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Werte-volles und anders-Artiges

Über den Umgang mit dem aktuellen Dauerbrenner „Nicht lieferbar“

Werte-volles und Worte-reiches. Anders und nicht immer artig. Dauerbrenner „Nicht lieferbar“ – beginnen wir mit der These, dass unser Gehirn kein „Nicht“ verstehen kann. Es bleibt also aus reiner Wortesicht nach Streichung des „Nicht“ ein „lieferbar“. Unser Verstand insistiert auf Verfügbarkeit und Belieferung. Zu welchem Zeitpunkt das geschieht? Das sei zunächst dahingestellt. Was wir bis dahin tun? Fraglich. Und zu beantworten.

Nachdem wir „Nicht lieferbar“ im Februarartikel im Kontext der Körpersprache bewusst kennen- und damit verändern gelernt haben, spielen wir heute mit Worten und Werten. Begeben wir uns von der Magie der Körpersprache in den Zauber der Worte und beschäftigen uns mit unseren Werten im Kontext Apothekenalltag.

Werte, die unsere inneren Motivatoren sind. Werte, die gelebt werden wollen. Und müssen. In verschiedenen Rollen. So auch in der Apotheke. Und damit von uns. Werden sie es nicht, landen wir in einem Wertekonflikt. Wie dieser sich äußert, fragen Sie sich? In einem schlechten Gefühl zum Beispiel. Einer Emotion, die wenig zuträglich ist. Wir fühlen uns nicht wohl. Sie verkaufen da zum Beispiel ein Präparat zum Preis von sage und schreibe 89 Euro, wissen, dass es rein wissenschaftlich betrachtet keinerlei Nutzen aufweisen wird, und Ihr Kunde will die Wahrheit partout nicht hören? Ehrlichkeit und Wissensvermittlung dürfen hier für Sie ganz weit hinten anstehen – ein eher, nun sagen wir es einmal so, suboptimales Gefühl? Wir haben aufgrund dieses eher suboptimalen Gefühls den Eindruck, dass sich etwas ändern muss. (Praktische Anmerkung an dieser Stelle: Ja, WIR haben den Eindruck, dass sich etwas ändern muss. Und beim Kunden ist möglicherweise unsere Meinung in der Rolle als Fachpersonal angekommen. Wie wäre es, wenn wir hier ganz authentisch als „wir selbst“ betonen, dass wir dem „Beste-Freundin-Prinzip“ getreu ebenfalls unserer besten Freundin, Mutter, Schwester, Nachbarin von diesem Präparat abraten! Und zwar unter Verwendung der Werte-Worte, die gerade verletzt werden. „Wenn Sie mich persönlich fragen, ganz ehrlich, ich würde meiner besten Freundin ebenfalls davon abraten.“ Ihr Kunde wird Sie dann nicht nur in Ihrer Fachkompetenz, sondern auch als „Sie selbst“ hören und wahrnehmen. Manchmal geht es in der heutigen Zeit auch weniger um Wissensvermittlung als um Problemlösung. Und darum kümmert Ihr Kunde sich gerade. Was ja wieder grundsätzlich gut ist. Loben und wertschätzen der bereits bestehenden Ideen und In­formationen sowie emphatisches Nachfragen mag eine ebenfalls gute alternative Idee sein.)

Wertekonflikt entfacht Leidensdruck

Je größer der Konflikt der Werte, desto größer auch unser Leidensdruck. Druck, der nicht nur psychischer, nein auch physischer Natur sein kann. Nun, und hier schließt sich der erste Kreis zur nonverbalen Kommunikation: Anhand der Körpersprache können wir unter anderem festmachen, um welchen emotionalen Zustand es sich gerade handelt. Bei Ihnen selbst und bei Ihrem Gegenüber. Beobachten Sie sich selbst in Ihrer Körperreaktion! Sie werden stets feststellen können, dass sich die Physiologie dem emotionalen Zustand anpasst. Oder auch anders herum. Körpersprache als sichtbare Form der inneren, emotionalen Welt.

„Nicht lieferbar“ ist in vielen Fällen nicht gerade positiv belegt. Um es vorsichtig auszudrücken. Bedeutet es doch kreative Beschaffungsumwege unter einigem Zeit-/Energie- und Worteaufwand. Und selbst dieses Engagement ist ja äußerst oft nicht mit dem nötigen Erfolg gekennzeichnet. Ich wage zu behaupten, dass „Nicht lieferbar“ so viele Wertekonflikte in uns hervorruft, dass allein der Gedanke an das Wort physiologische Auswirkungen haben kann. Und das eben noch bevor wir es ausgesprochen haben. Sind doch unsere Worte zum einen lediglich der verbale Ausdruck dessen, was sich in unserem Inneren abspielt, und zum anderen denkt unser Gehirn in Bildern, assoziiert diese mit ­Gefühlen. Grundsätzlich können wir so mit der Prämisse arbeiten, dass auch Worte in Bildern vor unserem inneren Auge auftauchen. Und ebenfalls mit entsprechenden Gefühlen verbunden sind.

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Selbsttest Wie fühlen wir uns, wie reagiert unser Körper, wenn wir abends nach der Arbeit schnell noch einkaufen möchten, und die Regale sind leer?

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Und wie fühlen wir uns, wie reagiert unser Körper, wenn wir wissen, dass jemand alles getan hat, um sie wieder zu füllen und wir wieder einkaufen können?

Verspätung versus Wellness-Wochenende

Ein kleines Beispiel! „Verspätung“ im Kontext mit der geplanten Zug­reise im Gegensatz zu „Wellness-Wochenende“. „Ja“ im Kontrast zu „Nein“. Denken Sie die beiden Wortpaare gerne einmal. Und stellen Sie sich zeitgleich vor, wie sie geschrieben vor Ihrem inneren Auge auftauchen. Ob sie in Farbe auftauchen oder schwarz-weiß sind? Druckbuchstaben oder geschwungene Schreibschrift? Wie nah erscheinen sie? Wie deutlich sind sie? Wie hören Sie sie in der gesprochenen Form? Und wenn Sie festgestellt haben sollten, dass sich Unterschiede ergeben haben: Verändern Sie die Qualität, die Sie stört. Gestalten Sie die Worte in der Form und Farbe, die Ihnen behagt, in der Entfernung, die Ihnen guttut. Bringen Sie Bewegung ins Wort: wellenartig vielleicht? Wie eine Bannerwerbung, die an Ihnen vorbeizieht? Seien Sie der Gestalter Ihrer bebilderten Worte und Sie gestalten ebenfalls die dazu­gehörige Emotion und damit ihre (Körper-)Reaktion!

Sie finden das „schwierig“? Dann lassen Sie uns das Wort „schwierig“ zuerst anschauen! Ist es rot oder schwarz? Nah und groß? Blockbuchstaben? Bewegungslos und starr? Wie sieht es für Sie aus? Darf es so bleiben, wie es ist, oder bedarf es einer kleinen Anpassung? Im Sinne von Regenbogenfarben. Dreidimensional. Auf himmelblauem Hintergrund? Als Bild im Rahmen? Oder doch lieber als Film? Verändern Sie falls erforderlich auch Ton und Lautstärke. Und wie auch immer die Veränderung für Sie ausgesehen haben möge: Wie fühlt sich das reine Wort „schwierig“ jetzt für Sie an? Besser? Gut! Denn „Nicht lieferbar“ ist auch „schwierig“. Sie ahnen es: Bitte verändern Sie „Nicht lieferbar“ ebenfalls nach Ihren Vorstellungen.

Das reine Wort ist jetzt besser. Gefühlt. Anders. Noch nicht gut. Noch nicht gut genug. Kehren wir daher zurück zu Ihren Werten. Denn diese werden immer noch verletzt. Als Berufsstand stehen wir grundsätzlich für die „ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung“ mit Arzneimitteln. Wir können unseren Beruf also strenggenommen und eigentlich gar nicht ausüben. (Alle Weichmacher raus: Wir können unseren Beruf nicht ausüben und können nichts, aber auch gar nichts daran ändern.) Finden Sie das fair? Also ich nicht ... „Fairness“ als Wert ist schon einmal ganz laut am Kreischen. Wir sorgen uns um die Gesundheit unserer Kunden. Und können dem nicht nachkommen. Wir stehen für die Arzneimitteltherapiesicherheit. (Welches der einschlägigen Bei­spiele soll ich ­Ihnen hier nennen?) Wie sicher und zufrieden ist unser Kunde denn wohl? Wie hoch ist das Ausmaß unserer eigenen Zufriedenheit? Wie glücklich sind wir, wenn wir feststellen, dass wir unser Gegenüber enttäuschen müssen? Und wie grundehrlich kommunizieren wir, was wir von all den nun folgenden energie­raubenden Prozessen halten?

Sie lesen es möglicherweise schon (ein ganz klein wenig) heraus. Sowohl für unsere Kunden als auch für uns ist die Gesamtsituation Tendenz ärgerlich, frustrierend und mit einem großen Maß an Hilflosigkeit versehen. Emotionen, die sich durch ein erhöhtes Aufkommen an Wut, Trauer und Ärger verstärkt wissen können. Emotionen, die wir alle möglichst vermeiden wollen, ganz gewiss nicht im Kontext Arzneimittelversorgung genannt wissen wollen und mit denen wir aktuell im Minuten Takt im HV umzugehen lernen dürfen.

Was tun, sprach Zeus? Lassen Sie uns diese Überlegung starten mit der Idee, dass wir positiv an eine Lösungsfindung herangehen wollen und weiterhin authentisch „das Beste geben“. Das ist doch das, was wir sowieso tun. Jeden Tag. Jedes Mal. Immer wieder. Im Sinne unserer Kunden. Wir schöpfen alle Möglichkeiten aus, um doch noch versorgend tätig sein zu können, um Alternativen zu finden. Möglichkeiten zur Verfügung stellen zu können. Wieso nicht genau das auch benennen? In der Kommunikation mit dem Kunden. Mit den Ärzten und auch im täglichen Miteinander? Sich im Team anzuerkennen dafür, dass wir alle aktiv dranbleiben, statt in Schockstarre zu verfallen, unterstützt ungemein. Wir bleiben im Tun. Was immer es auch konkret sein mag: Recherche, Rückruf, Anruf beim Großhandel, Firma kontaktieren, Handouts verfassen, Plakate drucken etc. Wir kümmern uns unbeirrt weiter, um zu helfen, zu trösten, zu unterstützen. Wir finden uns schon aus persönlichem Anspruch nicht damit ab, erfolglos zu sein und unsere Kunden un­versorgt, zeitgleich höchstgradig besorgt ziehen zu lassen.

Seien wir selbstbewusst und stark in dieser herausfordernden Zeit. Sehen wir dieses Problem als ­Herausforderung und ­anerkennen uns einmal ob der eigenen Leistung, die wir da tagtäglich abliefern und vollbringen.

Und sind Sie sich dessen bewusst, dass Sicherheit, Fairness, Gesundheit, Ehrlichkeit, Erfolg, Zufriedenheit, Glück, Helfen, Lösungsorientierung, Gemeinsamkeit, proaktives Handeln im Falle von „Nicht lieferbar“ als Werte nicht oder nur unzu­reichend erfüllt sind, so dürfte spätestens jetzt klar sein, aus welchem Grund sich uns die Nackenhaare dabei sträuben.

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Wird das Gebrüll des Säbelzahntigers „Nicht lieferbar“ in den richtigen Blickwinkel gerückt – die Apotheken sind nicht schuld, sie leisten vielmehr in der Misere ihr Allerbestes –, entspannen sich Geist und Körper. Und damit kann man betroffenen Kunden mit Werte-voller Beratung weiterhelfen.

Den Säbelzahntiger erfolgreich bekämpfen

Und ist es nicht eine gute Gelegenheit, sich aus genau diesem Grund wieder auf diese Werte zu besinnen? Sie wie oben schon kurz erwähnt zu benennen? Einen Schritt in Richtung bessere Verständigung mit dem Kunden auch auf diesen Ebenen zu wagen? Wir geben alles, was wir können. Ganz analog. Seien wir selbstbewusst und stark in dieser herausfordernden Zeit. Sehen wir dieses Problem als Heraus­forderung und anerkennen uns einmal ob der eigenen Leistung, die wir da tagtäglich abliefern und vollbringen. Wer nicht wir, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann? Erlauben wir uns schlicht und ergreifend mit stolzgeschwellter Brust dazu zu stehen, wo wir sind und wer wir sind. Mit dem, was wir können, und dem, was wir haben. Und mit diesem Gefühl, aus dieser Körper- und Geisteshaltung heraus: Wir sind Werte-volle Apotheke. Und wir bleiben Werte-volle Apotheke. Unabhängig von „Nicht lieferbar“. Alles eine Frage der Bewertung und der Richtung unserer Aufmerksamkeit.

Auch dafür ist unser menschliches Gehirn ja grundsätzlich bekannt: Es merkt sich gerne die negativen Dinge (ebenfalls in Bildform). Denn es hat die Aufgabe, uns davor zu beschützen, dass uns eine Gefahr passiert. Ist der Säbelzahntiger der Apotheken-Neuzeit „Nicht lieferbar“ in sehr Werte-voller Form genutzt und als Gefahr gebannt, entspannt sich unser Hirn. Mit ihm unser Körper. Mit dem Körper unsere Worte. Und wir sind in der Lage, wieder Werte-volle Beratung über die teils leidvolle Leitlinie hinaus anzubieten und so der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung nachzukommen.

In diesem Sinne einen erfolg­reichen und Werte-vollen Tages- und Wochenverlauf für Sie und Euch alle! |

Monika Raulf, Apothekerin und zertifizierter Coach, www.co-pha.com

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