Gesundheitspolitik

Ab Juli: E-Rezepte zunächst in Fokusregion

eda | Die Einführung des elektronischen Rezepts rückt näher. Bisher war vorgesehen, E-Rezepte ab 1. Juli 2021 deutschlandweit und freiwillig anzubieten. Doch die ­gematik und ihre Gesellschafter rudern nun zurück. Bestehen bleibt zwar der Stichtag, allerdings wird es für drei Monate zunächst mit Berlin/Brandenburg eine Fokusregion geben, in der ein weiterer Testlauf mit ausgewählten Arztpraxen, Apotheken sowie Patienten stattfindet. Im vierten Quartal ist der bundesweite Rollout anvisiert, in den die Erkenntnisse aus der Phase zuvor einfließen sollen. Diese Absicht hatte ABDA-Telematik-Experte Sören Friedrich bereits in der DAZ der vergangenen Woche geäußert. Die gematik informiert nun in einer Mitteilung vom vergangenen Donnerstag über die Entscheidung. Einleitend signalisiert sie: „Es geht gut und im Plan voran mit dem E-Rezept.“ Weiter heißt es, man wolle die „praktischen Erfahrungen mit dem E-Rezept gut skalieren können“. In der Region Berlin/Brandenburg existiert seit 2020 auch das E-Rezept-Modellprojekt, an dem u. a. der Berliner Apotheker-Verein beteiligt ist.

Aus Sicht der Apothekensoftwareanbieter hatte zuletzt nichts gegen die pünktliche und freiwillige Einführung der E-Rezepte zum 1. Juli 2021 gesprochen – sie sehen sich als „E-Rezept-ready“. Anders sieht es bei den Verantwortlichen von Krankenkassen, Berufsverbänden und Behörden aus. Ihre Stimmung war zuletzt alles andere als optimistisch. So erklärte ein Vertreter der AOK Plus jüngst bei einer virtuellen Veranstaltung für Apotheker und Ärzte sogar, dass man mit E-Rezepten zum Stichtag überhaupt nicht rechnen könne. Ein Drittel der Ärzte habe noch Probleme beim Empfang ihrer elektronischen Heilberufsausweise (eHBA). Außerdem scheitere die Softwareprogrammierung am Fehlen der finalen Dokumente. Darüber hinaus täten sich die Arztpraxen beim Umgang mit der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) schwer – denn ohne „Komfortsignatur“ müsse jede Verordnungszeile einzeln signiert werden. Insgesamt wird die Einführung der E-Rezepte daher von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie den einzelnen Kassenärzt­lichen Vereinigungen äußerst kritisch gesehen. Der standespolitische Widerstand ist immens.

Laut einer Auswertung des Deutschen Apothekerverbands (DAV) waren Ende März 2021 rund 60 Prozent der Apothekeninhaber und -leiter mit dem eHBA ausgestattet, bei der Institutionskarte (SMC-B) lag die Rate bei mehr als 90 Prozent der Apotheken. Der DAV und die Apothekensoftwareanbieter sichern zu, dass zum ­freiwilligen Starttermin am 1. Juli alle Apotheken ausgestattet sein werden.

Berlin/Brandenburg als Fokusregion

Ob vor diesem Hintergrund die Apotheken im Sommer tatsächlich flächendeckend und regelmäßig mit E-Rezepten in Berührung kommen, wollte ABDA-Telematik-Experte Sören Friedrich im DAZ-Interview nicht vorhersagen. Vielmehr plädiert er für ein „langsa­mes Hochfahren“ – also das eher vorsichtige Ausrollen des neuartigen digitalen Verordnungssystems für Arzneimittel. „Aktuell setzen wir uns stark dafür ein, dies alles zunächst in einem Fokusgebiet durchzuführen und zu begrenzen – mit einer konkre­ten Auswahl an Apotheken und Arzt­praxen“, sagte Friedrich gegenüber der DAZ.

Aus dieser Absichtserklärung ist nun ein konkretes Vorhaben geworden. Wie die gematik Ende vergangener Woche mitteilte, soll das E-Rezept zunächst tatsächlich in einer Fokusregion – nämlich Berlin/Brandenburg getestet werden, bevor es dann in der ganzen Republik zum Einsatz kommt. Der Test soll drei Monate dauern, im vierten Quartal wird der bundesweite Rollout anvisiert, in den die Erkenntnisse aus der Phase zuvor einfließen sollen. Der gesetzliche Stichtag 1. Januar 2022 soll nach diesem Plan nach wie vor ein­haltbar sein. Die angekündigte E-Rezept-App der gematik soll davon unbeeinflusst zum 1. Juli 2021 verfügbar werden.

In der Region Berlin/Brandenburg läuft seit 2020 bereits ein E-Rezept-Modellprojekt im Rahmen der Zukunftsregion Digitale Gesundheit. Die Apothekerschaft ist durch den Berliner Apotheker-Verein (BAV) und den DAV an dem Projekt beteiligt. |

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