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Virale Nebenwirkungen

Offizin in Corona-Zeiten

Seit einigen Wochen gibt es neben dem neuen Coronavirus ein anderes Virus, das Kunden und Patienten, die die Apotheke betreten, befällt: das Virus der Gereiztheit, des Mobbings und des ins Unermessliche steigenden Anspruchsdenkens. Vorab gesagt: Es betrifft, genau wie das Coronavirus, nur einen geringen Prozentsatz. Aber es ist da, schleicht sich langsam in die Offizin vor den Spuckschutz.

Foto: isavira – stock.adobe.com

Versteht man akustisch nicht sofort, was der Kunde, die Kundin möchte, so wird die Stimme vor dem HV-Tisch erhoben. Ist etwas auch noch dazu nicht lieferbar, bringt man sich als pharmazeutisches Personal am besten gleich in Deckung: Spuckschutz und Maske hinter und vor dem HV-Tisch erschweren oft die Konversation.

Ist ein Präparat zwar lieferbar, muss aber erst vom Großhandel bezogen werden, wird gleich und sofort der Botendienst massiv beantragt, die Uhrzeit der Wunschlieferung angegeben. Alles in Ordnung und das gute Recht der Kunden. Aber manchmal wäre bei fußgesunden Menschen ein Spaziergang an der frischen Luft auch zu Corona-Zeiten nicht schädlich.

Eine andere Kundin betrat heute die Apotheke, ohne Mundschutz, und fragte meine Kollegin und mich, wann wir endlich unseren „Maulkorb“ (ha, ha) abnehmen würden. Sie sei ein freiheitlich denkender Mensch und brauche so was nicht – und wir sollten uns doch von Corona nicht tyrannisieren lassen. Schönen Gruß auch an den Chef ...

Der Artikel „Wachsen am Widerspruch“ in der Apotheker Zeitung (AZ) vom 18. Mai 2020 (AZ 2020, Nr. 21, S. 6) von Dr. Michael Madel, hat dieses Thema der Kritik und des Widerspruchs angesprochen, wenn auch vorwiegend vonseiten der Apothekenleitung aus gesehen. Dort wird auch geschildert, wie man sich dialogmäßig auf den Kunden einstellt, wenn er uns gegenübersteht. Sehr theoretisch!

Leider ist es mir aber kürzlich auch passiert, dass ein Kunde von mir bedient wird, die Apotheke verlässt und zu Hause eine relativ massive Beschwerde-E-Mail an meinen Chef über mich abschickt. Keine Chance der Klärung und des Dialogs, im Gegenteil: Ich hatte auch noch das Gefühl, mein Chef steht nicht voll und ganz hinter mir. Was tut man dann? Es gibt wirklich Zeiten während der ­Corona-Krise, da macht sich schlechte Laune hinter dem HV-Tisch breit. Hat das noch mit dem Beruf zu tun, den ich gelernt habe?

Zum Glück habe ich für den Ernstfall meine Gewerkschaft im Rücken. Das gilt sowohl bei möglichen Streitigkeiten mit der Apothekenleitung als auch bei Themen wie Gesprächs- und Verhandlungsführung und Resilienz, zu denen ich schon auf diversen ADEXA-Veranstaltungen Input bekommen habe. |

Ein ADEXA-Mitglied aus der Region Süd

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