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Friedemann Schmidt „Wir waren die ganze Zeit flächendeckend verfügbar“

ABDA-Präsident im Corona-Podcast mit der Apotheken Umschau

cel | Vergangene Woche war ABDA-Präsident Friedemann Schmidt Gast im Podcast „Klartext Corona“ der Apotheken Umschau. Dort erklärte er unter anderem, warum Apotheken vor Ort mitnichten die Nutz­nießer der Corona-Pandemie sind, aber dennoch gestärkt aus der Krise hervorgehen werden.
Foto: W&B/Andreas Müller

Friedemann Schmidt: „Wirtschaftlich haben Apotheken in keiner Weise profitiert“.

Noch ist kein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 in greifbarer Nähe. Doch wenn es so weit ist, stehen die Apotheken bereit – das erklärte Schmidt vergangene Woche Donnerstag im Podcast. Denn er ist sich absolut sicher, dass Apotheken das können und einer der ersten Adressen für die anstehende COVID-19-Impfung sind.

Doch auch ohne Zusatzaufgaben, wie potenzielle Impfungen, waren die Apothekenteams in den letzten Wochen pausenlos im Einsatz und mächtig gefordert. Nach Ansicht von Schmidt haben sie die Corona-Krise bislang gut gemeistert. Es gebe nur wenige Infizierte zu beklagen. Die Apotheke profitiere hier von ihren „qualifizierten Mitarbeitern“: „Jeder in der Apotheke weiß, wie mit einem infektiösen Patienten umzugehen ist“, so Schmidt. Man habe zudem frühzeitig Eigenschutzmaßnahmen etabliert, Abstandsregeln und Zugangsbeschränkungen zu den Apothekenräumen eingeführt und Plexiglasabtrennungen installiert – soweit sinnvoll und möglich. „Und wir haben natürlich dafür gesorgt, dass Mitarbeiter und Patienten hinreichend Möglichkeiten zur Desinfektion der Hände hatten und haben.“ So sei es gelungen, über 99 Prozent der Betriebe im Versorgungsnetz zu halten. „Wir hatten etwa 30 Betriebe, also nur sehr wenig Apotheken, die zeitweise geschlossen waren.“ Man könne sagen: „Wir waren die ganze Zeit flächendeckend verfügbar.“

Auf die Frage, ob Apotheken von der Krise profitieren, antwortete Schmidt: „Wir hatten zu Beginn der Krise, Anfang März, einen enormen Patienten- und Nachfrage-Anstieg zu bewältigen.“ Chronisch Kranke versuchten, sich zu bevorraten, indem sie Rezepte einlösten und sich zusätzliche Verordnungen ausstellen ließen. „Der März war ein Monat, in dem wir unfassbar viel zu tun hatten.“ Doch gibt der ABDA-Präsident zu bedenken: Der Arzneimittelbedarf, insbesondere bei verschreibungspflichtigen Präparaten, ist nicht frei, sondern vorgegeben. „Deswegen erleben wir jetzt, dass alles, was im März vorgezogen wurde, nun fehlt.“ Jetzt seien die Apotheken „bestenfalls im Regelbetrieb.“ Viele Kollegen berichteten sogar, dass aktuell viel weniger Patienten als vor der Krise in die Apotheke kämen. „Wirtschaftlich hat das keinen Vorteil gebracht.“ Im Gegenteil: „Die Apotheken haben all die Schutzmaßnahmen – Desinfektionsmittel herstellen, Plexiglasscheiben anbringen – auf eigene Kosten ermöglicht. Wir haben keinerlei Unterstützungsmittel seitens des Staates oder der Gesundheitsämter bekommen, das ist alles aus den Mitteln der Apotheke selbst bezahlt worden“, betont der ABDA-Präsident. Trotz der finanziellen Zusatzkosten erkennt Schmidt einen Vorteil: „Wirtschaftlich haben Apotheken in keiner Weise pro­fitiert, aber es ist allen nochmals deutlich geworden, wie wichtig Apotheken vor Ort für die Bevölkerung sind.“

Schmidt hat überdies eine weitere Beobachtung in der Krise gemacht. In seiner Apotheke in Leipzig kämen deutlich mehr Bestellungen über die Apotheken-App als früher. Es sei jedoch kein „Massenphänomen“, die allermeisten Patienten suchten nach wie vor den persönlichen Kontakt. Dennoch räumt Schmidt ein: „Natürlich wäre es gut, wenn wir jetzt schon ein E-Rezept hätten“. So könnte man heute schon Risikopatienten den Weg zum Hausarzt und in die Apotheke ersparen. Corona könnte die Digitalisierung jedoch auch weiter verzögern, denn ­einerseits gebe es nun zwar einen äußeren Druck auf die Digitalisierung, doch stünden die Kontaktbeschränkungen auch den technischen Herausforderungen – etwa der Installation von Konnektoren – im Wege.

Ob eher Vor-Ort-Apotheken oder Versandapotheken gestärkt aus der Krise hervorgehen werden, da gingen die Meinungen auseinander, so Schmidt. „Manche sagen, Versandapotheken werden nun erst gefährlich, ich nehme das nicht so wahr.“ Und die Zahlen zeigten, „dass der Versandhandel genau das ist, was er sein soll: ein er­gänzendes Versorgungssystem für einige wenige Patienten.“ Die allermeisten Versorgungsfälle seien „kompliziert, individuell und eilbedürftig“ und für alle diese Patienten sei der Versandhandel per se ungeeignet. |

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