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Corona-Pandemie: Perspektive Grundeinkommen?

Neue Modelle der sozialen Absicherung

Kaum ist die medizinische Krise halbwegs überwunden, machen sich gravierende wirtschaftliche Folgen der SARS-CoV-2-Welle bemerkbar. Mehrere Länder diskutieren, ob ein Grundeinkommen Härten abmildern könnte.

Anfang Juni 2020 gab die Bundesagentur für Arbeit aktuelle Zahlen bekannt. Demnach waren über 2,8 Millionen Bürger arbeitslos. Das sind 577.000 mehr als im Mai 2019. Hinzu kommt: Arbeitgeber hatten von März bis Mai für 11,7 Millionen Angestellte Kurzarbeit angemeldet. Selbst im Krisenjahr 2009 waren es „nur“ 3,3 Millionen. Doch nicht nur Deutschlands Wirtschaft leidet unter der SARS-CoV-2-­Pandemie. Andere Länder sind noch weit stärker betroffen.

Spanien: Zahlungen für Bedürftige ein Leben lang

Ende Mai hat sich Spaniens Regierung unter dem Ministerpräsidenten (und Wirtschaftswissenschaftler!) Pedro Sánchez für ein Grundeinkommen als Modell zur Abmilderung sozialer Härten entschieden. Es ist aber keinesfalls bedingungslos, wie dies zunächst berichtet wurde. Vielmehr knüpft Sánchez Zahlungen an ökonomische Voraussetzungen.

Anspruchsberechtigt sind Bürger zwischen 23 und 65 Jahren, die seit mindestens drei Jahren einen eigenen Haushalt führen, mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und deren Einkommen pro Person im Haushalt unter 230 Euro im Monat liegt. Ab Juni erhalten sie mindestens 462 Euro pro Monat (plus 130 Euro pro Kind). Bei mehrköpfigen Familien können es bis zu 1015 Euro sein. Die Regierung schätzt, dass insgesamt 850.000 Haushalte Anspruch haben – im ersten Monat sollen bereits 100.000 Familien profitieren. Damit entspricht das Grundeinkommen eher unserer Sozialhilfe bzw. dem Arbeitslosengeld II. Solche Leistungen gab es in Spanien bisher nur punktuell. Sie sollen mit dem neuen Grundein­kommen aber kombinierbar sein.

Finnland: Vom Ende eines Experiments

Einen anderen Weg ist man in Finnland gegangen. Schon vor der Corona-Pandemie wählten Sozialwissenschaftler in staatlichem Auftrag per Zufall 2000 Arbeitslose zwischen 25 und 58 Jahren aus. Alle Teilnehmenden am Modellprojekt erhielten monatlich 560 Euro ohne jegliche Bedingung. Man konnte – oder musste – Geld dazuverdienen, egal, ob als Selbstständiger oder als Angestellter. Das Projekt war auf zwei Jahre be­fristet, im Mai 2020 wurde der Abschlussbericht veröffentlicht.

„Wer das Einkommen bezog, fühlte sich mental deutlich besser“, so Signe Jauhiainen, Forscherin bei der finnischen Sozialversicherung Kela. Diese Gruppe sei zufriedener und ­weniger depressiv gewesen. Die Zahlungen führten jedoch nicht mehr Menschen zurück in den Arbeitsmarkt, was eine Hoffnung der finnischen Regierung war.

Das Experiment hatte grundlegende Mängel. Es war von vornherein be­fristet angelegt und es schloss keine repräsentative Stichprobe aller Menschen ein. Insofern ist es schwierig, Ergebnisse auf ein ganzes Land zu übertragen.

Bedingungsloses Grundeinkommen

Es gibt mehrere Modelle zum bedingungslosen Grund­einkommen. Alle haben eine Gemeinsamkeit: Jede Bürgerin und jeder Bürger bekommt monatlich Zahlungen vom Staat. Im Gegenzug werden manche – oder alle – Sozialleistungen gestrichen und Abgaben neu organisiert. ADEXA-Mitglieder erfahren dazu mehr im neuen „Spektrum“. Es erscheint Anfang Juli.

Deutschland: Petition erreicht Quorum

Auch bei uns ist ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Diskussion. Knapp 180.000 Bürger unterstützen eine Online-Petition zu diesem Thema. Voraussichtlich im Oktober befasst sich der Petitionsausschuss damit. |

Michael van den Heuvel

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