Arzneimittel und Therapie

Besser vorher als nachher

Einsatz von Antibiotika bei Operationen

Der rationale Umgang mit Antibiotika ist eine wichtige Maßnahme, um die Entwicklung von resistenten Erregern zu vermeiden. Daher werden etablierte Praktiken der Antibiose immer genauer unter die Lupe genommen. Neue Erkenntnisse zum Einsatz von Antibiotika nach Operationen und deren Einfluss auf das Risiko von Wundinfektionen liefert eine aktuelle Metaanalyse.

Weltweit wird eine von sechs Verschreibungen für Antibiotika in Krankenhäusern zur postoperativen Infektionsprophylaxe ausgestellt. Mittlerweile gibt es jedoch immer mehr Hinweise, dass eine einzelne präoperative Antibiotika-Dosis mit eventueller intraoperativer Nachdosierung genauso effektiv sein könnte. Zudem ist eine höhere Gesamtdosis von Antibiotika mit einem erhöhten Risiko für akute Nierenschäden sowie Infektionen mit resistenten Erregern und Clostridium difficile assoziiert. Deshalb rät auch die WHO in ihren Leitlinien zur In­fektionsprophylaxe bei Operationswunden aus dem Jahr 2016 von einer postoperativen Antibiotikagabe ab.

Best-Practice-Standard

Eine internationale Forschergruppe hat nun eine neue Metaanalyse veröffentlicht, die die Studienergebnisse zur postoperativen Antibiose zusammenfasst. Insgesamt wurden 83 randomisierte Studien mit insgesamt über 24.000 Teilnehmern einbezogen. Die erste Betrachtung der Publikationen, die eine postoperative Antibiose jeglicher Dauer mit dem sofortigen Absetzen der Antibiotika nach dem chirurgischen Eingriff verglichen, schien einen Vorteil der längeren Antibiotika­gabe zu zeigen. Das relative Risiko für Infektionen der Operationswunde war bei den postantibiotisch behandelten Patienten 11% niedriger als bei den Probanden, die kein Antibiotikum nach dem Eingriff erhalten hatten. Bei vielen dieser Studien entsprach die Antibiose vor und während der Ope­ration jedoch nicht den Best-Practice-Standards. Diese empfehlen die Verabreichung einer präoperativen Dosis innerhalb von 60 Minuten vor dem ersten Schnitt und eine Wiederholung der Dosis während der Operation, wenn deren Dauer die doppelte Halbwertszeit des Antibiotikums übersteigt.

Kein Vorteil durchpostoperative Antibiose

In einer zweiten Analyse wurden daher nur die 24 Studien betrachtet, in denen diese Empfehlungen eingehalten wurden. Dabei verschwand der scheinbare Vorteil der postoperativen Antibiose, und das Infektionsrisiko war in beiden Gruppen gleich. Eine Untergruppen­analyse nach Operationstyp zeigte Hinweise, dass eine postoperative Antibiotika-Gabe bei Eingriffen am Kiefer oder Herzen vorteilhaft sein könnte. Allerdings war die Anzahl von Studien, bei denen Best-Practice-Standards eingehalten wurden, zu gering, um hier sichere Aussagen machen zu können. Insgesamt scheint die Einhaltung der Best-Practice-Standards eine Fortsetzung der Antibiotika-Therapie nach der Operation zumindest im Hinblick auf Wundinfektionen überflüssig zu machen. Damit unterstützen die Ergebnisse dieser Metaanalyse die Empfehlungen der WHO. Wenn die Antibiotika zum richtigen Zeitpunkt gegeben und abgesetzt werden, können Nebenwirkungen verhindert und die Gefahr der Resistenzbildung reduziert werden. |

 

Literatur

De Jonge SW., Effect of postoperative continuation of antibiotic prophylaxis on the incidence of surgical site infection: a systematic review and meta-analysis, Lancet, 26. Mai 2020

Apothekerin Sarah Katzemich

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