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Gesundheitspolitik
Neuer Ansatz für Regeln zum EU-Versand?
Ausarbeitung des Bundestags-Fachbereichs „Europa“ mit vielen Argumenten gegen Rx-Versandverbot
Die Autoren nehmen eine unionsrechtliche Einschätzung solcher Maßnahmen vor, schicken allerdings voraus, die Ausgestaltung der derzeitigen Maßnahmen sei „vorliegend nicht bekannt“. Offenbar war den Autoren nicht bewusst, dass gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG der Versand aus einem anderen EU-Land „entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel“ stattzufinden hat. Auf diese Vorschrift hatte kürzlich auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in einem Gutachten zum Arzneimittelversandhandel aus anderen EU-Ländern hingewiesen (s. AZ 2020, Nr. 39, Seite 8).
Während der Wissenschaftliche Dienst vorrangig die Kontrolle der bestehenden Regeln thematisiert hatte, geht es dem „Fachbereich Europa“ in der neuen Ausarbeitung eher um mögliche neue schärfere Regeln. Demnach könnte der Versand in Anlehnung an § 17 Abs. 2a Nr. 1 ApBetrO mit Auflagen zur Verpackung, zum Transport und zur Auslieferung versehen werden. Insbesondere verweisen die Autoren auf Temperaturkontrollen und übersehen dabei, dass die einschlägigen Versandregeln schon jetzt auch für ausländische Versender gelten. Stattdessen hinterfragen die Autoren, ob eine solche Regelung einen Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit darstelle. Sie kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass der Nachweis zur Einhaltung der Kühlkette gegebenenfalls durch den Gesundheitsschutz zu rechtfertigen wäre.
Neue Ideen für persönliche Lieferung
Als weiteren möglichen Ansatz für eine Neuregelung wird die Auslieferung durch Fachpersonal betrachtet. Die Autoren verweisen zunächst auf die Regelung zum Botendienst gemäß § 17 Abs. 2 ApBetrO, wonach eine Lieferung durch pharmazeutisches Personal erfolgen muss, soweit die Verschreibung nicht in der Apotheke vorgelegen hat oder noch keine Beratung stattgefunden hat. Anschließend argumentieren sie, eine parallele Vorschrift für den Versand dürfte nicht über diese Kriterien hinausgehen. Um eine solche Regelung beim Versand einzuführen, sei eine Rechtfertigung durch den Gesundheitsschutz nötig. Doch die Verhältnismäßigkeit könne nur anhand der konkreten Ausgestaltung geprüft werden. Die naheliegende praktische Konsequenz führen die Autoren allerdings nicht aus: Wenn die Regelung vom Botendienst auf den Versand übertragen würde, käme es auf die vorherige Überlegung an, dass die Kriterien nicht strenger als beim Botendienst sein sollten. Doch dann könnte der Versand ablaufen wie bisher, sofern vorher eine telepharmazeutische Beratung stattgefunden hat. Demnach wirft die Ausarbeitung viele Fragen auf, aber sie kann möglicherweise einen politischen Anstoß zur Überarbeitung der Qualitätsmaßstäbe für den Versand geben.
Schlechte Aussichten für Rx-Versandverbot
Im Mittelpunkt der Ausarbeitung steht jedoch die Frage, ob die Einführung eines Rx-Versandverbotes in Deutschland mit dem Unionsrecht vereinbar wäre. Auf der Grundlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Versandhandel von 2003 sei ein Rx-Versandverbot denkbar. Doch sei fraglich, ob eine Rückkehr zum Rx-Versandverbot „aus Gründen des Gesundheitsschutzes (auch heute noch) unionsrechtlich möglich ist“. Insbesondere führt der „Fachbereich Europa“ an, dass mit der geplanten sozialrechtlichen Preisbindung im Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) eine mildere Maßnahme zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung vorgesehen sei. Auch bei einer Begründung über den Gesundheitsschutz seien mildere Mittel denkbar, beispielsweise „Auflagen zur Wahrung der Qualität der Beratung und Aufklärung“. Weitere Argumente in der Ausarbeitung kreisen um die Warenverkehrsfreiheit als zentralen Gedanken.
Als Fazit folgern die Autoren, die Einführung eines Rx-Versandverbotes sei „wohl als unverhältnismäßig“ und damit als Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit zu bewerten. Sie ergänzen: „Zu einem anderen Ergebnis könnten Erkenntnisse führen, die negative Auswirkungen des Versandhandels auf die Zugänglichkeit und Qualität medizinischer Versorgung nachweisen.“ Mit Blick auf die zurückliegenden 16 Jahre sei davon aber wohl nicht auszugehen. |
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