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Management

Wenn Träume wahr werden …

Praktische Anleitung zum richtigen Wünschen

Mittwochmorgen, halb zehn in einer kleinen, alteingesessenen Apotheke im Stadtkern und der erste Patienten-Ansturm ist geschafft. Rezepte, die noch nachtaxiert werden dürfen und nicht abgeschlossene Botendienst­vorgänge vom Vortag warten darauf, bearbeitet zu werden. Dann kommt plötzlich das Thema Wünschen auf …

„Wenn ich mir was wünschen würde, dann wäre das ...“ Frau Tagtraum, den Blick gedankenverloren auf das wieder zunehmend rege Treiben auf dem Marktplatz gerichtet, kommt nicht dazu, ihren Satz zu beenden. Vollkommen erstaunt dreht sie sich um, während ihre Kollegin, Frau Umsetzungsstark, poltert: „Du und dein Wünschen. Und dann noch ‚würde‘. Ich kann es echt nicht mehr hören. Wenn wenigstens ein einziger deiner Wünsche mal Wirklichkeit werden – Achtung – würde. Seit gefühlt einem halben Jahrhundert wünschen wir uns jetzt schon alles mögliche. Und Unmögliche. Und nichts, aber auch gar nichts passiert.“

In just diesem Augenblick, der aus Perspektive unserer beiden PTAs ungünstiger nicht sein könnte, gesellt sich Herr Realitas, ihr allzeit in allen Filialen und auch in der Lokalpolitik heiß begehrter und daher überall und nirgends präsenter Chef (natürlich – wer sonst ...?!?) dazu und fragt Frau Tagtraum: „Was würden Sie sich denn wünschen?“ Frau Umsetzungsstark holt er ebenfalls direkt mit der Frage nach dem Möglichen und Unmöglichen ins Boot.

Schon ziehen die beiden Damen wieder an einem Strang und äußern sich wie folgt dazu: „Na, das wissen Sie doch schon“, kommt wie aus der Pistole geschossen von Frau Umsetzungsstark. „Angefangen von Parkplätzen über einen schöneren Pausenraum mit funk­tionierendem WLAN über einen Kühlschrank, der nicht immer durch die Essensreste der letzten Teamsitzung überquillt, bis hin zu einem neuen Stuhl. (Sie deutet dabei auf das durchgesessene Exemplar, das sich ihr gegenüber befindet.) Und wenn wir gerade schon dabei sind: Da fällt mir auch ein, dass ich gelesen habe, es startet ein neuer Kurs mit dem Thema Ernährungsberatung. Wollten wir uns da nicht auch immer schon stärker engagieren?“

Mögliches und Unmögliches

Herr Realitas erkennt ob der Vehemenz der Antwort augenblicklich, dass Handlungsbedarf besteht. Aktuell. Jetzt. Da kommt wohl einiges zusammen. Angestauter Unmut erreicht ihn auf direktem Wege – ungebremst. Etwas weniger energiegeladen, dafür umso deutlicher die Ergänzung von Frau Tagtraum: „Die Lautstärke im HV ist ebenfalls seit längerer Zeit ein Thema. Genauso wie die Stäpelchen der unbearbeiteten Rezepte, die sich immer wieder am Ende der Woche an den unmöglichsten Stellen finden. Bei denen dann kein Mensch weiß, was zu tun ist und die Ratespielchen ewig aufhalten. Wie soll ich denn eine ordentliche und genaue Beratung innerhalb kürzester Zeit durchführen, wenn hier so ein Chaos herrscht und ich ständig irgendetwas suchen muss? Was ist (... und Frau Tagtraum deutet auf die Ecke neben dem Kopierer) mit den Deutschen Apotheker Zeitungen vom letzten Jahr? Die schlagen dort schon Wurzeln. Ich würde mir wünschen, dass sie in den Keller kommen. Ich mache das immer allein. Das muss doch auch anders gehen.“

Herr Realitas ist sehr froh, dass er all dies in genau dieser Form gehört hat. Auch wenn ihn seine beiden Damen mit etwas unsicherem Blick vorsichtig mustern. Doch insgeheim wissen sie, dass er sich bemühen wird, aus ihren Ansätzen und Ideen das Beste zu machen. Auch wenn gerade das in den letzten Monaten zu wünschen übrig ließ. Waren doch die Richtung seiner Aufmerksamkeit und sein Tatendrang notwendigerweise anderweitig orientiert. Ehrlich zu sich selbst und die Wirklichkeit nicht aus den Augen lassend, wird ihm bewusst, dass das nicht nur in den letzten Monaten, während der COVID-19-Phase, sondern auch schon im Jahr zuvor begonnen hatte. Er bedankt sich für die Offenheit seiner so unterschied­lichen PTAs, die sich sichtlich entspannen, und fährt fort: „Wow. So viele Ideen und Wünsche.“ Er ergänzt schmunzelnd: „Mögliche und Unmögliche. Da stimme ich Ihnen zu.“

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Vom Winde verweht Bleibt man in den Träumen stecken, geht es denen wie den Schirmchen – sie verschwinden in der Ferne. Will man, dass sie in Erfüllung gehen, gibt es durchaus Möglichkeiten, sie hier und jetzt „keimen und wachsen“ zu lassen.

Wer schreibt, der bleibt

Er setzt sich auf den eben von Frau Umsetzungsstark monierten Stuhl und wackelt augenblicklich hin und her. „Okay. Ich weiß, was Sie meinen. Neuer Stuhl. Notiert.“ Manchmal braucht es eben auch eine eigene Erfahrung, denkt er. Und überlegt, wie es wäre, wenn diese Ideen und Wünsche und Anregungen nicht nur „im luftleeren“ Raum geäußert würden, sondern in schriftlicher Form übermittelt – Achtung – würden? Denn auch er weiß: Wer schreibt, der bleibt. Und wie wäre es in der Fortsetzung, wenn genau und exakt vorgeschlagen – Achtung – würde, wie sich die Situation oder auch das Verhalten ändern soll? Aus Sicht der einzelnen Personen? Denn Frau Tagtraum und Frau Umsetzungsstark haben sicherlich grundsätzlich unterschiedliche konkrete Ansätze. Und wenn das vom gesamten Team erfolgen ... (!) würde, das könnte doch einen massiven Push Richtung gemeinschaftlicher Weiterentwicklung nicht nur für den Einzelnen (... was ihm ja wichtig ist), sondern auch für alle Apo­theken im Filialverbund werden. Eine Apotheke lernt während der Umsetzung, im Zuge des Wechsels vom Wollen ins Wirken, von der anderen. Eine Co-Kreation im Realitas Apothekenuniversum.

Herr Realitas bremst sich eigenmächtig und willentlich aus: nicht tagträumend zu weit vorgreifen. In der Wirklichkeit bleiben und erst in die Umsetzung kommen, ermahnt er sich! Ergo teilt er seine Gedanken mit den beiden Kolleginnen, die begeistert sind. Frau Umsetzungsstark ist schon dabei, ein Word-Dokument zu entwerfen. Spalte 1 enthält viel Platz für zu notierende „Wünsche“ mit dem Titel: „Ich wünsche mir ...“ (Achtung – ohne „würde“!). Und Spalte 2 steht unter dem Motto: „Ich schlage konkret vor ...“. Drei Kennzeichnungsmöglichkeiten fügt sie zur erweiterten Auswahl ebenfalls hinzu: „Umwelt bzw. Umgebung“, „Verhalten“ und „Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten“. Diese drei Ebenen ermöglichen es allen, Veränderung bewusst und übersichtlich zu gestalten, adäquat zu planen und zielgerichtet umzusetzen. Ihr fällt auf, dass dies von ihr gerade entworfene Dokument auch zur Vorbereitung eines Mitarbeiter -/Entwicklungsgespräches bestens genutzt werden kann. Herr Realitas ist begeistert. Jeder Mit­arbeiter bekommt diesen Zettel im Laufe der Woche mit dem Auftrag, ihn eine Woche später bei Frau Umsetzungsstark abzugeben. Sie hat sich bereit erklärt, alle Wünsche und Vorschläge zu sammeln und bei der nächsten Teamsitzung vorzustellen. Für die anderen Apotheken finden sich ebenfalls schnell analoge Vorgehensweisen.

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Abgelaufen!?! Wer kennt das nicht? Im Mitarbeiterkühlschrank fristen alte Lebensmittel ihr historisches Dasein. Packen wir’s an! Räumplan hilft.

„Ich schlage konkret vor“

Doch bevor es so weit ist, be­schließen die drei Vorreiter der „Wünsch-Dir-Was-Aktion“, ihre praktische Anleitung zum rich­tigen Wünschen schriftlich zu ergänzen. Schließlich wollen sie Ergebnisse sehen, um in die Verbesserung zu kommen. Sie erlauben sich, ihre eigenen Wünsche in die jeweiligen Spalten einzutragen und so ihre Kollegen mit Beispielen zu inspirieren. Frau Umsetzungsstark beginnt: „Parkplätze, ein schönerer Pausenraum mit funktionierendem WLAN, ein aufgeräumter Kühlschrank, ein neuer Stuhl. Das ist die Umgebung, die Umwelt, in der wir arbeiten. Die Anmeldung zum Kurs Ernährungsberatung unterstützt uns auf der ‚Fähigkeiten-Ebene‘.“ Alles kommt in die Spalte „Ich wünsche mir“. So weit, so gut. Sie stellt fest, dass es leichter ist, diese Spalte zu bearbeiten, als die nun geforderte Spalte mit Leben zu füllen. Sie beginnt mit dem Kühlschrank-Thema: „Ich schlage vor, eine alphabetische Liste mit Datum und Kürzel am Kühlschrank aufzuhängen. Zu Beginn vielleicht einmal pro Woche ein kritischer ‚Aufräum-Blick‘, und das Problem der überalten Essensreste sollte gelöst sein.“ Pause. „Die Parkplatzsitua­tion betreffend, schlage ich vor, wir bringen in Erfahrung, wer denn der Eigentümer dieser drei Stellplätze hinter dem Nachbarhaus ist. Die sind doch fast immer leer.“

Buchtipp

Monika Raulf
Pharmazeutisches Coaching – Ein „Mehr“ an Möglich­keiten

XIV, 203 S., 78 farb. Abb., 3 farb. Tab., 23 Arbeitsblätter, Download Musterformulare auf www.Online-PlusBase.de, 17,0 × 24,0 cm, kartoniert
2019
Deutscher Apotheker Verlag
ISBN 978-3-7692-7437-0

 

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Sie überlegt weiter und Frau Tagtraum unterstützt sie: „Im Pausenraum – Achtung – würde ich die Gardinen entfernen. Dann ist es viel heller. Und alle Taschen in den Schrank verbannen. Statt sie davor zu drapieren. Dann haben wir auch gleich mehr Platz.“ Frau Umsetzungsstark nickt zustimmend: „Und wegen WLAN. Da gibt es doch diese. Hm. Wie heißen die noch?“ Herr Realitas bietet an: „Verstärker!“ Sie wirft ihm einen schelmischen Blick zu, denn er wackelt immer noch auf seinem Stuhl hin und her: „Ja. Genau. Verstärker. Ach ja, den Stuhl haben wir schon fast abschließend besprochen – soll ich Ihnen im Katalog ein passendes Exemplar raussuchen? Dann können wir den Rabatt von diesem Quartal auch noch nutzen?“ Sie überlegt: „Es bleibt nur noch die Anmeldung zum Kurs. Ich schlage vor, ich überprüfe erst die angebotenen Termine und wir entscheiden dann.“ Freudig strahlt sie Frau Tagtraum an: „Jetzt du!“

Frau Tagtraum lässt sich auch gar nicht lange bitten: „Wenn sich deine Wünsche auf die Änderung der Umgebung und die Erweiterung der Fähigkeiten beziehen, so ergänzen meine Wünsche die ‚Verhaltens-Ebene‘. Die Lautstärke und das Aufräumen. Die Stäpelchen mit den unbearbeiteten Rezepten und DAZ vom letzten Jahr hatte ich als Beispiele. Wenn wir uns ­einig werden, dass wir daran ­etwas ändern wollen, dann dürfen wir uns auch gegenseitig daran ­erinnern. Wir verhalten uns ja nicht so, weil wir jemand anderen damit belasten oder ärgern wollen. Das geschieht halt oft unbewusst im Laufe des Alltags und dann bleibt es dabei. Bekommt so etwas wie ‚Gewohnheitsrecht‘. Ich schlage vor, wir besprechen das ganz offen mit allen. Und über die DAZ können wir einen Zettel zur Erinnerung hängen: ‚Es gibt nichts Gutes. Außer: Man tut es.‘ Und das ‚man‘ streichen wir durch und ersetzen es mit ‚Du‘ und einem Smiley!“

Ein Jahr später: Die Wünsche haben sich geändert. Überraschend vieles war möglich. Auch einiges von dem Unmöglichen. Und die neuen Parkplätze haben neue Kunden mit sich gebracht. Die Anforderungen sind gestiegen. Zeit für eine neue „Wünsch-Dir-Was-Aktion!“

Fazit: Wünsche werden Wirklichkeit, wenn Wirken auf wahres Wollen trifft! |

Monika Raulf, Apothekerin und zertifizierter Coach, www.co-pha.com

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