Aus den Ländern

Weg für Grippeschutzimpfungen geebnet

Vertreterversammlung der Apothekerkammer Saarland ändert einstimmig die Berufsordnung

„Von Apotheken lernen heißt siegen lernen“, so das Fazit von Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, zur Corona-Epidemie. Bei der Vertreterversammlung am 17. Juni 2020 kritisierte Saar auch nationalstaatliches Gehabe. Nachdem die ursprünglich für den 18. März 2020 geplante Sitzung der Vertreterversammlung der Apothekerkammer des Saarlandes Corona-bedingt abgesagt werden musste, fand diese nunmehr am 17. Juni 2020 statt. Dies, unter Beachtung der Corona-bedingten Hygienevorgaben, bewusst als Präsenzveranstaltung, um gerade in Hinblick auf die zu treffenden Entscheidungen ein größtmögliches Diskussions­forum zu schaffen.

„Von Apotheken lernen heißt siegen lernen“, eröffnete Saar die Sitzung. Damit griff er die Anmoderation der Tagesschau vom 28. April 2020 auf. In dieser lobte der Moderator das System der inhabergeführten Apotheke als Beispiel für erfolgreiche Corona-Schutzmaßnahmen mit nur wenigen, vorübergehenden Schließungen von Apotheken aufgrund von Corona-Infektionen und für eine sichere Belieferung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Der Kammerpräsident dankte ausdrücklich allen saarländischen und bundesdeutschen Apotheken für ihren „großartigen Auftritt“ in der Corona-Krise.

Corona-Pandemie: Versand­handel war inexistent

Deutlich kritische Worte fand Saar zum Versandhandel in der Corona-Krise. „Der Versandhandel, insbesondere der länderübergreifende, hat in der Krise meines Erachtens völlig versagt“, so Saar. Insbesondere bei Hygienebedarf und im Bereich Mundschutz war der Versandhandel inexistent. „Wir hätten bis heute noch keine Desinfektionsmittel, wenn wir Deutschland, wie es manchem Kassenvertreter immer noch vorschwebt, flächendeckend mit dem Versandhandel ‚beglückt‘ hätten.“ Saar abschließend: „Konzerne arbeiten gewinnmaxi­mierend, Freiberufler gewinnopti­mierend.“

Produktionsketten innerhalb Deutschlands initiieren

Nachdenklich äußerte sich Saar zu globalisierten Lieferketten und zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Corona-Krise. „Glauben wir wirklich, dass uns China, wenn es hart auf hart kommt, Arzneimittel liefern wird, wenn diese für die eigene chinesische Bevölkerung knapp werden? Glauben wir wirklich, dass Trump, wenn es in den USA den ersten Impfstoff gibt, uns diesen, auch wenn es Verträge gibt, auch zur Verfügung stellt?“ fragte Saar. Bezüglich Verlässlichkeit und Einhaltung von Verträgen reiche, laut Saar, ein Blick auf „unsere kleine saarländische Heimatregion“, um Zweifel zu bekommen. Abrupte Grenzschließungen zu Frankreich, partieller Ausschluss von in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Grenzgängern von Versorgungsleistungen der GKV trotz Beitragszahlungen. Dies alles zeige, dass auch Europa noch einen sehr langen Weg vor sich habe, so Saar. Viele nationalstaatliche Alleingänge lassen Zweifel an der Forderung aufkommen, Arzneimittel wieder in der EU herzustellen. „Die Forderung muss – leider – sein, Produktionsketten innerhalb Deutschlands zu initiieren ... oder das nationalstaatliche Gehabe in diesem Fall auf den Müll der Geschichte zu werfen“, so Saar.

Lob für Spahn

Insgesamt hätten aber die Regierung, das Parlament und die Länder schnell und gut gehandelt. Auch und gerade habe sich in dieser Krise der Föderalismus bewährt. Das zeige insbesondere ein Vergleich zu Frankreich. „Ein Zentralstaat kann zwar am Anfang schneller entscheiden, dafür fehlen die Strukturen vor Ort, um diese Entscheidungen auch effektiv umzusetzen. Klar treibt der Föderalismus auch Blüten, aber die Vorteile des Föderalismus überwiegen klar. Kritikpunkte gibt es natürlich immer, vor der nächsten Krise sollten diese abgearbeitet werden“, so Saar. Lobende Worte fand Saar auch für den Bundesgesundheitsminister. Jens Spahn habe das Engagement der Apotheken vor Ort gesehen, reagiert und honoriert. Saar forderte ausdrücklich, die nunmehr erzielten Verbesserungen im Vertragsbereich, sowohl was Abgaberegelungen als auch die Honorierung der Botendienste betreffe, in Nach-Corona-Zeiten zu erhalten.

Foto: Gina Sanders - stock.adobe.com

Apotheker im Saarland wollen ihren Beitrag zur Erhöhung der Grippe-Impfraten in der Bevölkerung leisten.

Themenschwerpunkt der Sitzung waren aber die Modellvorhaben „Grippeschutzimpfungen in Apotheken“. Der Geschäftsführer der Kammer, Carsten Wohlfeil, stellte die ebenfalls am 17. Juni 2020 von der Bundesapothekerkammer (BAK) verabschiedete Leitlinie und ergänzende Materialien zu Grippeschutzimpfungen in öffentlichen Apotheken sowie ein Curriculum für die Schulung der Apotheker ausführlich vor. Saar ergänzte: „Bislang sind nur knapp 40% der Bundesbürger ab 60 Jahren gegen Grippe geimpft, wünschenswert wären hier 75%.“ Man dürfe aber nicht vergessen, dass sowohl die Ärzteschaft als auch zahlreiche Apothekerinnen und Apotheker Vorbehalte gegen Grippeschutzimpfungen in Apotheken haben. Diese seien, so Saar, durchaus nachvollziehbar und stichhaltig. Saar wies nochmals darauf hin, dass man das Impfangebot der Arztpraxen ergänzen und nicht ersetzen wolle. Vordringliches Ziel müsse es sein, die Durchimpfungsrate der Bevölkerung deutlich zu erhöhen. Hier könnten Apotheken als niederschwellige Anlaufstellen ihren Beitrag leisten. Damit Apotheken einen entsprechenden Beitrag leisten und an Modellvorhaben zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken teilnehmen können, war eine Änderung der Berufsordnung der AK des Saarlandes dahingehend erforderlich, dass die Ausübung der Heilkunde durch Apothekerinnen und Apotheker nicht mehr gegen die Berufspflichten verstößt, soweit diese Ausübung gesetzlich legitimiert wird; was mit der Einführung von Modellvorhaben zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken nunmehr im SGB V der Fall ist. Die Änderung der Berufsordnung erfolgte einstimmig. |

Apothekerkammer des Saarlandes

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.