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Nachruf: Wir nehmen Abschied von Dr. Bernd Hünerbein
Bernd Hünerbein wuchs in Halle auf, studierte hier an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg von 1962 bis 1967 Pharmazie und erhielt 1968 die Approbation als Apotheker.
Nach seiner Promotion im Jahr 1974 zu einem technologischen Thema war er zunächst als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der damaligen Sektion Pharmazie beschäftigt, bevor er 1977 seine Arbeit in der Löwen-Apotheke in Naumburg aufnahm.
Mit der Bildung Pharmazeutischer Zentren in der DDR übernahm Dr. Hünerbein die Leitung der Abteilung Herstellung in Naumburg. Hier konnte er sein technologisches Wissen nicht nur praktisch anwenden, sondern immer wieder, z. B. in Gesprächen mit Ärzten, unter Beweis stellen.
Gleichzeitig war er von Beginn seiner Tätigkeit an bestrebt, seine Kenntnisse im Rahmen der Aus- und Fortbildung weiterzugeben. In seiner Abteilung bildete er angehende Apotheker, Pharmazieingenieure und Facharbeiter aus. Darüber hinaus war er als Referent im Fernstudium der Pharmazieingenieure sowie in der Pharmazeutischen Gesellschaft der DDR aktiv.
Es war für ihn Ehrensache, dass er einer der ersten Apotheker war, die die Weiterbildung zum Fachapotheker für Pharmazeutische Technologie abgeschlossen haben.
Die gesellschaftlichen Veränderungen 1989/1990 brachten auch für Dr. Hünerbein eine Neuorientierung. Nach Auflösung der Pharmazeutischen Zentren hatte er in der reprivatisierten Apotheke seiner Frau das gesamte Spektrum der Pharmazie in der öffentlichen Apotheke zu bewältigen.
Nicht mit allen Entwicklungen in der Pharmazie und im Apothekenwesen war er einverstanden, was er auch deutlich kommunizierte und zwar auf einer hohen fachlich-pharmazeutischen Basis.
Mit der Gründung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt 1991 mussten die Aufgaben in der Aus-, Fort- und Weiterbildung neu gestaltet werden. Was lag da näher, als anerkannte und erfahrene Kollegen, so auch Dr. Hünerbein, um ihre Unterstützung zu bitten. Wer den Vollblutapotheker kannte, weiß, dass er sich dieser neuen und zusätzlichen Aufgabe mit ganzer Kraft, mit viel Geduld und Ausdauer widmete:
Als Referent im praxisbegleitenden Unterricht für Pharmazeuten im Praktikum, nicht nur in Sachsen-Anhalt, erläuterte er praktische Rezepturfragen und widmete sich der Dermokosmetik. Er war zugleich Fachprüfer im Dritten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung. Als Weiterbildungsleiter begleitete er einige Apotheker auf dem Weg zum Fachapotheker. In der Weiter- und in der Fortbildung war er ein gern gesehener Referent, vorrangig zu Themen der Arzneimittelherstellung. Die praktische Ausbildung von Pharmazeuten im Praktikum, PTA-Praktikanten und PKA-Anwärtern in der Apotheke war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Einige Zeit war er auch Lehrkraft an der PTA-Schule in Jena. Die Schulstunden bereitete er mit großer Sorgfalt vor.
Auf Vorschlag der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt wurde dieses intensive und langjährige ehrenamtliche Engagement im Jahr 2008 mit der Verleihung der Lesmüller-Medaille durch die Bundesapothekerkammer gewürdigt.
Als Experte für Fragen rund um die Arzneimittelherstellung und das Hygienemanagement hat sich Dr. Bernd Hünerbein in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus große Anerkennung erworben. Er war Mitglied, später Ehrenmitglied, der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD). Als Leiter der Fachgruppe Magistralrezepturen der GD hat er sich für die Standardisierung von Rezepturen sowie für Hygienerichtlinien nach dem Stand des pharmazeutischen Wissens eingesetzt. Dabei arbeitete er auch eng mit den Kollegen des DAC/NRF zusammen.
Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass eine Gruppe engagierter Apotheker die Standardrezepturen (SR) der DDR überprüften und die weitere Nutzung übernehmenswerter Rezepturen durch Zusammenführung mit dem NRF sicherten. Im Ergebnis wurde die Erstausgabe des Taschenbuches NRF/SR veröffentlicht, das inzwischen in der zehnten Ausgabe erschienen ist.
Dr. Hünerbein war darüber hinaus Mitautor des Fotoatlas „Hautkrankheiten im Blick“ (2. Auflage 2007, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart).
Trotz dieser vielen beruflichen und zusätzlichen ehrenamtlichen Pflichten fand der seit seiner Kindheit geschichtsinteressierte Dr. Hünerbein noch die Zeit, sich um die Geschichte der Pharmazie zu kümmern. In der historischen Löwen-Apotheke in Naumburg, die selbst schon ein Denkmal ist, hatte er ein Apothekenmuseum eingerichtet, durch das er Studenten, Schüler und weitere Besucher gern führte. Er war Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Pharmaziehistorische Museen und Sammlungen, deren Fokus auf der Pflege der Ausstellungen und Sammlungen vieler privater Apothekenmuseen liegt. Auf pharmaziehistorischen Tagungen war er ein gern gesehener Gast.
Als langjähriges Vorstandsmitglied der Pharmazeutischen Gesellschaft, Gruppe Halle (1971 – 1989), warb er stets für ein gedeihliches Miteinander von Lehre, Forschung und Praxis. So war es nur konsequent, dass er sich nach 1990 für die Gründung der Vereinigung der Freunde und Förderer des Institutes für Pharmazie (VFFIP) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg einsetzte. Bis 2019 im Vorstand der VFFIP, war es ihm ein besonderes Anliegen, junge Apotheker bei ihrer Qualifizierung zu unterstützen, aber auch die Verbindung der Apotheker in der Praxis zu ihrer Forschungs- und Lehreinrichtung in Sachsen-Anhalt zu fördern.
Dass Dr. Bernd Hünerbein natürlich auch in seiner Heimatstadt Naumburg gut vernetzt war, gehörte für ihn als Selbstverständlichkeit dazu.
Mit Zeit, Kraft und auch Geld setzte er sich für den 1992 gegründeten „Förderkreis für den Naumburger Dom“ (seit 2012 „Verein der Freunde und Förderer der Vereinigten Domstifter zu Merseburg, Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz“) ein. Das war für ihn eine Herzenssache. So konnte er seine Vorstellung von persönlicher Verantwortung realisieren, wie er einmal selbst sagte.
Er gehörte auch zu den Mitinitiatoren des Saale-Unstrut-Vereins für Kulturgeschichte und Naturkunde e. V. Deren jährliche Exkursionen organisierte er viele Jahre lang akribisch und war federführend an der Herausgabe des Vereinsjahrbuches beteiligt.
Nun hat sich der Lebensweg eines stets bescheidenen, zielstrebigen, vielseitig interessierten und hochgeachteten Kollegen vollendet.
Die Apothekerschaft verliert mit Dr. Bernd Hünerbein einen Apotheker, dem die Pharmazie und insbesondere die individuelle Arzneimittelherstellung in der Apotheke sehr am Herzen lag.
Wir sind stolz, dass wir ihn kennenlernen und ein Stück auf seinem Lebensweg begleiten durften. Wir werden Dr. Bernd Hünerbein als einen ganz besonderen Menschen in dankbarer Erinnerung behalten.
Unser ganzes Mitgefühl gilt seiner Frau Monika, seinen beiden Kindern, die als Apotheker die Familientradition fortsetzen, und allen, die ihm nahestanden.
Für die Apotheker Sachsen-Anhalts
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