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Management

Lernen von Charlie Brown und Usain Bolt

Von der Weisheit der Körpersprache

Montagmorgen, 5.45 Uhr. Der Wecker klingelt. Raus aus dem warmen Bett. Die Morgenroutine ruft. Wie auch immer sie aussehen möge. Eins nach dem anderen. Möglichst im vertrauten Ablauf. Frühstücken. Zähne­putzen. (Wahlweise treffen auch hier schon unterschiedliche Philosophien aufeinander!) Für den Tag rüsten. Sich selbst und alle anderen auch. Das Haus verlassen. Zur Arbeit den gleichen Weg fahren. Am Kindergarten und der Schule vorbei?! In der Apotheke ankommen. Um Punkt 8.00 Uhr die Apotheke öffnen. Die ersten Ungeduldigen stehen schon mit den Hufen scharrend, ungeduldig wartend und schniefend vor der Tür. Sie selbst atmen ein. Und Sie atmen aus. Sie sagen lächelnd „Guten Morgen“, nehmen das Ihnen entgegen­gestreckte Rezept und atmen erneut. Diesmal erleichtert. Der Tag, die Woche fängt gut an: „Lieferbar“.

Sie haben sich eventuell ein wenig beschrieben gefühlt? Grundsätzlich ein paar Ähnlichkeiten erkannt? Abläufe dürfen sich ähneln? Wie automatisiert ablaufen? Wir mögen es für gewöhnlich, wenn uns Rituale und vertraute Abläufe durch den Tag begleiten. Sie geben uns Sicherheit. Unbewusst. Wir dürfen uns innerhalb unserer Komfortzone aufhalten. Hier fühlen wir uns wohl. Ebenfalls unbewusst. Es läuft wie am Schnürchen. Wie immer. Wie immer? Denn an dieser Stelle ersetzen wir „wie immer“ durch „manchmal“. Und was bedeutet dann „manchmal“? ... Was, wenn es NICHT wie am Schnürchen läuft? Was, wenn vertraute Ab­läufe plötzlich nicht mehr wie gewohnt funktionieren? Wenn wir kurz mal wachgerüttelt werden? Aus unserem tranceartigen Zustand erwachen? Wie reagieren wir dann? Wie gehen wir damit um? Was macht das mit uns?

Alle diese Fragen sind es wert, beantwortet zu werden. Doch wir konzentrieren uns heute auf die zuletzt gestellte. Als aufmerksame Leserin, aufmerksamer Leser haben Sie unlängst festgestellt, dass diese Frage im Passiv formuliert ist: „Was macht das mit uns?“ Wir scheinen also auch in dieser Phase des „Es-läuft-nicht-wie-am-Schnürchen“ zunächst in einer Re-Aktion zu sein. Es schüttelt uns einmal durch, wie ein Schiff, das versucht vom Ufer abzulegen, ohne den Anker eingeholt zu haben. Rums. Und dies Schütteln ist (zu allem Überfluss) ebenfalls mehr oder weniger unbewusst. Es schüttelt und rüttelt uns. Wir zeigen eine körperliche Re-Aktion. Begeben wir uns ganz praxisnah wieder in unsere Apotheke zurück. In genau die Situation, in der wir eben so erleichtert aufgeatmet haben, weil das kleine Wörtchen „lieferbar“ uns einen guten Wochenstart beschert hat.

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Nicht lieferbar = Stress? Wie Sie aus einer vermeintlich schwierigen Situation in der Apotheke durch Reframen eine positive machen können und dabei die Kundenbindung stärken, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Das Bild einfrieren

Wenn Sie also einmal so tun, als ob Sie in genau dieser Situation sind. Sich vorstellen, wie Sie sich hinter dem Bildschirm befinden, Ihr Kunde gegenüber. Sie beide schauen sich an und die Entspannung, die sich gerade breitmacht, ist förmlich greifbar. Und stopp. Freeze. Frieren Sie dieses Bild einmal ein. Treten Sie innerlich einen Schritt zurück. Und nehmen Sie ganz bewusst wahr, wo Sie im Moment gerade stehen. Wie Ihre Körperhaltung ist. Wie die Körperhaltung Ihres Gegenübers ist. Und überlegen sich auch gleich im Gegensatz dazu, wie der Ausdruck des Körpers gewesen wäre im gegenteiligen Fall: „Nicht lieferbar“. Lassen Sie sich einen Augenblick auch auf diese Szene ein. Sie haben einen Unterschied bemerkt? Sich selbst betrachtet und festgestellt, dass Ihre Körperspannung sich unterscheidet? Ihre Haltung aufrechter, gerader, direkter ist im ersten Fall? Ihre Atmung tiefer geht und Ihre Schultern sich weiter unten befinden? Ihre Bewegungen fließender sind? Wahlweise bewegen Sie sich mit einem Schritt zur Seite, weg vom (Sie schützenden) Bildschirm hin in die Mitte des HV-Platzes, sodass Sie aktiv einen sehr schönen, direkten, körpersprachlich offenen Kontakt zu Ihrem Kunden auf­bauen können.

Die gefühlte Entspannung im Raum hat sich also auch durch Ihren Körper dargestellt? Und ist das nicht interessant? Ihrem Gegenüber geht es genauso. Das können Sie sowohl an der Körpersprache als auch vermutlich am Gesichtsausdruck festmachen. Von außen, aus einer sehr übergeordneten Position heraus, auch Metaposition genannt, wahrgenommen, werden Sie zwei Körper im Gleichklang betrachtet haben.

Hand aufs Herz: Wie bewusst, wie aktiv nehmen Sie diese Re-Aktion auf (nur) ein Wort (!) im Alltags­leben wahr? Wie bewusst setzen Sie Ihre Körpersprache ein? Sowohl in der eigenen proaktiven Steuerung der Re-Aktion als auch um die emotionalen Gegebenheiten Ihres Gegenübers (sichtbar durch die Körperhaltung) einschätzen zu können. Und wenn es Ihnen so geht wie (fast) allen Menschen, so ist Ihre Antwort jetzt: selten bis gar nicht.

Depressives und antidepressives Stehen

Charlie Browns Freundin Lucy hat dazu etwas beizutragen. Denn sie hat sich intensiv damit ausei­nandergesetzt, wie genau Emotionen über die Haltung des Körpers transportiert werden können. Sie ist genauer gesagt Spezialistin für die Körperhaltung. Ganz besonders das „depressive Stehen“ hat es ihr angetan. Sie leitet Charlie genau an, exakt so zu stehen, und Charlie ist natürlich neugierig genug, auch gleich mitzumachen. Los geht’s! (Herzliche Ein­ladung: Sie dürfen jetzt ebenfalls im Eigenversuch mitmachen!) Hüftschmaler Stand, Schultern nach unten, Kopf hängen lassen, Arme baumeln auch so lose nach unten, flach atmen. Fühlt sich ... wie an? Ihre Antwort: ... ?!? Probieren Sie als Probe aufs Exempel einmal dazuzusagen (und zwar laut, im Brustton der Überzeugung!): „Wooohooo. Mir geht’s so richtig suuuuuper!“ – Das spätestens fühlt sich gar nicht richtig an. Das funktioniert nicht. Unser Bauchgefühl sagt uns, unsere Worte passen nicht zur Körpersprache. Richtig? Wir machen die Gegenprobe ... „Antidepressives Stehen“! Etwas breiterer Stand, aufgerichteter Oberköper (meint: Bauch rein, Brust raus – Sie wissen schon, hält ein Leben lang), Körperspannung aufbauen, tief atmen, den Körper mit Sauerstoff versorgen, die Arme nach oben reißen, den Blick nach oben vorn in die Unendlichkeit richten und laut brüllen „Mir geht es soooo schlecht!“

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In schwierigen Situation in gebeugter Haltung und negativen Gedanken zu verharren, hilft keinem.

Also ich weiß nicht, wie GENAU es Ihnen mit der letzten Übung jetzt ergangen ist. Aber ich musste aufgrund der mangelnden Kongruenz schon beim Schreiben kichern. Diesen Gegenversuch dürfen wir also durchaus als gelungen betrachten und festhalten: Die Körpersprache ist diejenige, der wir vertrauen, die mehr als Worte sagt. Wir dürfen auch noch ein Stückchen weitergehen: Die ver­bale folgt der nonverbalen Ausdrucksform. Und: Wir können und dürfen den Körper bewusst zu emotionalen Veränderungs­zwecken einsetzen.

Reframen von „nicht lieferbar“

Kehren wir wieder in unsere – immer noch eingefrorene – HV-Situation zurück. Unsere Körpersprache darf zu dem passen, was wir sagen! Lieferbar und „anti­depressives Stehen“ ist folglich kongruent. Nicht lieferbar und „depressives Stehen“ auch? Na gut, wir wollen mal nicht gleich übertreiben. Allerdings sind wir uns ja auch einig, dass sich der körpersprachliche Ausdruck verändern wird. Wie passen nun „nicht lieferbar“ und „antidepressives Stehen“ aus unserer Warte zusammen? Gar nicht, sagen Sie? Nun, wie wäre es, wenn wir „nicht lieferbar“ an dieser Stelle der Coach-Technik des „Reframens“ unterziehen. Wir stellen diese Worte in einen anderen Rahmen. Und fragen uns: Was kann sich an Positivem hinter diesen Worten verbergen? Eine andere Fragestellung, eine andere Antwort. Und damit eine andere Bewertung. Und damit ändern Sie auch Ihre emotionale Reaktion. Und so auch die physiologische Reaktion. Ihre positivere innere Haltung verändert Ihre äußere Haltung. Und Sie sind, Sie ahnen es wahrscheinlich schon, aus dem re-aktiven, unbewussten Prozess raus in die proaktive Gestaltung der Gesamtsituation gekommen.

Sie sagen, „nicht lieferbar“ ist und bleibt „nicht lieferbar“? Und damit ein Ärgernis? Und zwar für alle. Und da gibt es auch nichts, aber auch gar nichts, was die Lage beschönigen kann? Ja, da haben Sie wahlweise recht. Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu (weiter ausholen werden wir jetzt nicht …). Denn wir bleiben bei den Coach-Techniken und fragen uns, wie zuträglich ist es, diese Bewertung beizubehalten und damit in diesem Gedanken zu verharren? Wie hilfreich ist dieser Gedanke für Sie? Für Ihren Kunden? Meines Erachtens wenig hilfreich. Macht ja Ärger. Dienlich hingegen ein anderer Rahmen. „Nicht lieferbar“ zu nutzen, um Kundenbindung aufzubauen. Den persönlichen Kontakt zu nutzen, um klipp und klar deutlich zu machen, dass Sie beide zu 100 Prozent die gleiche Interessenslage haben. Dass zwar ein HV-Tisch zwischen Ihnen steht. Sie ansonsten allerdings genau der gleichen Meinung sind: Das haben Sie beide nicht verdient, das braucht kein Mensch und JETZT suchen SIE BEIDE nach einer Lösung. Und wie auch immer die Lösung aussehen möge: Gemeinsam an dem einen Strang zu ziehen ist Ihre Aufgabe. Und zwar bewusst. Aufrecht. SIE wissen, was zu tun ist. SIE kennen Ihre Handlungs- und Spielräume. SIE werden Ihren Werten entsprechend dafür sorgen, dass die Gesundheit Ihres Kunden weiter im Vordergrund steht, ihm Hilfe und Unterstützung anbieten, respektvoll und wertschätzend mit allen Beteiligten kommunizieren und, die Arzneimittelsicherheit fest im Blick, eine wie auch immer geartete Alternative für ihn finden. Es gibt keinen, nicht einen einzigen Grund, mit sich selbst an dieser Stelle wenig wertschätzend und ärgerlich zu sein und sich kleinzumachen. Weder gedanklich innerlich aufzustöhnen noch nonverbal „depressiv zu stehen“. Fazit: „Nicht lieferbar“ und „antidepressives Stehen“ ergänzen sich ganz wunderbar im Sinne der positiven, authentischen und interaktiven Beziehung von Mensch zu Mensch.

Wie passen nun „lieferbar“ und „depressives Stehen“ zusammen? Oh je, da bleibt ja ein weites Feld für Spekulationen!!! Was immer dann mit „lieferbar“ verbunden sein mag, wie immer „lieferbar“ für Sie geankert ist, da ist State Management angesagt. Denn wer will schon, ganz gleich, welche Worte auslösender Faktor gewesen sein können, in einem Zustand verharren, der nicht zuträglich ist? Ganz besonders dann, wenn wir, wie wir ja gerade dank Charlie Brown herausgefunden haben, die wunderbare Möglichkeit haben, uns durch (einfache) Änderung der Körpersprache aus einem emotionalen Tief befreien zu können!

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Machen Sie es einfach auch einmal: Nehmen Sie die Arme hoch und richten Sie den Blick nach oben.

Und hier lässt Usain Bolt grüßen. Wer kennt ihn nicht? Den unangefochtenen Meister unter den Sprintern? Derjenige, der aufgrund seiner extrovertierten Art gerne mal (meiner Meinung nach zu Unrecht) als arrogant wahrgenommen wird. Und woran genau liegt das? Sie erahnen bereits die Antwort: an seiner Körpersprache. Legendär seine Armbewegung. Aufgezeichnet in besonderen Momenten. Und wie erstaunlich: Dieser außergewöhnliche, extrovertierte, sich körperlich so stark präsentierende Ausnahmeathlet zeigte sich gefühlt nur einen Wimpernschlag entfernt in Szenen (die für uns dokumen­tarisch festgehalten worden sind) mit dem von uns getesteten „depressiven Stehen“. Trotz des Erfolges, trotz der Präsenz, trotz des sportlichen Körperbewusstseins. Es kann uns also in der Analogie durchaus passieren, dass wir körpersprachlich trotz Lieferbarkeit nicht den Eindruck erwecken, als ob wir vor Begeisterung durch „die Decke gehen“ – ganz unbewusst natürlich. Wie wäre es also im ersten Schritt, uns – Freeze – kurze Momente des Einhaltens im Alltag zu gönnen? Unsere höchst individuelle körperliche Position, Re-Aktion, Emotion im JETZT wahrnehmen. Die Weisheit unseres Körpers registrieren. Und nutzen. Denn Weisheit ist angewandtes Wissen. Um ob des obigen Wissens nun festzustellen, auf welche Art und Weise genau wir unbewusst körperlich reagieren.

Wie wir auf Körperebene (spiegelnd und spielend) Energien mit unserer Umwelt austauschen – unbewusst. Wie wir kommunizieren. Miteinander. Mit uns selbst. Nonverbal. Verbal. Und wie wäre es, wenn wir uns dann an Charlie Brown erinnern. Und an Lucy. Und JETZT tief ein- und ausatmend beschließen: Arme hoch – mir geht es gut! Und das wünsche ich Dir und Euch allen auch! – Freeze – In diesem Sinne einen wunderbaren Tages- und Wochenverlauf für Sie und Euch alle! |

Monika Raulf, Apothekerin und zertifizierter Coach, www.co-pha.com

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