Hormonelle Kontrazeptiva

Mehr als nur verhüten

Indikationen jenseits der ovulationshemmenden Wirkung

Die Einführung der oralen Kontrazeptiva zur Empfängnisverhütung erleichterte das Leben von Millionen Frauen. Doch die „Pille“ ist mittlerweile viel mehr als ein hormonelles Verhütungsmittel: Viele Frauen nehmen sie nicht mehr nur, um eine ungewollte Schwangerschaft sicher zu verhindern, sie erhoffen sich darüber hinaus positive kosmetische Effekte auf Haut und Haare, und das Indikationsspektrum der Ovulationshemmer ist mittlerweile breit (Tab. 1). | Von Doris Maria Gruber

Ovulationshemmer und Haut

Auch die Haut ist ein Erfolgsorgan steroidaler Hormone. Deshalb wirkt auch an der Haut ein Ovulationshemmer (OH) durch Unterdrückung der Hormone effizient gegen Hautunreinheiten aller Art. Oft erhalten schon sehr jungen Mädchen, die womöglich noch nicht die Menarche hatten, aus therapeutischen Gründen gegen Pubertätsakne einen Ovulationshemmer (= „Pille“). In diesem Fall sollte man besonders zurückhaltend bei der Verordnung sein. Einerseits behandelt man mit Ovulationshemmern sehr effektiv Akne, allerdings stört man durch die plötzliche hormonelle Ruhigstellung den gerade in der Pubertät befindlichen Organismus und die weitere Etablierung eines physiologischen zyklisch-ovariell gesteuerten Systems. Es findet eine „Hemmung“ statt, wo es möglicherweise noch nichts zu hemmen gibt. Dies kann nachhaltige Folgen haben.

Zu den häufigsten dermatologischen Veränderungen, die unter der Einnahme von Ovulationshemmern entstehen, gehören Chloasmen. Man versteht darunter gelblich-braune Flecken, die vor allem im Gesicht, aber auch am Körper auftreten können. Sonneneinstrahlung hat bei prädisponierten Frauen, die gleichzeitig einen Ovulationshemmer anwenden, einen verstärkenden Einfluss auf die Manifestation von Chloasmen. Aus diesem Grund empfiehlt man diesen Frauen, die Einnahme auf den Abend zu verlegen, da unmittelbar nach dem Schlucken die Steroid-Konzentration im Serum am höchsten ist, und man direkte UV-Strahlung möglichst meiden oder zumindest sich gut davor schützen sollte. Einmal entstandene Chloasmen wieder völlig zu entfernen, ist eine große dermatologische Herausforderung.

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Schöne Haut Viele Frauen nutzen die „Pille“, um eine reine Haut zu erhalten. Durch die antiandrogene Wirkung wird die Talgproduktion gehemmt.

Ovulationshemmer, depressive Verstimmung und prämenstruelles Syndrom

Die Beeinflussung von Neurotransmittern durch Steroide gilt als gesichert, und es scheint einen engen Zusammenhang zum GABA-Rezeptor zu geben. Bei vielen Frauen verbessert die Gabe der „Pille“ durch die Verhinderung von Hormonschwankungen die psychische Stabilität, aber auch das Gegenteil kann eintreten. Da Progesteron am GABA-­Rezeptor bindet und die Wirkung der Gamma-Aminobuttersäure verändern kann, kommt dem physiologischen Progesteron ein zentral sedierender Effekt zu. Kommen Gestagene zum Einsatz, werden oft Müdigkeit, Reizbarkeit, Depression und Nervosität bei Anwendung von Ovulationshemmern beobachtet. Aber auch die Unterdrückung der Androgenspiegel durch Ovulationshemmer macht sich bei manchen Frauen in Form eines Stimmungstiefs bemerkbar. Man kann dem Auftreten dieser unangenehmen Nebenwirkungen durch Verordnung eines Estrogen-betonten Ovulationshemmers in manchen Fällen Abhilfe schaffen.

Es gibt nur wenige Mädchen und Frauen, die nicht schon mit dem prämenstruellen Syndrom (PMS) Bekanntschaft gemacht haben. Eine pathophysiologische Erklärung dafür liegt im endokrinen Geschehen während der zweiten Zyklushälfte. Das Beschwerdebild kann monosymptomatisch oder polysymptomatisch sein. Bei stark die Lebensqualität beeinträchtigendem prämenstruellem Syndrom, das bis zur schweren prämenstruellen Dysphorie gehen kann (PMDD, premenstrual dysphoric disorder), und gleichzeitig erforderlichem Empfängnisschutz stellt die Anwendung von Ovulationshemmern, besonders jene, die den einnahmefreien Intervall verkürzt haben, eine gute therapeutische Option dar. Die Anwendung in der Pubertät scheint allerdings wieder problematisch zu sein, wie eine aktuelle Studie zeigt. Jene Mädchen, die schon sehr früh Ovulationshemmer genommen haben, neigten als Erwachsene vermehrt zu Depressionen und zu suizidalen Gedanken.

Ovulationshemmer und Effluvium

Durch die Unterdrückung der hormonellen Schwankungen im Monatszyklus mittels Ovulationshemmer werden auch die Haare „geschützt“, und die meisten Frauen berichten über eine schöne und stabile Haarpracht. Es wird beides unterdrückt: die Androgene und die Estrogene. Vor allem durch die Unterdrückung der Androgene kann Haarausfall effizient gestoppt werden. Dies ist aber nur transient der Fall, das heißt während der Einnahme, und hält selten nach Absetzen des Ovulationshemmers über einen längeren Zeitraum hinaus an.

Sehr selten klagen Frauen, dass es unter der Einnahme oraler Kontrazeptiva zu Haarausfall kommt. Ethinylestradiol wirkt anfänglich positiv auf die Anaphase des Haarzyklus. Allerdings kann bei langer Anwendung von Ovulationshemmern (> sieben bis zehn Jahre) durch ein völliges Absinken des ovariellen 17-beta-Estradiols lokal ein relativer Hormonmangel entstehen, der durch das Ethinylestradiol nicht ausgeglichen werden kann und Haarausfall verursacht. Als kausale Therapie wäre das Absetzen des Ovulationshemmers zu überlegen. Oft kommt es dann erst recht zu Haarausfall, wobei sich dieser nach ein paar Monaten wieder beruhigt. Geduld ist notwendig. Es ist außerdem bekannt, dass es unter der Einnahme oraler Kontrazeptiva zu einer Verarmung an Folsäure und Cobalamin kommen kann. Beide Substanzen sind für den Haarzyklus notwendig, sodass eine Substitution therapeutisch zu überlegen wäre.

Ovulationshemmer und Körpergewicht

Für viele Frauen ist die Zunahme des Körpergewichtes, das bei den niedrigdosierten Ovulationshemmern kaum zu registrieren ist, ein großes Problem. Vereinzelt findet man tatsächlich Anwenderinnen, bei denen entweder der Appetit steigt oder die Metabolisierung der Nahrung so verändert ist, dass es tatsächlich zu einer merklichen Gewichtszunahme kommt. Es empfiehlt sich, diesen Frauen während der ersten sechs Wochen der Einnahme der Ovulationshemmer zu raten, auf ihr Essverhalten genau zu achten. Die Anwendung von Ovulationshemmern, die der vermehrten Wassereinlagerung entgegenwirken, führt bei den Betroffenen oftmals zu einer Stabilisierung des Körpergewichts. Pro­blematisch ist die Fragestellung Ovulationshemmer und Körpergewicht erneut in der Pubertät zu sehen. Dies ist ein „gewichtstechnisch“ sensibler Zeitraum und sollte hormonell störungsfrei ablaufen.

Übergewicht ist weltweit ein zunehmendes Problem. Ob das erhöhte Verteilungsvolumen und die dadurch veränderte Stoffwechselsituation zu einer verringerten Wirksamkeit von Ovulationshemmern und in weiterer Folge zu ungewollten Schwangerschaften führen kann, wurde 2010 analysiert (Cochrane Database of Systemic Reviews 2010). Der Analyse liegen sieben Berichte zugrunde, die Daten aus elf Studien mit über 39.500 Frauen enthielten. Eine von drei Studien mit Angabe des Body-Mass-Index (BMI) ergab ein erhöhtes Schwangerschaftsrisiko für Frauen mit Übergewicht und Fettleibigkeit (BMI > 25) im Vergleich zu normalgewichtigen Frauen. In dieser Studie hatten die Frauen entweder Hormonpflaster oder orale Ovulationshemmer verwendet. Durch die zunehmende Adipositas häufen sich auch bariatrische Eingriffe bei Frauen im gebärfähigen Alter. Diese chirurgischen Eingriffe reduzieren nicht nur die Fettleibigkeit, sondern auch die Resorption von Medikamenten im Magen-Darm-Trakt. Es betrifft auch die Resorption oraler Ovulationshemmer. In den Jahren nach einem bariatrischen Eingriff sollten betroffene Frauen aus diesem Grund zu anderen sicheren Verhütungsmethoden greifen.

Tab. 1: Präparate mit besonderer Indikation [Lauer Fischer Taxe, Stand; 16. November 2020]
Gestagen-Komponente
Estrogen-Komponente
Präparat (Beispiele)
Indikation: Hormonmangel bei postmenopausalen Frauen
Medroxyprogesteronacetat 2,5 mg
Estradiolvalerat 1 mg
Indivina
Drospirenon 2 mg
Estradiol 1 mg
Angeliq
Phase 1
11 Tabletten
Phase 2
10 Tabletten
Phase 1
11 Tabletten
Phase 2
10 Tabletten
Climen
Cyproteronacetat 1 mg
Estradiolvalerat 2 mg
Estradiolvalerat 2 mg
Norethisteronacetat 0,5 mg
Estradiol-0,5-Wasser 1,03 mg (≙ 1 mg Estradiol)
Activelle
Norethisteronacetat 0,5 mg
Estradiolvalerat 1,31 mg (≙ 1 mg Estradiol)
Cliovelle, Estramon comp.
Dienogest 2 mg
Estradiolvalerat 1 mg (≙ 0,76 mg Estradiol)
Estramon plus Dienogest, Ladivella, Lafamme 1, Velbienne
Dienogest 2 mg
Estradiolvalerat 2 mg (≙ 1,53 mg Estradiol)
Climodien 2, Lafamme 2
Indikation: Akne und Hirsutismus bei erhöhter Androgenempfindlichkeit
Cyproteronacetat 2 mg
Ethinylestradiol 35 µg
Bella Hexal, Cyproderm, Diane 35, Jennifer 35, Juliette, Morea Sanol
Indikation: Endometriose
Dienogest 2 mg
Diemono, Dienvue, Dyonelle, Endovelle, Verybel Hexal, Visanne, Visanette, Zarfilla

Ovulationshemmer und Endometriose

Durch die Unterdrückung der endogenen Hormonschwankungen mit Ovulationshemmern kommt es auch zur „Ruhigstellung“ von Endometriose-assoziierten Beschwerden. In vielen Fällen können die durch Endometriose bedingten Schmerzen (Dysmenorrhö, Meno-Metrorrhaghien, unspezifische Unterbauchschmerzen) gelindert werden. Die Gabe von Ovulationshemmern stellt keine kausale Therapie dar und hat auch keinen weiteren Einfluss auf die oft vorhandene Sterilitätsproblematik von Endometriosepatientinnen. Oft wird ein Ovulationshemmer zur Ruhigstellung der Ovarien im Vorfeld einer In-Vitro-Fertilisation eingesetzt. Frauen mit Endometriose, welche die Einnahme von Ovulationshemmern wünschen, wird man ein Estrogen-armes und gleichzeitig Gestagen-betontes Produkt oder eine reine Gestagen-Therapie empfehlen. Am Markt befinden sich derzeit Gestagen-only-Produkte mit dem Wirkstoff Dienogest (2 mg) für die Indikation Endometriose.

Ovulationshemmer und Sicca-Symptomatik

Frauen, die unter Ovulationshemmern eine trockene Scheide oder eine Conjuntivitis sicca entwickeln (Zitat 1: „Seitdem ich die ,Pille‘ nehme, werde ich nicht mehr feucht“; Zitat 2: „Seitdem ich die ,Pille‘ nehme, vertrage ich meine Kontaktlinsen nur mehr sehr schlecht“), sollten eher ein Estrogen-betontes Präparat wählen. Da oft die antiandrogene Partialwirkung sehr stark auf die Unterdrückung der Schleimdrüsenaktivität und Lubrifikation wirkt, ist diese – bei manchen Anwenderinnen wiederum erwünschte – Symptomatik zu erklären.

Libidoverlust und Zelluliteentwicklung unter Ovulationshemmern werden immer wieder von den Frauen beklagt. Auch diese Nebenwirkungen sind auf die Unterdrückung der Testosteron-Produktion zu erklären und lassen sich durch einen wohlüberlegten Präparatewechsel lindern. Manchmal hilft wiederum nur das Absetzen, und die Beschwerden verschwinden.

Ovulationshemmer und Thrombose

Schon zu Beginn der 1960er-Jahre war die Verunsicherung groß, weil unter Ovulationshemmern vermehrt Schlaganfälle und Beinvenenthrombosen aufgetreten sind. Es wurden sofort die Inhaltsstoffe des neu eingeführten Produktes verdächtigt, und intensive Forschungsarbeit begann. Eine Tatsache ist bis heute unbestritten, dass Ovulationshemmer in Kombination mit den Risikofaktoren Rauchen und Übergewicht eine problematische Kombination darstellen.

Bei Frauen, die keine Ethinylestradiol-haltigen Präparate verwenden, ist nach heutiger Datenlage mit einer Thromboserate von fünf bis zehn Thrombosen pro 100.000 Frauenjahre zu rechnen. Die Einnahme von Ovulationshemmern erhöht das Risiko auf 30 pro 100.000 Frauenjahre. Zum Vergleich: Eine Schwangerschaft ist mit 60 Thrombosen pro 100.000 Frauenjahre verbunden. Verwendung von Ovulationshemmern und Rauchen erhöht das Thromboserisiko um das 10- bis 15-Fache. Des Weiteren können Ovulationshemmer bei prädisponierten Frauen sowohl den systolischen als auch den diastolischen Blutdruck um 5 bis 8 mmHg erhöhen.

Einzelne Thrombosefälle, die unter der Anwendung oraler Ovulationshemmer aufgetreten sind und intensiv diskutiert wurden, ließen den Eindruck entstehen, dass jede Frau, die die „Pille“ nimmt, thrombosegefährdet wäre. Tatsächlich findet man eine derartige Thromboseinzidenz, wie sie zuletzt den Präparaten der dritten Gestagen-Generation angelastet wird, bei jedem neuen hormonellen Präparat, das auf den Markt kommt. Auch die Ovulationshemmer der zweiten Gestagen-Generation wiesen die gleiche Thromboseinzidenz auf, wie zuletzt die Kontrazeptiva der dritten Generation. Dies unterstreicht, dass es nicht nur die Inhaltsstoffe der oralen Kontrazeptiva sind, die für die Thrombose verantwortlich gemacht werden können, sondern die individuelle Verträglichkeit. Frauen mit Risikofaktoren, vor allem aber Raucherinnen und Übergewichtige, dürfen nur mit größter Zurückhaltung und exakter Information Ovulationshemmer verordnet bekommen. Sollte nach genauestem Überlegen doch die Entscheidung für einen Ovulationshemmer fallen, ist ein „Gestagen-only“-Präparat vorzuziehen.

Die Anamnese ist auch bei der Fragestellung nach dem individuellen Thromboserisiko sehr hilfreich: Berichtet die betroffene Frau, dass sie bereits in jungen Jahren an einer Thrombose litt oder dass ein Elternteil vor dem 30. Lebensjahr ebenfalls eine Thrombose hatte, so kann dies als Hinweis dafür gelten, dass die Frau thrombosegefährdet ist und eine andere Art der Empfängnisverhütung wählen sollte.

Die Bestimmung der Aktivierte-Protein-C-Resistenz (APC-Resistenz) ist eine zusätzliche Information, die dem Arzt nebst der Anamnese eine Entscheidungshilfe sein kann, ob er einen Ovulationshemmer verschreiben soll oder nicht. Liegt ein pathologischer APC-Resistenz-Wert (Prävalenz 3% bis 7% der Bevölkerung) vor, das heißt ist die Ratio kleiner als 2,35 (vgl. Referenzwerte des Labors), so sollte einerseits eine weitere hämatologische Abklärung erfolgen (Verdacht auf Mutation des Gerinnungsfaktors, Faktor-V-Leiden), und andererseits ist von einer Gabe von kombinierten Ovulationshemmern abzuraten. Betroffene weisen ein acht- bis zehnfach gesteigertes Risiko auf, eine Thrombose zu entwickeln. Die Verordnung von Gestagen-only-Präparaten ist möglich.

Es muss noch einmal unterstrichen werden, dass es nicht nur das Präparat selbst ist, das Probleme, Nebenwirkungen und Interaktionen verursacht, sondern die unsachgemäße und sorglose Verschreibung sowie Verabreichung. Besonders die Kombination der Kontrazeptiva mit den Risikofaktoren Rauchen, Alkohol und Übergewicht stellt eine sehr kritische Konstellation dar und gefährdet die Gesundheit der Frau.

Ovulationshemmer und Migräne

In diesem Zusammenhang zeigt die Ovulationshemmung eine ambivalente Wirkung. Es gibt Anwenderinnen, die erst durch die Einnahme von Hormonpräparaten Migräne entwickeln, und jene, die durch die Einnahme von Ovulationshemmern von ihrem oft lange schon bestehenden Leiden befreit werden. Ein Spezifikum scheint der Kopfschmerz während der einnahmefreien Tage (meist sieben Tage) zu sein. Die Ursache dürfte im Estrogen-Entzug nach Einnahme des letzten Dragees liegen. Die individuelle Abklärung der Situation ist wichtig, um möglicherweise durch die kurzzeitige Anwendung eines niedrigdosierten Estrogen-Pflasters zu dieser Zeit Linderung zu verschaffen. Eine weitere Option wäre die Ovulationshemmer-Anwendung im Langzeit­zyklus. Auch ein Gestagen-only-Ovulationshemmer kann Kopfschmerzen/Migräne verbessern. Kommt es zu einer Dauerverschlechterung der Migräne unter der Anwendung von „Pille & Co“, ist das Absetzten dringend anzuraten, da die permanente Hormon­unterdrückung nachteilig sein kann.

Ovulationshemmer und das polyzystische Ovarial-Syndrom

Ovulationshemmer werden vielfach Patientinnen mit polyzystischem Ovarial-Syndrom (PCO-S) als „Therapie“ verordnet. Die antiandrogenen Bestandteile der „Pille“ bewirken auch tatsächlich, dass die polyzystisch imponierenden Ovarien im Ultra­schall nicht mehr oder deutlich weniger darzustellen sind. Die zuvor amenorrhoische Patientin blutet regelmäßig, stabilisiert ihr Körpergewicht, die hyperandrogenämischen Stigmata verschwinden – und alle sind zufrieden. Wird der Ovulationshemmer allerdings von der Patientin nach einigen Jahren der Anwendung wieder abgesetzt, dauert es nicht lange, und die ursprünglichen Probleme stellen sich erneut ein. Diese klinische Tatsache ist jedem, der solche Patientinnen betreut, wohlbekannt. Die vermeintliche Therapie war nicht – wie von beiden Seiten erhofft – kurativ wirksam, sondern vielfach nur „Kosmetik“ zur Zyklusstabilisierung.

Beim endokrinologischen Erklärungsversuch des Phänomens polyzystisches Ovarial-Syndrom stellt sich die Frage, ob wirklich die Androgene schuld sind? Was haben Ovulationshemmer damit zu tun? So unerfreulich die Auswirkung der männlichen Hormone für das Hautbild des jungen Mädchens sind, so wichtig ist deren Wirkung am Eierstock, und umso schlechter ist deren Unterdrückung zum Zeitpunkt der Pubertät. Nicht nur, dass der Eierstock in seiner Aktivität gestört wird, es wird auch die Gebärmutter im Wachstum behindert, wenn Hormone zur Blockierung der Eierstock­aktivität (sic) verabreicht werden. Im Englischen würde man sagen: Es kommt zum „freezing“, oder es entsteht ein „screenshot“ (Ultraschall!), wenn Ovulationshemmer angewendet werden. Der Eierstock (und auch der Uterus) verharrt bei hormoneller Ruhigstellung in dem Zustand, in dem er gerade ist. Meist ist es eben das polycystische-multifollikuläre Stadium – mitten in der Pubertät. Er verbleibt dort so lange, bis die hormonelle Unterdrückung wieder wegfällt, und setzt dann seine Aktivität fort ... oder auch nicht!

Die klinische Empirie der letzten Jahrzehnte lässt die Vermutung wachsen, dass durch die frühzeitige (pubertäre) Unterdrückung der Eierstockaktivität mithilfe von Ovulationshemmern aller Art als eine der Ursachen für das gehäufte Auftreten verschiedener Varianten des polyzystischen Ovarial-Syndroms anzunehmen ist. So verständlich der Wunsch eines pubertierenden Mädchens nach einem schönen, ebenmäßigen Hautbild ist, so schlecht sind die Auswirkungen der Unterdrückung der männlichen Hormone (und in weiterer Folge der weiblichen) zu diesem Zeitpunkt für die Etablierung der hormonellen Achsen zwischen Hypothalamus, Hypophyse, Eierstock, Gebärmutter und Fettgewebe. Wie immer ist es der richtige oder falsche Zeitpunkt im Leben. Je nachdem, wo die hormonelle Entwicklung gerade angekommen ist und unterbrochen wird, ergibt sich das eine oder andere – klinisch sehr vielschichtige – Bild des polyzystischen Ovarial-Syndroms und vielleicht noch viele weitere, feinste individuelle endokrin-pathologische Schattierungen.

Leider sind zu diesen Fragestellungen keine Studiendaten verfügbar. Ein Grund, warum dem so ist, lässt sich nur vage vermuten. Wahrscheinlich liegt es zum einen am oft sehr jungen Alter der Anwenderinnen (Zustimmung für klinische Studien ab einem Alter > 18. Lebensjahr) und zum anderen an der Tatsache „sex beats reproductive health“. Die Fragestellung von unerwünschten Teenagerschwangerschaften ist der Autorin bewusst, ist aber nicht Thema dieses Beitrages.

Ovulationshemmer und Schilddrüse

Die Ergebnisse bei der Literatursuche zum Thema Schilddrüse und Ovulationshemmer sind nicht sehr ergiebig, und die wenigen Sätze, die in den Publikationen zu diesem Thema zu finden sind, negieren einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Ovulationshemmern und Schilddrüsenfunktionsstörung. Diese Tatsache steht im Kontrast zur klinischen Beobachtung, dass einerseits Schilddrüsenerkrankungen bei Frauen häufiger vorkommen als bei Männern und andererseits, dass durch die durch Ethinylestradiol vermittelten Veränderungen der Bindungsproteine und die Unterdrückung der Hypophyse ein endokriner Zusammenhang zwischen Ovulationshemmer und Schilddrüse besteht. Eine weitere klinische Beobachtung legt einen Zusammenhang zwischen Ovulationshemmern und Schilddrüse nahe. Bei vielen Frauen wird nach Absetzen von Ovulationshemmern eine Unterfunktion der Schilddrüse diagnostiziert - oft im Zuge der Kinderwunschabklärung. Auch junge Mädchen entwickeln häufig in der Pubertät eine Schilddrüsenunterfunktion, während sie zeitgleich Ovulationshemmer nehmen. Auch zu dieser interessanten Fragestellung findet sich bedauerlicherweise keine wissenschaftliche Literatur. Ein Hauptgrund wird wohl ebenfalls die Tatsache sein, dass es sich um unter 18-Jährige handelt und diese nicht in Studien eingeschlossen werden, obwohl sie aber Ovulationshemmer im großen Stil – weltweit – in den Jahren der Pubertät anwenden.

Ovulationshemmer und Cervix

Eine groß angelegte Reanalyse epidemiologischer Daten zur Klärung der Frage, ob Ovulationshemmer einen Einfluss auf die Entstehung des Cervixkarzinoms haben, kommt zur Erkenntnis, dass grundsätzlich ein Zusammenhang zwischen der langjährigen Anwendung von Ovulationshemmern und der Cervixkarzinom-Inzidenz besteht, die „Pille“ per se aber eher kein Risiko birgt. Es geht dabei um einen Anwendungszeitraum von zehn Jahren und mehr. Für die Praxis der Patientenbetreuung wichtiger ist das individuelle Risiko. Dies variiert stark mit der Inanspruchnahme der Vorsorgemaßnahmen und hängt zusätzlich von zahlreichen anderen Faktoren ab. Unzweifelhaft ist der kausale Zusammenhang von High-Risk-HPV-Infektionen und Promiskuität. Wobei HPV-Infektion und Promiskuität tatsächlich in einem Atemzug zu nennen sind. Die wissenschaftlich offenen Fragen, wo unter anderem der Angriffspunkt der Hormone im Verlauf der viralen Onkogenese zu suchen ist, bedürfen noch der Klärung. In Kenntnis dieser Information sollte bei der Verordnung von Ovulationshemmern die individuelle Lebenssituation der Anwenderin genau besprochen werden, damit die Verunsicherung klein gehalten wird. Die Anwenderinnen mögen zunehmendes Augenmerk auf die Durchführung der Vorsorgeuntersuchung legen, und die Möglichkeit der HPV-Impfung als präventive Maßnahme sollte jeder Frau bekannt sein und sollte auch genützt werden.

Ovulationshemmer und Brust

Obwohl der Zusammenhang zwischen Ovulationshemmern und Brustkrebs nicht als erwiesen angesehen werden kann, sollte man aus Sicherheitsgründen behutsam vorgehen. Dies heißt, dass auch die Frage nach einem hereditären Mammakarzinom in die Anamnese vor der Verschreibung von hormonellen Verhütungsmethoden einfließen sollte. Liegt eine diesbezügliche Belastung vor, so sollte man vermeiden, der betroffenen Frau vor dem 18. Lebensjahr bzw. über eine Dauer von zehn Jahren Ovulationshemmer zu verordnen. Mit diesen beiden Maßnahmen verringert man ein mögliches Risiko, das aber noch nicht als gegeben angesehen werden kann. Trotzdem ist es sinnvoll, aus Sicherheitsgründen restriktiv vorzugehen. Studien diesbezüglich lassen noch keine einheitliche und eindeutige Empfehlung zu. Bekannt ist allerdings, dass „Pillen“-Anwenderinnen ein statistisch signifikant geringeres Risiko für Karzinome des Dickdarms, des Rektums, des Uterus und der Ovarien haben. Umgekehrt scheint sich das Risiko bei „Pillen“-Anwenderinnen allerdings für die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs darzustellen. Dieses liegt bei „Pillen“-Anwenderinnen etwas höher. Man findet auch bei Frauen, die Kontrazeptiva verwenden, ein vermehrtes Auftreten von Infektionen mit humanen Papilloma-Viren (HPV), was eine Partialerklärung für das Problem sein könnte.

Ovulationshemmer und Langzeitzyklusgabe

Stimmt es, dass man durch die Langzeitzyklusgabe eine Situation nachahmt, die bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts aufgrund der häufigen Schwangerschaften und langen Stillperioden ganz allgemein bestand? Durch die Ausdehnung von amenorrhoischen Phasen hatten die Frauen vor 100 Jahren nur ca. 140 Menstruationszyklen während ihres gesamten Lebens – heute sind es rund 450. Wenn man die Ausführungen, die schon zu den Ovulationshemmern im Text geschrieben wurden, weiter überlegt, lautet die Antwort nein. Es ist nicht derselbe physiologische Zustand, den der weibliche Körper durch Schwangerschaft und Stillzeit durchmacht, wie es durch Ovulationsunterdrückung geschieht. Deshalb sollte man mit einer allgemeinen Empfehlung an Mädchen, in der Pubertät sofort Ovulationshemmer im Langzyklus zu nehmen oder eine Hormonspirale anzuwenden, um gar keine Menstruationsblutung zu haben, vorsichtig sein. Es gibt aber Situationen im Leben der Frau, wo eine solche Therapie durchaus sinnvoll sein kann (Tab. 2). Für die Einnahme von Ovulationshemmern im Langzeitzyklus (oder die Anwendung einer Hormonspirale) spricht z. B. die geringere Anzahl beschwerlicher Phasen im Leben einer Frau, wenn ihr Dysmenorrhö, zyklusabhängige Migräne und/oder andere Zyklusbeschwerden (Hypermenorrhöen) zu schaffen machen. Ausgedehnte Urlaubsreisen und sportliche Wettkämpfe wären ein weiterer Grund für die Langzeitzyklus­anwendung von Ovulationshemmern. Die Ruhigstellung (= Hemmung) der hormonellen Schwankungen kann auch ein Segen sein! Ein möglicher Unsicherheitsfaktor könnte bei der Langzeitzyklusanwendung von Ovulationshemmern sein, dass mangels entsprechender Monatsblutung eine Schwangerschaft erst spät bemerkt wird. Mit einem Pearl-Index von 1,26 ist die Sicherheit der Langzyklusgabe von oralen Ovulationshemmern etwas geringer.

Tab. 2: Langzyklus-Präparate (Beispiele)
Wirkstoffe
Präparat
Phase 1: 84 Tabletten
Levonorgestrel 150 µg
Ethinylestradiol 30 µg
Phase 2: 7 Tabletten Ethinylestradiol 10 µg
Seasonique
Phase 1: 84 Tabletten
Levonorgestrel 125 µg
Ethinylestradiol 30 µg
Phase 2:
7 Tage Einnahmepause
Evaluna Langzyklus
Phase 1: 84 Tabletten
Levonorgestrel 150 µg
Ethinylestradiol 30 µg
Phase 2: 7 Tage Einnahmepause
Asumate Langzyklus
Phase 1: 24 Tabletten, bis zu 120 Tage kontinuierliche Einnahme
Drospirenon 3 mg
Ethinylestradiol 20 µg
Phase 2: 4 Tage Einnahmepause
Velmari Langzyklus

Ovulationshemmer mit naturidentem Estrogen

Aus Umfragen weiß man, dass als oberster Wunsch an ein „Pillen“-Präparat immer wieder die „Natürlichkeit“ steht. Was so viel bedeutet wie: mit Hormonen verhüten „Ja“, aber dann bitte mit den „körpereigenen“. Es gibt zwei Ovulationshemmer, die dieses Kriterium erfüllen. Ein Produkt beinhaltet Estradiolvalerat und Dienogest mit einem Step-up / step-down-Dosierungsschema (Qlaira). Ein weiteres Produkt besteht aus natürlichem Estrogen in Kombination mit dem Gestagen Nomegestrolacetat (Zoely). Die Zyklus­stabilität kombiniert mit einer guten Verträglichkeit und einem niedrigen Pearl-Index (0,40) ist auch bei dieser Form der Ovulationshemmung gewährleistet.

Orale Gestagen-only-Ovulationshemmer

Dabei handelt es sich um eine Estrogen-freie Anwendung eines einzigen Hormons. Bei dieser Form der Ovulationshemmung wird jeden Tag und ohne Pause das Gestagen Desogestrel oder Drospirenon oral eingenommen (z. B. Desogestrel 75 µg: Cerazette, Chalant, Desirett, Desofemono, Diamilla, Evekadin, Feanolla, Jubrele, Simonette, Solgest, Yvette-Ratiopharm). Die Hauptangriffspunkte der „Estrogen-freien“ hormonellen Ovulationshemmung sind vor allem der Cervix­schleim und das Endometrium. Die Estrogen-abhängige Öffnung des Cervikalkanals sowie die vermehrte Produktion des Cervixschleimes fehlen, und die physiologische Transformation des Endometriums wird gestört. Allerdings kommt es bei ca. 40% der Anwenderinnen zu einer Ovulation. Da in weiterer Folge auch der tubare Eitransport gestört ist und die Gonadotropin-Fluktuation verändert ist, wirkt die „Minipille“ ovulationsunterdrückend. Die hypophysäre-ovarielle Achse wird im Gegenzug dazu weniger stark blockiert, als es bei einem Kombinationspräparat der Fall ist. Bei der oralen Gestagen-only-Ovulationshemmung muss die tägliche Einnahmezeit exakt eingehalten werden, und die Aufklärung über den Verlust der Zykluskontrolle muss erfolgen. Bei der vaginalen Ultraschallkontrolle fällt bei oraler Gestagen-only-Verhütung das vermehrte Auftreten von Ovarialzysten auf, die allerdings in den meisten Fällen nach Absetzen reversibel sind. Alle Gestagen-only-Methoden eignen sich auch für stillende Frauen.

Drospirenon-only-Ovulationshemmer

Mit einem 24/4-Schema und einer Dosierung von 4 mg Drospirenon wurde an 18- bis 45-jährigen Frauen Studiendaten erhoben. Der Pearl-Index bei korrekter Anwendung liegt bei 0,73. Entzugsblutungen traten im viertägigen hormonfreien Intervall in den ersten Anwendungsmonaten bis zu 40% auf und reduzierten sich nach neun Monaten auf 20%. In den bisher vorliegenden Daten traten keine thrombo-embolischen Komplikationen auf. Auf den Elektrolythaushalt (antimineralocorticoide Wirkung!) sollte vermehrt geachtet werden.

Langzeit-Ovulationshemmung mit Depot-­Gestagenen (Depot-Gestagen-only-Verhütung)

Zu dieser Gruppe zählen die i.m.- bzw. s.c.-Applikation des Depot-Gestagens Medroxyprogesteronacetat (in zwei Dosierungen erhältlich), die subkutane Platzierung des Gestagenstäbchens (Etonogestrel) und die intrauterine Einlage der Gestagen-haltigen Spiralen (Levonorgestrel) (Tab. 3).

Depot-Gestagene bewirken ebenfalls eine Ovulationshemmung mit gleichzeitiger Amenorrhö. Die Indikationen zu diesen Methoden sollten sehr individuell, nicht zu früh und wohlüberlegt gestellt werden. Sie sind bevorzugt zu wählen, wenn es Kontraindikationen für Estrogen-haltige Präparate gibt.

Tab. 3: Langzeit-Ovulationshemmung mit Depot-Gestagenen (Beispiele) [Lauer Fischer Taxe, Stand; 16. November 2020]
Wirkstoff
Präparat
Dreimonatsspritze
Medroxyprogesteronacetat 150 mg
Depo Clinovir
i.m. Injektion
Medroxyprogesteronacetat 104 mg
Sayana
s.c. Injektion
Intrauterinpessare
Liegedauer maximal fünf Jahre
Levonorgestrel 19,5 mg
≙ (Initialdosis) 17,5 µg/Tag
Kyleena
Levonorgestrel 52 mg
≙ (Initialdosis) 20 µg/Tag
Levosert
Levonorgestrel 52 mg
≙ (Initialdosis) 20 µg/Tag
Mirena
Liegedauer maximal drei Jahre
Levonorgestrel 13,5 mg
≙ (Initialdosis) 14 µg/Tag
Jaydess

 

i.m./s.c Depot-Gestagen-only-Verhütung
Medroxyprogesteronacetat (MPA) wird seit vielen Jahren als Depotpräparat verwendet. Die neue Formulierung enthält im Vergleich zur altbewährten Dreimonatsspritze eine um 31% geringere Hormondosis und wird alle drei Monate (13 Wochen +/- 7 Tage) subkutan in den Oberschenkel bzw. in das abdominale Fettgewebe appliziert. Innerhalb weniger Stunden wird eine stabile Serumkonzentration erreicht. In Studien mit 104 mg Medroxyprogesteronacetat konnte ein Pearl Index von 0 erreicht werden, wobei auch festgestellt wurde, dass im Unterschied zu oralen und transdermalen Verhütungsmethoden das Körpergewicht keine Rolle spielte. Ein BMI von < 25 bis > 30 zeigte keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Methode. Bei einer Langzeitdepot-Gestagen-­Verabreichung, die in frühen Jahren begonnen wird, ist es wichtig, auf die Knochendichte zu achten. Je vollständiger bei jungen Frauen bereits die Peak-Bone-Mass aufgebaut wurde, umso weniger ungünstig wirkt sich Medroxyprogesteronacetat auf den Knochen aus. Die Ursache liegt in der dauerhaften Anwendung des Gestagens, bei dadurch bedingter verringerter endogener Estrogen-Produktion. Auf der Basis einer umfassenden Evaluierung der vielfältigen Studien zum Thema Knochendichte und Depot-Gestagen kam die WHO zum Schluss, dass es keinen Grund zur Beschränkung in der Anwendung und Dauer von Medroxyprogesteronacetat bei Frauen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren gibt. Bei allen Gestagen-only-Methoden kann das individuelle Blutungsmuster bei den Anwenderinnen nicht vorhergesagt werden. Tendenziell nimmt aber die Amenorrhö-Rate im Laufe der Anwendung zu und die Regelmäßigkeit der Blutung ab. Auch was die Rückkehr der Ovulation nach Absetzen der Methode betrifft, sollte die Anwenderin entsprechend auf­geklärt werden. Bei fast allen Frauen kommt es meist innerhalb eines Jahren nach Beendigung der Methode zur Refertilisierung; im Mittel tritt einen Ovulation nach 30 Wochen auf.

subkutane Gestagen-only-Ovulationshemmung
Eine Langzeitform der Gestagen–only-Verhütung stellt die subkutane Applikation eines Stäbchens dar, das Etono­gestrel enthält (z. B. Implanon). Die Dauer der Anwendung wird für drei Jahre empfohlen und sollte gut überlegt werden. Die Applikation erfolgt dank eines geschickten Applikatorsystems meist problemlos im Bereich des nicht-dominanten Oberarms. Auch hier ist die Amenorrhö-Rate bei ca. 70% sehr hoch, doch sind Blutungsepisoden möglich. Es kann zu vermehrten Ausbildung von reversiblen Ovarialzysten kommen und leichten Hautunreinheiten.

intrauterine Gestagen-only-Ovulationshemmung
Diese Form der Verhütung beruht auf der kombinierten Wirkung von Spirale und Hormon. Im Schaft des intrauterinen Systems wurde Levonorgestrel so platziert, dass eine drei- bis fünfjährige kontinuierliche Abgabe gewährleistet ist. Somit beruht die kontrazeptive Wirkung einerseits auf der mechanischen Präsenz des Intrauterinpessars (in drei Größen erhältlich) und andererseits auf der Gestagen-Wirkung auf Endometrium und Cervixschleim mit begleitender Ovulationsunterdrückung. Das Blutungsverhalten ist von Frau zu Frau unterschiedlich, die Amenorrhö-Rate liegt bei 60 bis 100%. Wie bei allen anderen Gestagen-only-Systemen ist auch hier manchmal mit der Ausbildung von reversiblen Ovarialzysten und Hautunreinheiten zu rechnen. Es gibt auch immer wieder Unverträglichkeiten, die die Anwenderinnen berichten und die auch entsprechend ernst genommen werden sollten.

„Notfallkontrazeption“ mit Hormonen

Die Methode der Notfallkontrazeption („Pille danach“) kommt dann zur Anwendung, wenn zum Zeitpunkt des Eisprungs ungeschützt Geschlechtsverkehr stattgefunden hat und der Einritt einer Schwangerschaft verhindert werden soll. Die millionenfachen Zugriffe auf die Internetseite für die „Pille danach“ (www.pille-danach.de bzw. www.­pille-danach.at) repräsentieren einerseits das enorme Interesse an der Fragestellung und andererseits den sich dahinter verbergenden Bedarf an Information. Die „Notfallpillen“ mit den Wirksubstanzen Levonorgestrel 1,5 mg (z. B. PiDaNa, Postinor, Unofem Hexal) bzw. Ulipristalacetat 30 mg (z. B. EllaOne, Femke, Lenya) sind seit Jahren rezeptfrei erhältlich und werden direkt in den Apotheken abgegeben. Ulipristal­acetat ist der Klasse der selektiven Progesteron-Rezeptor-Modulatoren zuzuordnen und ermöglicht eine längere und annähernd gleichbleibende Wirksamkeit bis zum fünften Tag nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Ein „Notfallkontrazeptivum“ verhindert den Eintritt einer Schwangerschaft durch Verzögerung des LH-Peaks und einer damit einhergehenden Arretierung des Leit­follikels. Die Nebenwirkungen von Levonorgestrel aber auch Ulipristalacetat sind gering bis moderat und äußern sich in erster Linie in Blutungsunregelmäßigkeiten sowie leichter Übelkeit und Brustspannen. Mit dem Eintritt der nächsten Menstruation ist nach Einnahme einer Notfallkontrazeption mit bis zu sieben Tagen Verspätung zu rechnen. Die Methode der Notfallkontrazeption zeichnet sich durch folgende Charakteristika aus:

  • hohe Effizienz durch Applikation vor der Ovulation.
  • niedrige Effizienz durch Applikation nach stattgehabter Ovulation mit einem Zeitfenster von +/– zwei Tagen.

Im Falle einer Befruchtung ungehinderter Eintritt einer intakten Schwangerschaft, da weitere „Postfertilisations-Events“ nicht gestört werden. Wie der Name sagt, sollten die Methoden der Notfallkontrazeption dem „Notfall“ vorbehalten sein und nicht die Norm der Empfängnisregelung für eine Frau darstellen. |

Literatur bei der Verfasserin

Autorin

Univ. Prof. Dr. Doris Maria Gruber, Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Fakultät Wien, Gastärztin an der Univ. Klinik für Frauenheilkunde (AKH Wien), Turnusärztin im KH Göttlicher Heiland (Wien), ärztliche Tätigkeit in der Krankenanstalt Menox/Cosmex (Wien), Ausbildung zur Fachärztin für Frauenheilkunde an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde (AKH Wien)

Der vorliegende Beitrag ist ein bearbeiteter und erweiterter Nachdruck des Artikels „Ovulationshemmer“ von Prof. Dr. Doris Maria Gruber aus der Österreichischen Ärztezeitung 2020, Nr. 11, S. 26 – 33. Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung!

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