Arzneimittel und Therapie

Für Risiken sensibilisieren

Apotheker können zur Osteoporose-Prophylaxe beitragen – Ein Gastkommentar

Ina Richling, PharmD

Wie schon andere Publikationen zuvor zeigt auch diese Studie, dass orale und auch inhalative Glucocorticoide das Osteoporose-Risiko bei Patienten mit Asthma erhöhen können. Gerade inhalative Glucocorticoide sind jedoch das Rückgrat der Asthma-Therapie und werden von allen Asthma-Leitlinien spätestens ab einem Asthma-Schweregrad II empfohlen. Die inhalative Therapie mit Glucocorticoiden ist die Therapie erster Wahl, Alternativen gibt es keine. Publikationen wie die vorliegende sollten eine breite Veröffent­lichung und Berichterstattung erfahren, um die behandelnden Ärzte dazu zu animieren, über den Tellerrand ihrer Fachrichtung zu schauen und ein mögliches Osteoporoserisiko ihrer Patienten in Betracht zu ziehen. Patienten unter langjähriger, hochdosierter ICS-Therapie sollten als Risikopatienten für Osteoporose gelten und könnten nach Einschätzung dieses Risikos für eine weiterführende Diagnostik z. B. an einen Orthopäden überwiesen werden. Denn diese Fachrichtungen haben sich bereits mit oralen wie auch inhalativen Glucocorticoiden als ­Risikofaktoren für Osteoporose auseinandergesetzt. In der DVO-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose wird zwar nur COPD und nicht Asthma als Grunderkrankung mit speziellen Risiken genannt, allerdings wird der Einsatz von sowohl oralen als auch hochdosierten inhalativen Glucocorticoiden als Risikofaktor definiert, der die Therapieschwelle des T-Score (Maß für die Knochendichte) senkt und somit einen Indikator für eine frühzeitige medikamentöse Osteoporose-Therapie darstellt. Empfehlungen zur Therapie der Osteoporose mit z. B. Bisphosphonaten sind dort also klar geregelt. Weiterhin sollte bei allen Patienten die Zufuhr einer ausreichenden Menge an Calcium und Vitamin D3 sichergestellt werden. Hierbei wird in der DVO-Leitlinie als generelle Osteoporose- und Frakturprophylaxe eine Zufuhr von 1000 mg/Tag Calcium und 800 IE/Tag Vitamin D3 mit der Ernährung empfohlen. Supplemente sollten eingesetzt werden, wenn diese Menge nicht sicher erreicht werden kann. Auch hier kann sich die Apotheke einbringen und Tipps zu Ernährung und Lebensstil geben. Gegebenenfalls kann nach vorheriger Prüfung auf mögliche Interaktionen oder Kontraindikationen die Substitution von Vitamin D3 und Calcium empfohlen werden. Inwieweit eine Osteoporose-Prophylaxe bei allen Asthmapatienten mit inhalativer Glucocorticoid-Therapie sinnvoll wäre, bleibt abzuwarten, da hierzu weitere Studien notwendig sind, um eine ausreichende Evidenz zu belegen.

Kontrolltermine wahrnehmen

Die Forscher der Studie raten, Cor­ticoide in der niedrigst möglichen ­Dosis anzuwenden. Hierfür ist eine engmaschige Überwachung des Patienten notwendig. Sobald Patienten in einem DMP(Disease-Management-Programme)-Programm für Asthma eingeschrieben sind, wird vierteljährlich die Lungenfunktion überprüft und ggf. die Dosis der Medikation angepasst. Zeigt sich dort, dass der Patient ein kontrolliertes Asthma hat, der Entzündungsparameter FeNO unter 15 ppb liegt oder keine bronchiale Hyperreagibilität vorliegt, wird die Dosis des inhalativen Glucocorticoids reduziert. In der Realität werden die Patienten jedoch häufig seit Jahren mit der gleichen Dosierung behandelt, und ein strukturiertes Behandlungsprogramm ist Fehlanzeige. Auch hier kann die Apotheke beraten und speziell Patienten mit einer hochdosierten ICS-Therapie überzeugen, dass eine regelmäßige Überprüfung ihrer Asthmakontrolle und die Teilnahme an Asthmaschulungen im Rahmen eines DMP-Programms sinnvoll sind.

Den Patienten darauf hinzuweisen, die niedrigst mögliche ICS-Dosis ­anzuwenden, ist in den meisten Fällen unnötig oder sogar gefährlich, da dies zu einer akuten Asthma-­Exazerbation führen kann. Im Gespräch aus vielen Medikationsana­lysen mit Asthmapatienten hat sich gezeigt, dass die Patienten häufig selbstständig ihre Corticoid-Dosis reduzieren, ohne davor mit ihrem Arzt gesprochen zu haben.

Da es sich um eine retrospektive Analyse handelt, muss deren Aus­sagekraft mit Bedacht gesehen werden. Retrospektive Analysen sind zwar einfacher durchzuführen, sie neigen aber auch eher zu Verzerrungen als prospektive Studien. Zudem wurde in der Studie lediglich Fluticasonpropionat untersucht, nicht aber Fluticasonfuroat. Trotz gleicher Grundstruktur unterscheiden sich die beiden Ester in ihrer Rezeptor­affinität, was sich auch auf das Osteoporosepotenzial auswirken könnte (s. Kasten „Fluticasonpropionat vs. Fluticasonfuroat“). |

Apothekerin Ina Richling, PharmD

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