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Wirtschaft
MVZs als Kostentreiber
Welt am Sonntag: Angestellte Ärzte verdienen an unnötigen Operationen
Eigentlich erscheint die Idee, dass Ärzte ihren Beruf auch im niedergelassenen Bereich als Angestellte eines MVZs ausüben können, verlockend. Denn viele Mediziner scheuen den Schritt in die Selbstständigkeit, sei es aus finanziellen Gründen oder weil sie nur stundenweise arbeiten möchten.
Entsprechend viel Zuspruch haben MVZs mittlerweile unter den Ärzten. Laut einem Bericht der „Welt am Sonntag“ arbeiten bereits rund 18.000 der insgesamt 94.000 Fachärzte, die Kassenpatienten versorgen, als Angestellte in einem MVZ. Von denen gibt es zwischenzeitlich 4100, die teilweise zu bundesweiten Arztketten gehören. Hinter fast jedem sechsten Zentrum stehen laut „Welt am Sonntag“ Investorenfirmen, teils mit Sitz in Steueroasen wie den Cayman Islands. Zwar dürfen Finanzinvestoren eigentlich keine MVZs besitzen. Doch sie kaufen Krankenhäuser auf, und diese wiederum gehören zum Kreis derjenigen, denen der Besitz eines MVZ erlaubt ist.
MVZ-Besitzer schreiben feste Gewinnziele vor
Das Problem dabei sei, so die „Welt am Sonntag“, dass die Besitzer der MVZs ihren Behandlungszentren feste Gewinnziele setzen. Das führe die dort angestellten Ärzte offenbar in Versuchung, Patienten aufwendiger zu kurieren als in herkömmlichen Praxen – vor allem mit gewinnträchtigen Eingriffen, die wenig Aufwand erforderten, wie beispielsweise ambulante Operationen am Grauen Star. Die angestellten Ärzte hätten dabei weniger Skrupel als Niedergelassene, da sie häufig den Arbeitgeber wechselten und sie nicht bis zur Rente immer wieder denselben Menschen in ihren Wartezimmern begegneten.
Mittlerweile ist die Justiz auf das Thema aufmerksam geworden: So durchsuchten Mitte Dezember Polizisten Praxen einer Augenarztkette und Privaträume. Laut „Welt am Sonntag“ ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Betrugs in besonders schwerem Fall gegen Ärzte der Kette, die in 20 Fällen Patienten zu ambulanten Operationen vor allem am Grauen Star gedrängt haben sollen – obwohl die Eingriffe nicht nötig gewesen seien.
Doch selbst die Staatsanwaltschaft vermutet, dass sich am Ende nicht beweisen lassen wird, ob die Ärzte vorsätzlich unnötige Operationen vorgeschlagen oder sich nur jedes Mal geirrt hätten. Ein Anwalt der Firma äußerte gegenüber der „Welt am Sonntag“, dass einige angestellte Ärzte „in Form variabler Vergütungsbestandteile“ bezahlt würden, also mehr verdienten, wenn sie mehr operierten. Dennoch seien die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft „vollumfänglich falsch“. Es gebe keine „abschließenden objektiven Kriterien“ für eine OP am Grauen Star und die Entscheidung liege beim Patienten. |
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