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Management

Keine Lust auf Frust

Der Umgang mit Low Performern

Mitarbeiter, die mit ihrer Arbeitsleistung weit unter dem Durchschnitt liegen, sind weder bei Führungskräften noch bei Kollegen gern gesehen. Schnell gelten sie als faule Socke, Bremser oder Drückeberger. Wieso Low Performer dieses Verhalten an den Tag legen, ist manchmal genauso schwierig zu ermitteln, wie eine unterstützende Maßnahme zu wählen. Aber an der Situation lässt sich etwas ändern.

Befindet sich ein Low Performer im Unternehmen, herrscht meist latenter Unmut über seine Minderleistung. Manchmal nur unter den Kollegen, die die Mehrarbeit auffangen müssen, manchmal auch bei der Führungskraft, die ratlos ist, was sie noch tun kann, um den Mitarbeiter wieder zu aktivieren.

Kriterien für Minderleistung definieren

Die erste Krux besteht schon darin, dass in vielen Unternehmen keine Definition oder kein klarer Maßstab dafür vorliegt, ab wann ein Mitarbeiter als Low Performer gilt. Es ist mehr ein Eindruck.

Es kann schwierig zu unterscheiden sein, ob der Mitarbeiter nicht die nötigen Kompetenzen (z. B. fachliche Qualifikation, Emotionale Intelligenz oder lösungsorientiertes Denken) besitzt, eine Tätigkeit auszuführen, oder absichtlich unter seinen Möglichkeiten bleibt. Nur Letzteres würde auf einen Low Performer hindeuten. Zum Teil wird die Unverhältnismäßigkeit von erledigter Arbeit pro Zeiteinheit beanstandet. Der Mitarbeiter bringt langfristig weniger Leistung als seine Kollegen. Es gibt auch den Fall, dass die Qualität der Leistung nicht angemessen ist, häufig Fehler passieren oder unsauber gearbeitet wird. In anderen Unternehmen reicht es aus, dauerhaft unter den Erwartungen der Führungskraft zu bleiben, wieder andere definieren einen Low Performer als einen Mitarbeiter, der weniger als 80 Prozent der Ziel­vereinbarungen erfüllt.

Damit eine Minderleistung angesprochen werden kann, braucht es unternehmensinterne Kriterien, die diese klar umreißen. Zusätzlich helfen Fakten und konkrete Beispiele als Beleg und Gesprächsgrundlage.

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Low Performer können ein bisschen wie Schaum sein Schillernd bunt, nach außen top, aber eigentlich gar nicht so tätig, mehr luftig ... Wie bringt man die Bläschen zum Platzen und holt den Mitarbeiter wieder ins tätige Team?

Mit Tricks unter dem Radar fliegen

Low Performer können ungünstige Effekte für das Unternehmen haben. Nicht nur, dass durch die Minderleistung ein direkter wirtschaftlicher Schaden für das Unternehmen entsteht, auch das ­Arbeitsklima kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Schließlich müssen die Kollegen die Mehr­arbeit auffangen, was sie als ungerecht empfinden. Für Führungskräfte ist es deswegen wichtig, Low Performer zu identifizieren und das Problem anzugehen.

Neben den Mitarbeitern, die ganz offensichtlich geringere Leistungen erbringen, gibt es immer welche, die es schaffen, lange Zeit unter dem Radar zu fliegen. Sie haben sich dafür einige Verhaltensweisen angeeignet, die es schwer machen, sie zu entdecken.

  • Trick 1: Sie versuchen, sich bei der Führungskraft möglichst gut darzustellen. Sie geben z. B. die Ideen anderer als ihre eigenen aus. Oder nehmen ausschließlich Aufgaben an, die viel Prestige bringen, und überlassen die Fleißarbeit anderen. Das geht so weit, dass sie Möglichkeiten finden, Kennzahlen wie z. B. Kunden pro Stunde zu ihren Gunsten zu manipulieren. Sie nutzen Besprechungen, um ihre Wichtigkeit darzustellen. Sie erzählen viel, setzen später allerdings wenig um.
  • Trick 2: Sie sind groß darin, Arbeit liegen zu lassen oder Kollegen um Hilfe zu bitten bei Tätigkeiten, die Zeit kosten. Sie schaffen sich Kontakte, die ihnen nützen.
  • Trick 3: Sollten sie mit ihrer Arbeit nicht fertig werden, finden sie viele gute Ausreden und weisen jede Schuld von sich. Der Computer ging nicht, die Kollegen hatten die Unterlagen nicht früh genug fertig und so weiter.
  • Trick 4: Wenn ein Low Performer um Hilfe gebeten wird, kennt er unzählige Gründe dafür, dass er auf keinen Fall unterstützen kann. Er hält einen mit seiner langatmigen Begründung so sehr auf, dass man ihn beim nächsten Mal nicht wieder fragt.
  • Trick 5: Bis auf die genannten neuralgischen Punkte, versucht sich ein Low Performer eher unauffällig zu verhalten.
  • Trick 6: Ein bisschen Quer­treiben zur rechten Zeit, sichert die Position des Low Performers. Beispiele dafür sind, sich gegen Neuerungen zu stellen oder sie zu boykottieren, andere Mitarbeiter dazu zu ermuntern, dass „ein bisschen faul sein“ gar nicht so schlimm ist, oder Kollegen schlecht zu machen, um selbst besser dazustehen.

Gründe für Minder­leistungen

Die Gründe, warum ein Mit­arbeiter nicht seine volle Leistungsfähigkeit dem Unternehmen zur Verfügung stellt, können ganz unterschiedlich sein – dazu ge­hören u. a. Überforderung, private Probleme, ein schlechtes Arbeitsklima oder Unterforderung. Wer in Routinen erstarrt und kaum noch neue Herausforderungen erhält, kann genauso die Motivation verlieren wie jemand, der sich dauerhaft über­fordert fühlt.

Es lohnt sich, der Sache auf den Grund zu gehen, um passende weitere Schritte zu wählen. Ein klärendes Gespräch braucht Fingerspitzengefühl und ist sicher für beide Seiten nicht sehr angenehm. Wenn es allerdings ausbleibt, werden die nötigen Interventionen anhand von Mutmaßungen aus­gewählt und die Situation kann sich in eine Richtung entwickeln, die am Ende nur zu Verlust von Personal führt. Das kann der Low Performer sein. Es kann auch ein High Performer sein, der das Unternehmen verlässt, weil er ­keine Lust mehr hat, sich ausnutzen zu lassen.

Zurück auf den Leistungspfad

Als Kollege einen Low Performer zu einer besseren Leistung zu bewegen, scheint kaum machbar. Jedes Gespräch und jede Bitte, Aufgaben zu übernehmen und seinen Dienst zu tun, scheint die Lage nur schlimmer zu machen. Die Folge von Druck kann Reaktanz sein, ganz ungeachtet, wer den Druck ausübt. Umso mehr Leistung eingefordert wird, umso mehr zieht sich der andere zurück. Es ist ein Auflehnen gegen Einschränkungen – wenn uns jemand etwas wegnehmen will, uns etwas verbietet oder etwas von uns verlangt. Wir führen dann die verbotenen Handlungen weiterhin oder sogar erst recht aus und unterlassen die erwünschten. So möchten wir unsere Freiheit zurückerobern. Sie kennen das aus eigener Erfahrung – oder wie oft haben Sie umgehend Ihr Zimmer aufgeräumt, wenn Ihre Eltern sie darum gebeten haben?

Genau das Entgegengesetzte zu tun, als eigentlich nötig wäre, hört sich komisch an, hat aber im richtigen Moment einen guten Effekt.

Wenn Sie die Vermutung haben, es könnte sich um ein reaktantes Verhalten handeln, wäre ein Strategiewechsel eine Möglichkeit. Allerdings ist das nicht jedermanns Sache. Eine paradoxe Intervention kann hilfreich sein, um dem an­deren den Druck zu nehmen und ihm gefühlt ein bisschen mehr Aktionsradius zu schenken. Ein Beispiel wäre, bei einem hohen Arbeitsaufkommen zu erwähnen: „Lass mal gut sein, ich brauche dich gar nicht. Ich kann auch Julia bitten.“ Genau das Entgegengesetzte zu tun, als eigentlich nötig wäre, hört sich komisch an, hat aber im richtigen Moment einen guten Effekt.

Für Führungskräfte bleiben – je nach Ursache – eine ganze Reihe von Interventionen. Hat der Mit­arbeiter das Interesse am Job verloren, gilt es, Aufgaben zu finden, die ihn mehr fordern. Bei privaten Problemen braucht er ggf. etwas Entlastung. Will er sich ohne erkennbaren Grund durch den Arbeitsalltag mogeln, kann trotzdem versucht werden, die Performance zu fördern. Hilfreich ist, Erwartungen klar zu formulieren, individuelle Schwierigkeiten aufzu­decken, eine passende Fort- oder Weiterbildung auszusuchen und durch permanentes ehrliches Feedback zu unterstützen. Mit dem Mitarbeiter sollte die Relevanz der Maßnahmen besprochen werden, genauso wie der geplante Entwicklungszeitraum, für den die Maßnahmen gelten. Dahinter steht der Gedanke, dass ein Leistungsverlust nur ein temporärer Zustand sein kann, der sich durch die Änderung der Umstände, durch Trainings und intensive Begleitung wieder reguliert.

Im Filialverbund ist es eine Überlegung wert, den Mitarbeiter in eine andere Filiale zu versetzen. Möglicherweise wird er durch ein anderes Team oder andere Auf­gaben wieder motiviert. Wenn alle Maßnahmen nicht zum Erfolg führen, kann eine Trennung er­wogen werden, bevor das Arbeitsklima vollends in Mitleidenschaft gezogen wird.

Ein bisschen faul zu sein, muss nicht immer schlecht sein.

Die gesunde Faulheit

Ein bisschen faul zu sein, muss nicht immer schlecht sein. Wenn zwei Leute in einem Gebäude beispielsweise in den dritten Stock müssen, und der eine ziemlich faul ist, während der andere in der Regel keiner Anstrengung aus dem Weg geht – welcher wird wohl den Fahrstuhl nehmen und damit Zeit und Energie sparen?

Über Steve Jobs wird berichtet, dass er immer auch einen „faulen“, aber cleveren Mitarbeiter einstellte. Dieser sollte für Prozesse den einfachsten und effizientesten Weg finden. Faule stellen sich die richtigen Fragen: „Ist es wirklich nötig, das zu tun?“, „Ist die Tätigkeit wichtig und trägt sie zum übergeordneten Ziel bei?“ und was noch wichtiger ist: „Was wäre alles vermeidbar?“

Umso früher ein Projekt startet, umso aufwendiger kann es im späteren Verlauf gestaltet werden. Dafür haben Faule keine Zeit, weder für Hektik noch für Übereifer. Hier gilt eher die Devise: immer mit der Ruhe und dann mit einem Ruck. Ein Vorbild für etwas mehr Gelassenheit. |

Anja Keck ist Fachapothekerin für ­Allgemeinpharmazie, Filialleiterin, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin, www.anjakeck.de

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