Gesundheitspolitik

Vorsicht Packungsbeilage!

EuGH: Für registrierte Homöopathika darf es keine Dosierungsanleitung geben

ks | Ist in der Packungsbeilage einer homöopathischen Creme zu lesen, diese sollte ein- bis zweimal täglich dünn aufgetragen werden, ist dies bereits zu viel Information. Denn der EU-Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel zählt abschließend auf, welchen Inhalt die Packungsbeilage eines homöopathischen Arzneimittels haben darf – und dazu gehört keine Dosierungsanleitung. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt klargestellt. (Urteil des EuGH vom 23. April 2020, Rs. C‑101/19 und C‑102/19)

Geklagt hatte die Deutsche Homöopathie-Union (DHU). Sie hatte im Juni 2009 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Registrierung von zwei homöopathischen Arzneimitteln beantragt. Konkret ging es um Calcium fluoratum Lotio Biochemisches Funktionsmittel Nr. 1 und Silicea Lotio Biochemisches Funktionsmittel Nr. 11 – und zwar jeweils in Form einer auf die Haut aufzutragenden Creme. Die Packungsbeilagen dieser Arzneimittel enthielten gleichlautend die folgende Dosierungsanleitung:

„Falls nicht anders verordnet, ist die übliche Anwendung: [Name des Arzneimittels] sollte ein- bis zweimal täglich aufgetragen werden. Sie sollten die Creme dünn auftragen und leicht einmassieren. Auch homöopathische Arznei­mittel sollten ohne ärztlichen Rat nicht über längere Zeit an­gewendet werden.“

BfArM-Auflage: Dosierungsanleitung streichen

Das BfArM genehmigte zwar die beantragten Registrierungen – machte aber zur Auflage, die Dosierungsanleitung in den Packungsbeilagen zu streichen.

Die DHU klagte gegen die BfArM-Bescheide – allerdings ohne Erfolg. So führte das Oberverwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen unter anderem aus, dass die Dosierungsangabe weder zu den das Arzneimittel identifizierenden Pflichtangaben noch zu seinen wesent­lichen Merkmalen gehöre. Auch sähen die anwendbaren Rechtsvorschriften nicht vor, dass bei registrierten homöopathischen Arzneimitteln die Dosierung angegeben werde; jedenfalls sei sie nicht wichtig für die gesundheit­liche Aufklärung des Patienten.

Der Fall landete vorm Bundesverwaltungsgericht. Dieses beschloss, das Verfahren auszusetzen und den EuGH anzurufen. Die Leipziger Richter wollten wissen, ob der Humanarzneimittelkodex in seiner Regelung zu Etikett und Packungsbeilage homöopathischer Arzneimittel (Art. 69 der Richtlinie 2001/83) abschließende Vorgaben zum zulässigen Inhalt der Packungsbeilage enthält oder weitere Informationen aufgenommen werden dürfen. Zudem fragten sie nach, ob die Angaben zur Dosierung solche seien, die für den Patienten wichtig sind (im Sinne des Art. 62 der Richtlinie 2001/83).

EuGH folgt Vorinstanzen

Der EuGH handelt die Fragen in einem recht knappen und klaren Urteil ab. Dabei folgt er der Argumentation der Vorinstanzen. Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 betreffe nur homöopathische Arzneimittel und sehe vor, dass das Etikett und gegebenenfalls die Packungsbeilage „ausschließlich“ mit verschiedenen in diesem Artikel aufgeführten Hinweisen zu versehen sind. Das heißt: Bei vorgeschriebener Packungsbeilage seien alle in dieser Bestimmung aufgeführten Angaben zwingend in der Packungsbeilage aufzuführen – und es dürften keine weiteren Angaben hinzugefügt werden. Ausnahmen könne der Mitgliedstaat zwar nach Art. 69 Abs. 2 der Richtlinie vorsehen – aber weder hier noch dort ist von einer Dosierungsanleitung die Rede. Eine ­solche dürfe also nicht in der Packungsbeilage erscheinen.

Nutzer könnte irregeführt werden

Weiterhin verweist der EuGH auf das Interesse am Schutz der öffentlichen Gesundheit, das das wesentliche Ziel aller Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs oder der Verwendung von Arzneimitteln sei. Bei Arzneimitteln, die einer Genehmigung für das Inverkehrbringen bedürfen, seien auch Angaben zur Dosierung erforderlich (Art. 8 Abs. 3 Buchst. e und f der Richtlinie 2001/83). Anders sei es bei homöopathischen Arzneimitteln, die nur einem besonderen vereinfachten Registrierungsverfahren unterliegen. Würde bei Letzteren zugelassen, dass die Packungsbeilage auch eine Dosierungsanleitung enthielte, fürchtet der EuGH eine Irreführungsgefahr: Denn dann würde die Abgrenzung zwischen diesen Arzneimitteln und solchen, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erforderlich ist, „unscharf, unsicher und widersprüchlich“. |

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