Reisepharmazie

Gefürchtetes „Knochenbrecher“-Fieber

Durch Stechmücken übertragene Dengue-Viruserkrankung tritt immer häufiger auf

Das durch Stechmücken übertragene Dengue-Fieber kommt in mehr als 100 tropischen und subtropischen Ländern vor – sowohl sporadisch als auch in Epidemien. Die Zahl der neu auftretenden Krankheitsfälle weltweit hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Dengue-Fieber ist eine Viruserkrankung, die durch eine der vier Sero­typen des Dengue-Virus (Subtyp DENV-1 bis DENV-4) verursacht wird. Die Übertragung erfolgt durch Stechmücken, vor allem der Gattung Aedes aegypti (Gelbfiebermücke) und gelegentlich auch Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke). Ist eine Mücke einmal infiziert, trägt sie das Virus ihr ganzes Leben mit sich. Eine infizierte Mücke kann das Virus auch an ihre Brut weitergeben. Weibliche infizierte Mücken übertragen Dengue durch einen Stich auf den Menschen. Die Mücken sind vorwiegend tagaktiv. Meist stechen sie früh morgens und abends vor Einbruch der Dunkelheit. Infizierte Menschen können einer nicht infizierten Mücke als Reservoir dienen. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. In Südostasien und in Afrika können auch Affen Virusträger sein.

Abb. 1: Weltweite Verbreitung des Denguefiebers Die virale Erkrankung tritt in den Tropen und Subtropen aller Kontinente auf, ca. drei Milliarden Menschen leben in Risikogebieten. Es wird geschätzt, dass jährlich weltweit ca. 400 Millionen mit dem Dengue-Virus infiziert werden, bei ca. 25% treten klinische Symptome auf. Besonders betroffen sind Indonesien und Thailand. [www.healthmap.org/dengue/en/]

Vorkommen

Dengue-Fieber ist in den subtropischen und tropischen Gebieten von Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika weit verbreitet (s. Abb. 1). Circa drei Milliarden Menschen leben in Dengue-Risikogebieten. Schätzungen zufolge kommt es jährlich zu etwa 400 Millionen Infizierten. Nicht zuletzt auch durch den Klimawandel hat sich die Asiatische Tigermücke aber auch in Südeuropa stark verbreitet. In den letzten Jahren gab es vereinzelte Dengue-Infektionen z. B. in Spanien, Frankreich, Kroatien oder auf Madeira. In Deutschland werden jährlich 600 bis 800 Fälle von Reise-assoziiertem Dengue-Fieber gemeldet. Dengue tritt vor allem in städtischen Gebieten auf, da dort die übertragenden Mücken ihren Lebensraum haben. In der Regenzeit kommt es zu einer starken Vermehrung der Mücken. Die weib­lichen Mücken legen ihre Eier in der Nähe kleiner Wasseransammlungen ab, z. B. in Pfützen, alten Autoreifen, Blumenvasen oder Regentonnen. Vor allem Gärten, Friedhöfe, Parks, Baustellen und Müllhalden sind günstige Biotope. In gechlortem Wasser hingegen überleben die Larven nicht.

Foto: Science Photo Library / London School of Hygiene & Tropical Medicine

Abb. 2: Das Dengue-Virus (blau) wird von Mücken der Gattung Aedes übertragen. Das RNA-Virus verbirgt sich in der Wirtszelle in Vakuolen (pink). Der Krankheitsverdacht sowie eine Denguefieber-Erkrankung sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) meldepflichtig. Hier eine gefärbte transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme.

Symptome

Die meisten Menschen erkranken symptomlos. Nur ca. 25% der Erkrankten zeigen klinische Symptome. Beim klassischen Dengue-Fieber kommt es nach einer Inkubationszeit von meist sieben bis zehn Tagen zu hohem Fieber, Hautausschlag sowie schweren Kopf-, Knochen- und Gliederschmerzen. Wegen der auftretenden starken Knochenschmerzen wird die Erkrankung auch als Knochenbrecherfieber (Breakbone Fever) bezeichnet. Die Symptome sind eher unspezifisch, ähneln denen der Grippe und klingen meist nach wenigen Tagen ab. Die Betroffenen leiden jedoch über Wochen an Müdigkeit und Schwäche. Nach Abheilen der Erkrankung bleiben keine Folgeschäden zurück. Eine lebenslange Immunität besteht nur gegen den verursachenden Subtyp, sodass eine erneute Erkrankung durch einen anderen Dengue-Virus-Subtyp möglich ist. Nur bei etwa 1% der Erkrankten kommt es zu schweren Verläufen mit hämorrhagischem Dengue-Fieber (DHF) auf, das im Extremfall zu einem lebensbedrohlichen Dengue-Schock-­Syndrom führen kann (DSS). Die Betroffenen weisen zunächst die klassischen Symptome auf. Nach circa fünf Tagen tritt aber anstelle einer Verbesserung eine drastische Verschlechterung auf, begleitet von einem Temperatur­abfall auf unter 38 °C. Durch eine Verminderung der Thrombozyten kommt es zu Einblutungen an Haut und Schleimhaut, z. B. an Zahnfleisch und Nase. Weitere Symptome sind eine schnelle Atmung, starke Bauchschmerzen und anhaltendes Erbrechen. Im Extremfall kommt es durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems zu einer Durchlässigkeit der Blutgefäße und dadurch zu einem dramatischen Blutdruckabfall. Unbehandelt ist das Dengue-Schock-Syndrom bei ca. 40 bis 50% der Fälle tödlich. Bei einer recht­zeitigen intensivmedizinischen Behandlung hingegen überleben 99% der Betroffenen.

Diagnose und Therapie

Die Diagnose ist aufgrund der unspezifischen Symptome zu Beginn nicht einfach zu stellen. Bei der Anamnese spielen neben den Symptomen vor allem Reiseziel und Reise­verlauf eine Rolle. In den ersten vier bis fünf Tagen der Krankheit kann der Erreger im Blut nachgewiesen werden. Ab dem fünften Krankheitstag lassen sich IgM-Antikörper, ab dem zehnten bis 14. Tag IgG-Antikörper nachweisen. Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung. Bei milden Verläufen können die Patienten ambulant mit fiebersenkenden und schmerzlindernden Präparaten behandelt werden. Auch auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr sollte geachtet werden. Acetylsalicylsäure sollte wegen des erhöhten Blutungsrisikos nicht ­eingesetzt werden. Bei einem schweren Verlauf (Blutungen, schwerer Blutdruckabfall, Erbrechen von Blut) ist eine sofortige Krankenhauseinweisung mit intensiv­medizinischer Betreuung unumgänglich.

Wie kann man vorbeugen?

Da die Übertragung des Erregers durch Mücken erfolgt, ist ein konsequenter Mückenschutz die wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung. Dazu gehören das Tragen langer Kleidung sowie der Einsatz von Repellents. Geeignet sind hierbei die Substanzen DEET (N,N-Diethyl-m-toluamid) (z. B. Nobite® Hautspray, Anti Brumm®Forte) und Icaridin (1-(1-Methylpropyl Carbonyl)- 2-(2-hydroxyethyl)piperidin) (z. B. Autan® Protection Plus, Anti Brumm® Classic) oder PMD/Citridiol (p-Menthan-3,8-diol) aus dem ätherischen Öl einer Eukalyptuspflanze (z. B. Anti Brumm® Naturel, Mosquito® Insektenschutz-Spray). Diese sollten gemäß der vom Hersteller angegebenen Zeiten aufgetragen werden, bei starkem Schwitzen auch öfter. Bei gleichzeitiger Anwendung von Sonnenschutz sollte dieser zuerst einge­zogen sein, bevor das Repellent aufgetragen wird. Da die Mücken, die das Dengue-Virus übertragen, tagaktiv sind und oftmals früh morgens und abends vor Einbruch der Dunkelheit stechen, ist das Tragen von langärmeliger Kleidung und das Bedecken der Beine dringend zu empfehlen. In Wohnräumen können Elektroverdampfer angewendet werden, die Kurzzeit-Pyrethroide enthalten. Diese verdampfen in der Raumluft und bieten einen Schutz über acht bis zwölf Stunden. Ein Schutz sollte vor allem tagsüber angewendet werden, da die Mücken tagaktiv sind, dennoch wird auch zum Einsatz von imprägnierten Moskitonetzen in der Nacht geraten.

Auf einen Blick

  • Dengue-Fieber wird durch RNA-Viren aus der Familie der Flaviviridae verursacht und gehört zur Gruppe der Arboviren.
  • Überträger sind Stechmücken, insbesondere die Gattung Aedes aegypti, gelegentlich auch Aedes albopictus.
  • Infizierte weibliche Mücken übertragen das Virus durch einen Stich an Menschen. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.
  • Die Inkubationszeit beträgt ca. sieben bis zehn Tage.
  • Dengue-Fieber kann als akute Krankheit mit plötz­lichen Fieberausbrüchen auftreten, die meisten Patienten erholen sich nach einigen Tagen.
  • Es kann auch zum hämorrhagisches Dengue-Fieber kommen mit akutem Fieberausbruch, gefolgt von Symptomen einer Thrombozytopenie, verstärkter Gefäßpermeabilität und Blutungen.
  • Ein Dengue-Schock-Syndrom entwickelt sich nur bei einer geringen Anzahl der Fälle. Ohne adäquate Behandlung enden 40 bis 50% der Fälle tödlich.
  • In der Fieberphase ohne Komplikationen werden schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkstoffe verabreicht – keine Acetylsalicylsäure (Blutungs­gefahr!)
  • Bei schwerem Krankheitsverlauf mit Blutungen und akutem Kreislaufversagen muss sofort eine stationäre Behandlung erfolgen.
  • Dengue-Viren treten in vier Serotypen auf. Ein durchgemachtes Dengue-Fieber schützt nicht vor einer Infektion mit einem anderen Dengue-Serotyp.
  • Der Impfstoff Dengvaxia® ist nur in Dengue-Endemiegebieten zugelassen.

Ist eine Impfung möglich?

Mit Dengvaxia® gibt es eine Schutzimpfung gegen alle vier Serotypen. Der Impfstoff ist für Personen zwischen neun und 45 Jahren zugelassen, die in einem Endemiegebiet leben und die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Diese Einschränkung ist notwendig, da eine Anwendung bei Dengue-naiven Personen gefährlich sein kann: Es traten bei Impfdurchbrüchen besonders schwere Krankheitsverläufe auf. Für den Einsatz als Reiseimpfstoff gibt es keine Zulassung, die Anwendung wäre aufgrund des Impfschemas (0-6-12 Monate) auch wenig praktikabel. In Deutschland ist Dengvaxia® nicht auf dem Markt.

Mit TAK-003 befindet sich ein Impfstoffkandidat in einer Phase-III-Zulassungsstudie [9], die Ende 2021 abgeschlossen sein soll. Bei gesunden Kindern zwischen vier und 16 Jahren war TAK-003 in der Analyse der primären Endpunkte unabhängig von einer früheren Dengue-Exposition gut wirksam und verträglich [10]. |
 

Literatur

 [1] Dengue Map, CDC Dengue Page. Informationen Centers for Disease Control and Prevention (CDC), www.healthmap.org/dengue/en/

 [2] Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Dengue und zur Impfung. Informationen des Robert Koch-Instituts, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Dengue/FAQ-Liste.html;jsessionid=4F0D6F4DAE7FED6ABC8169730D951E67.internet062

 [3] Denguefieber. Informationen vom Gesundheitsdienst Auswärtiges Amt, www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/reise-gesundheit/gesundheit-fachinfor­mationen/02-information-krankheiten

 [4] Denguefieber. Informationen des privaten Tropeninstituts Dr. Gontard GbR, https://tropeninstitut.de/krankheiten-a-z/denguefieber

 [5] Dengue control, Epidemiology. Informationen der World Health Organization, WHO- www.who.int/denguecontrol/epidemiology/en/

 [6] Dengue control, The human. Informationen der World Health Organization (WHO). www.who.int/denguecontrol/human

 [7] Rahlenbeck S et al. Wie man das Stichrisiko senkt. Dtsch Arztebl 2013;110(29-30):A-1432/B-1256/C-1239

 [8] Lauer-Fischer-Taxe, Abruf am 2. März 2020, www.lauer-fischer-de

 [9] Efficacy, Safety and Immunogenicity of Takeda‘s Tetravalent Dengue Vaccine (TDV) in Healthy Children (TIDES). ClinicalTrials.gov Identifier: NCT02747927, https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02747927?term=den-301&rank=1

[10] Shibadas B et al. Efficacy of a Tetravalent Dengue Vaccine in Healthy Children and Adolescents. N Engl J Med 2019;381:2009-2019

Apothekerin Dr. Sabine Fischer

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