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DAZ aktuell
Noventi-Schwestern fusionieren zur SE
Wechsel von der GmbH zur SE innerhalb der Unternehmensgruppe ist nicht unumstritten
Der Gesundheitsdienstleister Noventi, zu dem unter anderem das Apothekensoftwarehaus Awinta und der Abrechnungsdienstleister VSA (seit Juni 2018: Noventi HealthCare GmbH) gehören, hat am vergangenen Freitag bekannt gegeben, dass innerhalb der Unternehmensgruppe die Noventi GmbH und die Noventi Health SE fusionieren werden und zukünftig gemeinsam als SE firmieren.
Die Societas Europaea, kurz SE, ist eine Rechtsform für Aktiengesellschaften in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum. Die Unternehmensanteile in Form von Aktien werden dabei nach den jeweils nationalen Vorschriften übertragen. Bei der Noventi Health SE sind sämtliche Aktien im Eigentum des FSA e. V., einem apothekereigenen Verein, der gegenüber der Unternehmensgruppe allgemeine Berufsinteressen im Hinblick auf EDV, moderne Technologien und den Abrechnungsverkehr vertritt. Zur Noventi Gruppe gehören 27 Tochtergesellschaften, die bisher vor allem der Noventi GmbH zugeordnet waren.
Stammkapital steigt von zwei Millionen auf 45 Millionen Euro
In einer Pressemitteilung der Noventi Group wird die Entscheidung zur Fusion wie folgt kommuniziert: „Die Zusammenführung […] soll Prozesse innerhalb des Konzerns optimieren, einen engeren internen Austausch ermöglichen und Synergieeffekte deutlich verstärken.“ Vorstandsvorsitzender Dr. Hermann Sommer wird mit den Worten zitiert, man habe als Noventi den Anspruch, Leitmarke im deutschen Gesundheitsmarkt zu sein. „Umso bedeutsamer ist es deshalb, innerhalb des Konzerns Grenzen abzubauen und Kräfte gezielt zu bündeln, um den Gesundheitsmarkt künftig noch aktiver mitzugestalten“, so Sommer. Das Stammkapital der Noventi-Aktiengesellschaft erhöht sich durch den Zusammenschluss von zwei Millionen auf 45 Millionen Euro.
Bei Noventi besteht der Aufsichtsrat vor allem aus Apothekeninhabern. An die „Unternehmenseigentümer“, also den gewählten Mitgliedern des FSA, berichten Aufsichtsrat und Geschäftsführung regelmäßig im Rahmen von Beiratssitzungen.
Im Zuge der Zusammenlegung von SE und GmbH wurde auch eine neue Ressortaufteilung des Vorstands bekanntgegeben. Dr. Hermann Sommer übernimmt zukünftig das Ressort Vorstandsvorsitz und Transformation, Victor Castro das Ressort Finance und Operations und Dr. Sven Jansen leitet das Ressort Sales und Marketing.
Konsequente Umstrukturierung der Bilanz
Mit Blick auf die Bilanzen der Noventi Health SE und der Noventi GmbH erscheint die Fusion konsequent. Denn die SE hatte ein Nennkapital von 2 Millionen Euro, von denen 1,41 Millionen Euro nicht eingefordert waren. Aufgrund der Aufteilung der Beteiligungen innerhalb der Unternehmensgruppe hatte die SE in den vorigen Jahren Verluste gemacht. In der Bilanz zum Jahresende 2019 wies sie daraufhin ein buchmäßiges Eigenkapital von 0 Euro und einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 2,59 Millionen Euro aus. Dagegen häuften sich in der GmbH die Gewinne. Sie verfügte gemäß Bilanz zum Jahresende 2019 bei einem gezeichneten Kapital von nur 1 Million Euro über ein stattliches Eigenkapital von 79,33 Millionen Euro, überwiegend bestehend aus der Kapital- und der Gewinnrücklage und dem Konzernbilanzgewinn. Letzterer betrug 39,95 Millionen Euro und ergab sich aus dem Jahresüberschuss von 11,31 Millionen Euro und den Gewinnvorträgen aus den Vorjahren. Offenbar werden nun diese in der GmbH angehäuften Gewinne zu einem großen Teil durch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln in Stammkapital umgewandelt. Dieses wächst damit auf ein Maß an, das besser zum Umfang der Geschäftstätigkeit passt. Dies erscheint auch konsequent im Sinne einer Wachstumsstrategie, bei der die Gewinne zum weitaus größten Teil im Unternehmen verbleiben. Dabei wurden im Jahr 2019 nur 395.000 Euro und damit etwa 3,5 Prozent des Jahresüberschusses an den Eigentümer, den FSA e. V., ausgeschüttet.
Fusion schwächt FSA
Die Noventi Gruppe sieht sich als apothekereigenes Unternehmen, das sich von rein privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen im Gesundheitsbereich explizit abgrenzen möchte. In Jahresberichten wird immer wieder betont, dass eine Börsennotierung „mit häufig alleinigem Ziel der Gewinnmaximierung“ in Widerspruch mit den Belangen des FSA-Vereins „als starker Interessenvertreter seiner im Gesundheitssektor tätigen Mitglieder“ stehe. Weiter hieß es beispielsweise im Geschäftsbericht 2016: „Diese Positionierung und Ausrichtung stärkt auch die Interessen und Ziele der Noventi GmbH, deren Tochterunternehmen führende Dienstleister im Gesundheitswesen sind.“
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Noventi-Philosophie mit Wegfall der GmbH weiterentwickelt. Fest steht, dass es kein notwendiges Merkmal einer SE sein muss, dass ihre Aktien an der Börse gehandelt werden. Auch die Bildung einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht muss nicht unbedingt einen Börsengang mit sich bringen (prominentes Beispiel: der bundeseigene Eisenbahnkonzern Deutsche Bahn AG). Nach Informationen der DAZ wurde die Fusion bei Noventi viele Jahre lang kritisch gesehen, vor allem von FSA-Mitgliedern. Das Mitspracherecht des Vereins soll nun deutlich geschwächt sein. Es dürfe jetzt beispielsweise nur noch formal über die Mitglieder des Aufsichtsrats beraten werden, heißt es aus Apothekerkreisen.
Das Stada-Schicksal als Mahnung
Auch andere Branchenvertreter verfolgen die Entwicklungen aufmerksam. Ein Börsengang Noventis gilt satzungsbedingt aktuell als ausgeschlossen und wird von Konzernseite auch immer wieder kategorisch dementiert. Noventi soll am Ende nicht ein ähnliches Schicksal wie der Stada Arzneimittel AG blühen: Ein ursprünglich apothekereigenes Unternehmen wird auf dem internationalen Parkett zum Spielball branchenfremder Großaktionäre. |
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