das gilt insbesondere auch für das Vorstellungsgespräch bei der neuen Chefin, wenn Sie gefragt werden, warum Sie wechseln wollen. Ein Schlechtmachen des alten Betriebs würde ihr verdeutlichen, dass Sie möglicherweise auch ihr gegenüber nicht loyal wären, wenn das Arbeitsverhältnis im Unfrieden enden würde.
E-Mail-Knigge beachten
Auch bei E-Mails bieten sich diverse Fettnäpfchen an. Beginnen wir mit der Eingabe des Empfängers: Wenn es Herr MeierMüllerSchulze ist, achten Sie darauf, dass Sie den richtigen erwischen und nicht dem Namensvetter mitteilen, dass seine Hämorrhoidensalbe abholbereit ist. Nutzen Sie Gruß und Namen, anstatt einfach nur die Botschaft zu tippen, und achten Sie auf die Rechtschreibung. Lesen Sie auf jeden Fall nach dem Schreiben den gesamten Text noch einmal gründlich auf Fehler durch. Drucken Sie die Mail aus oder speichern Sie Ihren Mailverkehr so, dass die Kolleginnen in Ihrer Abwesenheit weiter damit arbeiten können. Falls sich Ihr Gesprächspartner in irgendeiner Weise pikiert oder unfreundlich äußert, gehen Sie dem höflich auf den Grund, anstatt im gleichen Ton zu reagieren. Manche E-Mails werden weitergeleitet, beziehen Sie diese Möglichkeit immer in Ihr Denken beim Schreiben ein. Zum Abschluss einer Mail bedanken Sie sich für das Interesse, den Kauf etc. und fügen Sie einen freundlichen Gruß ein. Die Telefonnummer und die Öffnungszeiten sollten automatisch unter dem Text erscheinen, sonst schreiben Sie sie dazu.
Der äußere Eindruck zählt
Der Dresscode in der Apotheke ist natürlich nicht so auffällig wie in anderen Branchen, solange wir einheitliche Kleidung anziehen. Trotzdem sollten wir nicht allzu leger gekleidet am Arbeitsplatz erscheinen. Anders ist es in den Betrieben, in denen alle ihre Privatkleidung tragen. Weit ausgeschnittene oder halbe Tops sind eher peinlich als schick, mag die Figur auch noch so perfekt sein. Unangebracht sind fettige Haare und eine Frisur, die ständig ins Gesicht hängt, oder ein schlechtes Hautbild. Hier ist eine Verbesserung natürlich nicht immer möglich, aber wir sollten es schon versuchen. Peinliche Situationen entstehen auch bei starken Gerüchen. Anke Quittschau und Christina Tabernig empfehlen in ihrem Business-Knigge, die Kollegin unter vier Augen zu fragen, ob Sie eine persönliche Anmerkung machen dürfen, und dann je nachdem auf strengen Körpergeruch oder starkes Parfüm hinzuweisen. Am besten mit der Bemerkung verbunden, dass man es oft selbst nicht wahrnehmen kann und Sie im umgekehrten Falle auch gerne einen Tipp bekommen möchten.
Literaturtipps
Silke Schneider-Flaig
Der neue große Knigge – Richtige Umgangsformen privat und im Beruf
Circon Verlag 2019
ISBN: 978-3-817-49965-6
Kai Oppel
Business-Knigge – Stilsicher durch Beruf und Alltag
C. H. Beck Verlag, 2018
ISBN: 978-3-406-71535-8
Anke Quittschau, Christina Tabernig
Business-Knigge – Die 100 wichtigsten Benimmregeln
Haufe Verlag 2019
ISBN: 978-3-648-12663-9
Zu beziehen über:
Deutscher Apotheker Verlag
Birkenwaldstraße 44, 70191 Stuttgart
Telefon 0711 2582-341, Telefax 0711 2582-290
E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de
Sicher gelandet?
Falls Sie trotz Beachtung aller Regeln im Fettnäpfchen rudern:
- Entschuldigen Sie sich umgehend.
- Erklären Sie gegebenenfalls, dass Ihnen die Hintergründe nicht bekannt waren.
- Wenn es so ist: Sagen Sie, dass Sie manchmal zu forsch, zu direkt, unüberlegt handeln, dass es nie mit Ihrem Gegenüber persönlich zu tun hat und dass Sie es selbst als schlechte Gewohnheit betrachten.
- Schildern Sie Ihre Gefühle und geben Sie zu, dass Sie peinlich berührt, bekümmert oder traurig sind oder ein schlechtes Gewissen haben.
- Verdeutlichen Sie, dass es nicht in Ihrer Absicht lag, das Gegenüber zu verletzen.
- Wenn es extrem war, schenken Sie zusätzlich ein paar Pralinen oder einen Blumenstrauß als versuchte Wiedergutmachung. |
* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.
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