Aus der Hochschule

Starke Partner für die Wirkstoffforschung

LOEWE-Bescheide für Uni Marburg und TU Darmstadt

Wie wirken Medikamente? Und wie kann man die Wirksamkeit verbessern, damit es kranken Menschen besser geht? Zwei hessische Projekte zur Wirkstoffforschung arbeiten bei diesen Fragen eng zusammen und werden beide von LOEWE, der hessischen LandesOffensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, gefördert. Am Donnerstag, 10. September 2020, überreichte die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst Angela Dorn in Marburg die Bewilligungsbescheide für die LOEWE-Schwerpunkte GLUE und TRABITA.

„Bessere Medikamente mit weniger Nebenwirkungen für so verbreitete Krankheiten wie Diabetes und Herz- und Gefäßkrankheiten sowie zur Bekämpfung von Tumoren, Schmerzen und Entzündungen können vielen Menschen helfen – sie sind das Ziel der Grundlagenforschung der beiden neuen LOEWE-Schwerpunkte“, erklärt Wissenschaftsministerin Angela Dorn. „Mit dieser hohen Relevanz, mit der Nachhaltigkeit der Forschungsansätze und mit der Zusammenarbeit mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen haben die beiden Teams im Wettbewerb um die Förderung des Landes Hessen für wissenschaftliche Exzellenz überzeugt – herzlichen Glückwunsch dazu. Hochschulen müssen heute konsequent Schwerpunkte bilden, um international erfolgreich zu sein. Darin unterstützen wir sie unter anderem mit LOEWE. Die Landesregierung wird die Mittel für dieses Forschungsförderungsprogramm schrittweise von rund 60 Millionen Euro in diesem Jahr auf 100 Millionen Euro im Jahr 2025 erhöhen. Mit den neuen LOEWE-Professuren und dem Format LOEWE-Exploration wollen wir innovativen Forschungs­ideen noch mehr Raum geben.“

Beide LOEWE-Projekte arbeiten an unterschiedlichen Schwerpunkten in der Wirkstoffforschung und haben gleichzeitig viele Berührungspunkte. Im Zentrum steht bei beiden die Er­forschung von Bindetaschen in Pro­teinen. Weniger Nebenwirkungen sind das Forschungsziel von GLUE (G protein-coupled receptor Ligands for Underexplored Epitopes, koordiniert an der Philipps-Universität Marburg). Dafür werden alternative Bindetaschen bei Transmembranproteinen gesucht, denn Arzneistoffe wirken derzeit meist in denjenigen Bindetaschen von Rezeptoren, an die auch körpereigene Botenstoffe (Hormone oder Neurotransmitter) andocken. Die räumlichen Anordnungen der bisher genutzten Bindetaschen sind häufig sehr ähnlich, sodass Arzneistoffe oft zu wenig selektiv sind. Dadurch steigt die Gefahr von Nebenwirkungen. Das Forschungsprojekt GLUE sucht systematisch nach alternativen Bindetaschen an Arzneimittelrezeptoren und erforscht deren Eignung für die Wirkstoffentwicklung.

Foto: Christian Stein

Bescheidübergabe für die beiden LOEWE-Schwerpunkte GLUE und TRABITA: Wissenschaftsministerin Angela Dorn mit den Koordinatorenteams der Schwerpunkte (v. l.): Professor Dr. Peter Kolb (GLUE, Philipps-Universität Marburg), Prof. Dr. Felix Hausch (Koordinator TRABITA, TU Darmstadt), Prof. Dr. Moritz Bünemann (Koordinator GLUE, Philipps-Universität Marburg) und Prof. Dr. Stefan Knapp (TRABITA, Goethe-Universität Frankfurt).

„Um zielgerichtete Arzneimittelwirkungen mit weniger Nebenwirkungen zu verbinden, suchen wir im LOEWE-Schwerpunkt GLUE systematisch nach neuen Bindestellen an ausgewählten Arzneimittelrezeptoren. Hierzu arbeiten Forscher ganz unterschiedlicher Disziplinen aus vier hessischen Standorten zusammen an ausgewählten Rezeptoren, um Grundlagen von der Wirkstoffsynthese über die Strukturaufklärung bis hin zur Testung an Krankheitsmodellen zu erarbeiten“, erklärt Prof. Dr. Moritz Bünemann von der Philipps-Universität Marburg. „Die Förderung von GLUE stärkt die pharmazeutische Forschung in Hessen und ermöglicht die Entwicklung inno­vativer Konzepte für die Arzneimittelentwicklung“, ergänzt Bünemann.

TRABITA (Transiente Bindungstaschen für die Wirkstoffentwicklung, koordiniert an der TU Darmstadt) erforscht die Struktur von flexiblen – transienten – Bindetaschen, um die Wirkung von Medikamenten zu verbessern. Die Struktur eines bestimmten Bindungsortes in diesen Proteinen – der Bindungstasche – zu verstehen, ist wichtig, um die Wirkung von Medikamenten zu verbessern oder manche Medikamente überhaupt erst zu ermöglichen. Wenn es gelingt, Medikamente für solche „transienten Binde­taschen“ zu entwickeln, weisen diese oft deutlich verbesserte Eigenschaften auf.

„Bei TRABITA suchen wir nach Wirkstoffen für Bindungstaschen, die es im Normalzustand gar nicht gibt“, sagt Prof. Dr. Felix Hausch von der Tech­nischen Universität (TU) Darmstadt. „Solche Wirkstoffe ermöglichen einen völlig neuen Zugang zu einer ganzen Reihe von schwerwiegenden Krankheiten wie Krebs, Depression, Schmerz oder Fettleibigkeit.“

Die Sprecherschaft des LOEWE-Schwerpunkts GLUE liegt bei Prof. Dr. Moritz Bünemann aus dem Fachbereich Pharmazie der Philipps-Universität Marburg. Beteiligt sind auch die TU Darmstadt, das Max-Planck-Institut für Herz und Lungenforschung in Bad Nauheim und die Goethe-Universität Frankfurt. Bei GLUE arbeiten Arbeitsgruppen der computergestützten Wirkstoffforschung, der pharmazeutischen Chemie, Biochemie, Strukturbiologie und Pharmakologie zusammen. GLUE wird mit etwa 4,4 Millionen Euro für eine Laufzeit bis 2023 gefördert.

Die Sprecherschaft des LOEWE-Schwerpunkts TRABITA liegt bei Prof. Dr. Felix Hausch aus dem Fachbereich Chemie der TU Darmstadt. Beteiligt sind auch die Goethe-Universität Frankfurt und die Hochschule Darmstadt. TRABITA wird mit etwa 4,5 Millionen Euro für eine Laufzeit bis 2023 gefördert. GLUE und TRABITA arbeiten eng zusammen, um die Forschung an Bindetaschen für Arzneimittel langfristig als innovativen und international sichtbaren Forschungsschwerpunkt in Hessen auszubauen. |

Dr. Gabriele Neumann, Uni Marburg

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