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Arzneimittel und Therapie
Weniger Adenome durch Berberin?
Chinesische Wissenschaftler suchen neue Wege zur Chemoprävention
Rund 90% aller kolorektalen Karzinome entstehen aus Adenomen (Adenom-Karzinom-Sequenz). Um die Bildung maligner Darmtumore zu verhindern, werden Adenome – meist im Rahmen einer Koloskopie – entfernt. Allerdings besteht ein hohes Rezidivrisiko, vor allem bei ostasiatischen Patienten. Um das Wiederauftreten einmal entfernter Adenome zu verhindern, können chemopräventive Maßnahmen ergriffen werden. Untersucht wurden unter anderem die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS), nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), Metformin, Cyclooxygenase-2(COX-2)-Inhibitoren, Vitamin D, Calcium und Folsäure.
Vorteil gegenüber Placebo
Aufgrund widersprüchlicher Studienergebnisse, unerwünschter Wirkungen oder kurzer Beobachtungszeit werden allerdings nur wenige dieser Substanzen eingesetzt, und die Chemoprävention besitzt – außer in speziellen Fällen die ASS-Einnahme – noch keinen etablierten Stellenwert. Ein neuer möglicher Kandidat ist Berberin, dessen chemopräventive Eigenschaften nun genauer untersucht wurden. Dies hat folgenden Hintergrund: Im Tierversuch hemmt Berberin die Bildung kolorektaler Karzinome aus Adenomen durch Modulation der Mikroumgebung und durch Inhibition tumorfördernder Signalwege.
Für die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, multizentrische Studie wurden 1108 Probanden ausgewählt, bei denen in den vergangenen sechs Monaten kolorektale Adenome (mindestens eines bis maximal sechs) entfernt worden waren. Die Hälfte von ihnen erhielt während zwei bis drei Jahren zweimal täglich 0,3 g Berberin, die andere Hälfte ein Placebo. Nach einem und zwei Jahren erfolgte eine Kontrollkoloskopie. Der primäre Studienendpunkt war das Wiederauftreten kolorektaler Adenome. In die Analyse flossen die Daten von rund 80% der Probanden ein. Dabei zeigte sich, dass unter der Einnahme von Berberin signifikant weniger kolorektale Adenome aufgetreten waren als unter der Placebo-Therapie: In der Berberin-Gruppe entwickelten 36% der Probanden erneut Adenome, unter Placebo waren es 47% (relatives Risikoverhältnis 0,77; 95%-Konfidenzintervall 0,66 bis 0,91). Karzinome waren in keiner Gruppe nachweisbar. Die Behandlung mit Berberin wurde gut vertragen, die einzige unerwünschte Wirkung war das Auftreten einer Obstipation (bei 1% unter Berberin vs. 0,5% unter Placebo).
Berberin
Das Isochinolinalkaloid Berberin kommt unter anderem in der Berberitze (Berberis vulgaris), der Orangenwurzel (Hydrastis canadensis) und dem Chinesischen Goldfaden (Coptis chinensis) vor. Der Inhaltsstoff befindet sich vornehmlich in Wurzel, Rhizom und Rinde. In der traditionellen chinesischen Medizin wurde die Pflanze zur Behandlung von Darmerkrankungen eingesetzt. Ferner sind verschiedene systemische Effekte (z. B. blutzucker- und lipidsenkende Wirkungen) bekannt. Im Tierversuch beruht die Antitumorwirksamkeit von Berberin auf einer Modulation der tumorösen Mikroumgebung, einer Änderung des Mikrobioms und auf dem hemmenden Einfluss auf tumorfördernde Stoffwechselwege.
Vielversprechend, aber noch nicht praxisreif
Kommentatoren dieser Studie erachten diese Ergebnisse als bemerkenswert und vielversprechend, halten sie aber noch nicht für praxisreif. Als Nächstes seien größere randomisierte Studien erforderlich, in die auch nicht-asiatische Populationen eingeschlossen werden. Sollten die Ergebnisse auch in unterschiedlichen Kollektiven bestätigt werden, könnte Berberin in Zukunft als wirksames, nebenwirkungsarmes und kostengünstiges Prophylaktikum eingesetzt werden. |
Literatur
Chen YX et al. Berberine versus placebo for the prevention of recurrence of colorectal adenoma: a multicentre, double-blinded, randomised controlled study. Lancet Gastroenterol Hepatol 2020; doi:10.1016/S2468-1253(19)30409-1
Kwon S et al. Extracting the benefits of berberine for colorectal cancer. Lancet Gastroenterol Hepatol 2020; doi:10.1016/S2468-1253(19)30430-3
NCT02226185. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/; Aufruf am 17. Januar 2020
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