Wirtschaft

EU-Pharmastrategie beschlossen

EU-Kommission will Arzneimittelversorgung auch in Krisenzeiten sichern

ks | Die Corona-Pandemie machte nochmals deutlich, was eigentlich längst bekannt war: Europa ist abhängig von Arzneimitteln und Wirkstoffen aus Asien, wo zeitweilig die Produktion stillstand. „All das müssen wir ändern“, sagte EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas am vergangenen Mittwoch, als die Kommission ihre neue Arzneimittelstrategie vorstellte.

Die Strategie soll Patienten den Zugang zu innovativen und erschwinglichen Arzneimitteln garantieren und die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit sowie die Nachhaltigkeit der EU-Arzneimittelindustrie unterstützen. Sie soll Europa ermöglichen, seinen Arzneimittelbedarf – auch in Krisenzeiten – durch solide Lieferketten zu decken.

Zur Umsetzung der Strategie hat die Kommission eine Agenda mit legislativen und nichtlegislativen Maßnahmen vorgelegt, die sie in den kommenden Jahren anstoßen will. Die Leitinitiativen umfassen u. a. die Überarbeitung der grundlegenden Rechtsvorschriften über Arzneimittel (angestrebtes Datum für einen Vorschlag: 2022), einen Vorschlag zur Errichtung einer EU-Behörde für die Krisenreaktion bei gesundheitlichen Notlagen sowie die Überarbeitung der Verordnungen über Arzneimittel für Kinder und für seltene Krank­heiten. Zudem soll ein Dialog mit und zwischen allen Akteuren der Arzneimittelherstellung und den Behörden eingeleitet werden, „um Schwachstellen in der globalen Lieferkette kritischer Arzneimittel zu ermitteln und politische Optionen zur Stärkung der Kontinuität und Sicherheit der Versorgung in der EU zu gestalten“. Die Digitalisierung und die Verwendung von Versorgungsdaten sollen dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Weiterhin soll die Zusammenarbeit der nationalen Behörden bei der Preisgestaltungs-, Zahlungs- und Beschaffungspolitik verbessert werden. Auch Maßnahmen zur Förderung innovativer Ansätze für die Forschung und Entwicklung in der EU sind vorgesehen, ebenso die Vergabe öffentlicher Aufträge für antimikrobielle Mittel und ihre Alternativen sowie Maßnahmen zur Einschränkung und Optimierung ihres Einsatzes.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides erklärte: „Mit unserer Arzneimittelstrategie für Europa kommen wir unserer Zusage nach, einen zukunftssicheren und patientenorientierten Arzneimittelmarkt zu schaffen, in dem die EU-Industrie innovieren, florieren und weiterhin ein weltweiter Vorreiter sein kann. Die Strategie ist Teil unserer langfristigen Vision für offene strategische Auto­nomie und unsere Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen sowie die durch COVID-19 aufgedeckten Schwachstellen.“

Der Präsident des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), Han Steutel, sieht – auch angesichts des bevorstehenden Brexits – die Zeit für eine Pharmastrategie, die den Weg in die Zukunft weist, gekommen. „Eine EU, die sich mit einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen als supra-nationaler Reparaturbetrieb versteht, greift zu kurz. Anders gesagt: Jetzt ist die Zeit, mutiger zu werden“, so Steutel. Nötig seien langfristige Projekte wie eine nachhaltige Strategie für seltene Erkrankungen, die bei einmal getroffenen politischen Entscheidungen bleibe. „Die Einführung einer europäischen Nutzenbewertung für Arzneimittel würde ebenso ein Zeichen setzen, wie die Schaffung eines gemein­samen Gesundheitsdatenraums“, so der vfa-Präsident. |

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