DAZ aktuell

Reportage beleuchtet „Apothekenkrise“

ABDA-Präsident im Deutschlandfunk zu „Corona-Management“ und Nachwuchssorgen

cel | Radio Deutschlandfunk (DLF) beleuchtet in einem aktuellen Beitrag den Druck, der durch Onlinehandel, Landflucht und Nachwuchssorgen auf den Apothekern lastet. Auch Friedemann Schmidt wurde in der Reportage „Zwischen Corona-Management und Nachwuchssorgen“ befragt. Gut ist, dass der „unfaire Wettbewerb“ zwischen außereuropäischen Versendern und Vor-Ort-Apotheken so auch die Bürger erreicht – zumindest die DLF-Hörer. Aber: Hilft eine gesonderte Vergütung der Versandapotheken, oder könnte der Schuss erst recht nach hinten losgehen?

Am Beispiel eines Landapothekers, Hans-Georg Hannappel, an der deutschen Ostseeküste greift Birgit Augustin vom Deutschlandfunk (DLF) die Nachwuchssorgen der Apotheken vor Ort auf – und nicht nur die. Der besagte Landapotheker sucht im Alter von 63 Jahren und nach 40 Jahren Apothekertätigkeit einen Nachfolger. Seiner Ansicht nach scheuen die junge Leute die finanziellen Risiken der Selbstständigkeit und suchen mehr nach einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Freizeit, berichtet DLF.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sieht Hindernisse auf dem Weg in die apothekerliche Selbstständigkeit vor allem auch darin, dass viele Bereiche in der Apotheke immer detailgetreuer reguliert werden: „Welche Arzneimittel dürfen wann abgegeben werden? Wie erfolgt die Preisgestaltung? Dieses ganze Thema der Rabattverträge, der darauf aufbauenden Regulatorik, die ständige Sorge vor Retaxation (...) durch die Krankenkassen, die die Apotheken stark belasten.“ Hinzu kämen bürokratische Hürden wie Dokumentationspflichten, die Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung sowie die Bonpflicht und das finanzielle Risiko einer Selbstständigkeit.

Ungleicher Wettbewerb

Auch das Problem des ungleichen Wettbewerbs durch außereuropäische Versender wie DocMorris greift der Deutschlandfunk auf – und erklärt den Zuhörern, wo der Hund dabei begraben liegt: „Sie (die Versender, Anm. d. Red.) locken Patienten mit Boni auf verschreibungspflichtige Medikamente: Wer das verordnete Medikament bei ihnen bestellt, bekommt einen Rabatt von 2,50 Euro oder 5 Euro gewährt, der Versand ist kostenfrei. Solche Rabatte sind deutschen Apo­theken verboten – verschreibungspflichtige Medikamente müssen zum Festpreis abgegeben werden.“

„Ein unfairer Wettbewerb“, kommentiert auch der Ostsee-Apotheker Hans-Georg Hannappel diese Zustände. Hier hofft Schmidt, dass sich die Politik „mal klar bekennt“. Dass Apotheken vor Ort systemrelevant sind, hätte spätestens die Coronavirus-Pandemie gezeigt. „Das Apothekensystem mit seinen kleinen, freiberuflichen Einheiten muss erhalten bleiben“, fordert Schmidt im DLF. Es sei mit ein Erfolgsfaktor in der Pandemie gewesen, „dass die Kollegen autonom handeln können, selbstverantwortlich handeln können und nicht warten müssen, bis sie eine Direktive kriegen. Da muss die Politik sich mal klar bekennen, muss sagen: Das wollen wir behalten.“ Und sie müsse endlich dafür Sorge tragen, dass das deutsche Apothekensystem nicht durch den Versandhandel aus dem europäischen Ausland gefährdet werde, fordert der Apotheker-Präsident im DLF-Interview.

Versender anders vergüten?

Clemens Recker vom Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln schlägt beim Ungleichgewicht „Apotheke vor Ort vs. außereuro­päische Versender“ vor: „Zielgerichteter wäre sicherlich eine differenziertere Vergütung. Wenn es Größenvorteile beim Versenden gibt, warum senken wir dann nicht den Vergütungssatz für Versandapotheken? In diesem Fall würden die Kostenersparnisse dann dem gesamten Gesundheitssystem zugutekommen.“

Probleme sieht Recker vor allem bei ländlichen Apotheken, hier könne „der Marktaustritt einer einzigen Apotheke die Versorgungssituation für viele Bürgerinnen und Bürger sicherlich massiv beeinträchtigen“. Hier plädiert er für eine „punkt­genaue Unterstützung“ der einzelnen Apotheken, so komfortabel die Online-Apotheke sei, so wenig helfe der Versandhandel im Notfall, zitiert ihn Deutschlandfunk. Leute, die in 99 von 100 Fällen online bestellen, trügen nicht zum Umsatz der Apotheke vor Ort und damit auch nicht zu deren Existenzsicherung bei – „auf die sie aber im Notfall gerne zurückgreifen möchten“. Es sei sicherlich sachgerecht, darüber nachzudenken, ob man einen solchen Optionsnutzen dann durch fixe Zuschüsse abbilden könnte, überlegt Recker.

Löst das VOASG alle Probleme?

Noch ist das Problem nicht gelöst. Was vom Vor-Ort-Apotheken-Stärkungs­gesetz nach seinem Besuch in Brüssel noch übrig bleibt, ist derzeit auch unklar. Doch auch der DLF ist sich des Risikos bewusst, dass dieses „Gefahr läuft, wegen des Rabattverbots für den Versandhandel vor dem Europäischen Gerichtshof Schiffbruch zu erleiden [und] andere Regelungen wie eine bessere Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen [...] dadurch [drohen], gleich mit unterzugehen“. Dabei liege darin die Stärke der Vor-Ort-Apotheken, nicht nur in der Corona-Pandemie, schließt der DLF. |

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