Gesundheitspolitik

Gericht weist Lunapharm-Beschwerde zurück

OVG NRW: Bundesgesundheitsminister darf von „mutmaßlich gestohlenen" Arzneimitteln sprechen

ks | Dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Pharmahändler Lunapharm auf seiner Webseite mit „mutmaßlich gestohlenen Arzneimitteln“ in Zusammenhang bringt, ist aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vertretbar. Die Grenzen des zulässigen staatlichen Informationshandelns ­seien damit nicht überschritten. Genau das fand aber das Brandenburger Unternehmen – doch mit seinem gegen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angestrengten Eilverfahren ist Lunapharm nun endgültig gescheitert. (Beschluss des OVG NRW vom 20. April 2020, Az.: 13 B 1466/19)

Die „Causa Lunapharm“ begann im Sommer 2018 mit einem Bericht des ARD-Magazins Kontraste, in dessen Zentrum eine griechische Apotheke stand, die ohne Großhandelslizenz hochpreisige Arzneimittel an Parallelhändler verkaufte. Diese Arzneimittel sollen teilweise mutmaßlich aus griechischen Kliniken entwendet und über abenteuerliche Transportwege an ihr Ziel gekommen sein. Als einen der Abnehmer nannte Kontraste das in Mahlow bei Berlin ansässige Unternehmen Lunapharm.

Die weitreichenden Folgen sind bekannt. Der Fall Lunapharm wurde ein weiterer Grund für Spahn, das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) auf den Weg zu bringen. Auf der Webseite des BMG war und sind die Geschehnisse rund um den Pharmahändler im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich erwähnt. Unter anderem heißt es, dass die fraglichen von Lunapharm vertriebenen Arzneimittel „mutmaßlich in griechischen Krankenhäusern gestohlen“ worden seien. Ebenso war (und ist) hier eine Rede des Ministers vom 4. April 2019 zum GSAV schriftlich veröffentlicht, in der es hieß, es handele sich um „... gestohlene Krebsmedikamente aus Griechenland, die durch Lunapharm auf den deutschen Markt gelangten“.

Lunapharm selbst sah und sieht sich zu Unrecht verfolgt und versuchte auf vielerlei Wegen, seine Reputation zu retten. Unter anderem wollte die Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel dem BMG, vertreten durch Jens Spahn, per Eilantrag untersagen lassen zu behaupten, Lunapharm habe gestohlene Arzneimittel aus Griechenland importiert. Aus ihrer Sicht ist ein Diebstahl nämlich nicht erwiesen. Das BMG ließ daraufhin alle möglicherweise kritischen Aussagen zu Lunapharm aus seinem Internetauftritt entfernen.

Das Verwaltungsgericht Köln lehnte den Lunapharm-Antrag im vergangenen Oktober sodann ab. Nachdem das BMG im Verfahren angekündigt hatte, auch bei er­neuter Einstellung der Rede vom 4. April 2019 auf der Webseite den „Diebstahl“ mit dem Zusatz „mutmaßlich“ zu versehen, sahen die Richter keinen Anlass für eine Untersagung. Die Veröffentlichung sei vom Informationsauftrag des Ministeriums über die Motive des Gesetzesvorhabens gedeckt und diene der Information der Öffentlichkeit. Dem Umstand, dass die Vorwürfe in den laufenden Verfahren in Griechenland und Deutschland noch nicht abschließend geklärt seien, werde durch die Kennzeichnung als „mutmaßlich gestohlen“ hinreichend Rechnung getragen. Dass es sich juristisch möglicherweise um Unterschlagung handele, sei ohne Belang, weil in der Öffentlichkeit nicht klar zwischen den Straftatbeständen des Diebstahls und der Unterschlagung unterschieden werde.

Gegen diesen Beschluss legte Lunapharm Beschwerde beim OVG Münster ein. Dieses hat nun die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt. Es spreche Überwiegendes dafür, dass die im Streit befangenen Äußerungen auf der BMG-Webseite rechtmäßig seien, weil die Grenzen des zulässigen Informationshandelns nicht überschritten seien, heißt es im Beschluss. Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass Lunapharm nicht bestreitet, Arzneimittel von besagter griechischer Apotheke erhalten zu haben. Abgestritten wurde nur stets, vorsätzlich oder wissentlich illegal beschaffte Arzneimittel bezogen zu haben. Aber eine derartige Unterstellung lässt sich dem OVG zufolge den Äußerungen seitens des BMG auch nicht entnehmen. Die Handlungen von Lunapharm würden vielmehr neutral beschrieben und gegenüber der Geschäftsführerin kein Vorwurf formuliert. Der Verdacht, die Arzneimittel seien illegal beschafft worden, beruhe überdies auf einer „hinreichend verlässlichen Grundlage“ – nämlich einer Meldung der griechischen Arzneimittelbehörde EOF vom 27. Juli 2018. Aus dieser gehe hervor, dass der Verdacht bestehe, dass in Griechenland durch ein kriminelles Netzwerk hochpreisige Krebsarzneimittel durch medizinisches Personal aus Krankenhäusern entwendet, das Fehlen durch gefälschte Rezepte und Arztberichte verschleiert und die so beschafften Arzneimittel über besagte griechische Apotheke unter anderem an Lunapharm verkauft worden seien.

Im Übrigen findet das Gericht, dass die gewählten „Soll“-Formulierungen und die Verwendung des Begriffs „mutmaßlich“ hin­reichend zum Ausdruck bringen, dass es sich zwar um den Verdacht einer Straftat handelt, aber der ­genaue Weg zu Lunapharm noch nicht erwiesen ist.

Gegen den Beschluss ist kein Rechtsmittel mehr möglich. |

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