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Management
Das Organigramm – längst keine olle Kamelle
Wie Sie auf einfachem Weg Zuständigkeiten klären, den Informationsfluss verbessern und Arbeitsabläufe verschlanken können
„Wir haben einige Teilzeitkräfte. Mütter, die es sehr zu schätzen wissen, dass sie ihren Beruf mit den privaten Anforderungen so gut kombinieren können.“ Eine häufige Schilderung der betrieblichen Apothekensituation. Braucht es in diesem Beispiel Nummer 2 ein Organigramm, was denken Sie?
Ein Organigramm ist ein flexibles System. Genauso wie die Apotheke, auf die es sich bezieht!
„Wir arbeiten in einem Filialverbund von vier Apotheken und beschäftigen insgesamt 42 Mitarbeiter. Angefangen mit meiner Wenigkeit als Chef über die Filialleitungen, hin zu Approbierten, PTAs, PKAs, Reinigungskräften und den Botendienstfahrern. Wir haben ein Organigramm, das wir im Zuge von QMS vor Jahren erstellt haben. Leider haben wir es nicht gepflegt und leben es auch nicht mehr. Und nun ist auch noch das Testzentrum dazugekommen. Unser Organigramm braucht ein Update.“ Mit Beispiel Nummer 3 haben wir eine andere Struktur, die den Wert eines Organigramms schon erkannt hat. Und ebenfalls bemerken durfte, dass ein Organigramm ein flexibles System ist. Genauso wie die Apotheke, auf die es sich bezieht!
Doch fangen wir nicht in der Mitte an, sondern begeben uns zunächst zu den Ursprüngen des Organigramms. Seinerzeit, und das war in etwa im Jahre 1855 (also ja, es ist eine olle Kamelle!), entwickelte der Eisenbahnmanager Daniel Craig McCallum (1815 – 1878) dieses Modell, um Leitungsebenen zu visualisieren und damit greifbarer zu machen. Also ein hierarchisches Konstrukt, das bildlich darstellt, wer wem weisungsbefugt ist und möglicherweise auch schon, von wo nach wo Kommunikation stattzufinden hat.
Wo liegt der eigentliche Nutzen?
Heutzutage steht uns eine Vielzahl von Programmen zur Verfügung, die es uns ermöglichen, Organigramme farblich, über eine Vielfalt von Formen, Kästchen und Fotos individuell und spielerisch zu gestalten. Das ist alles sehr schön, doch die Frage drängt sich auf, was der „eigentliche“ Nutzen sein kann! Was wollen wir über die Visualisierung erreichen? Geht es nicht um viel mehr als „nur“ hierarchische, bunt gefärbte Modelle? Zumal die „top-down“-Variante, also die in klassischer Weise strikt und ohne Ausnahme rollenspezifisch von oben nach unten geführte Apotheke, sicherlich nicht mehr zeitgemäß ist. Und darüber hinaus auch nie war. Hier denke ich im Besonderen an all die Pharmaziepraktikanten, die nur dank der selbstlosen Unterstützung der alteingesessenen PTA oder PKA ihre ersten erfolgreichen Gehversuche im HV machen konnten und können! (Danke dafür an dieser Stelle!)
Weiß die rechte Hand, was die linke tut?
Ein Organigramm ermöglicht es uns nicht nur, tatsächlich vorhandene Organisationsformen darzustellen. Wir sind auch in der Lage, Zuständigkeiten in Arbeitsbereichen, Kommunikationswege und zwischenmenschliche Interaktionen zu erfassen. Wir können Arbeitswege optimieren und koordinieren sowie Abläufe verschlanken. Betriebswirtschaftlich mehr als nur sinnvoll. Das ist im Übrigen gerade in sehr kleinen Betrieben, wie in unserem Beispiel Nummer 1, ein oft massiv unterschätzter Faktor. Die Sätze „Das war schon immer so“ oder „Wir sind doch nur ein kleiner Betrieb“ dürfen im Rahmen einer Organigramm-Erstellung sehr kritisch beäugt werden und damit rechnen, dass weder traditionelle Verfahrensweisen noch gelebte Rollenklischees ungeprüft bleiben.
Ein Organigramm kann einer systemischen Aufstellung gleichkommen und wertvolle Informationen hinsichtlich eines ausbaufähigen Informationsflusses und der Besetzung von Funktionen liefern.
Ein Organigramm, begriffen als lebendige Abbildung des aktuellen Betriebes, kann einer systemischen Aufstellung gleichkommen und unendlich wertvolle Informationen hinsichtlich eines ausbaufähigen Informationsflusses und der Besetzung von Funktionen (zum Beispiel Rezeptur, QMS-Beauftragter, Erstellen von Urlaubsplänen etc.) sowie personellen Entscheidungen liefern. In diesem Falle empfehle ich persönlich allerdings die Nutzung von Papier und Stift. Denn so sind Sie in der Lage, direkt eine „Verbindung“ zu den jeweiligen Personen und deren Aufgaben aufzubauen. Natürlich, und da machen wir uns nichts vor, ist das ein stark vereinfachtes System: Komplex wird es im Alltag jedoch wieder schnell genug!
Mein Vorschlag: Einfach machen!
Machen Sie es einfach! Am besten jetzt! Schnappen Sie sich einen Zettel und werden Sie aktiv. Wenn Sie mögen, können Sie später die einmal begonnene Darstellung Ihrer Apotheke verfeinern, bebildern und bunt werden lassen.
Beispiel Nummer 3 wird sicherlich komplexer sein als unser Eingangsszenario. Kommen doch hier auch räumliche Aspekte hinzu. Umso wichtiger ist ein engmaschiges Zusammenspiel aller Beteiligten. Ganz besonders auf der Leitungsebene. Das Organigramm mag dazu dienen, „Spielregeln“ aufzustellen, anhand derer sich der komplette Betrieb orientieren kann.
Es bietet sich der Kegelbahn-Vergleich an: So wie dort auch haben wir seitliche Begrenzungen, die den Rahmen bilden und das Spielfeld bestimmen. Doch sind, je nach Position der Kegel, unterschiedliche „Rollbahnen“ der Kugel nicht nur denkbar, sondern wünschenswert! Und ja, manchmal, gerade als Anfänger, kann eher von „holprigen Verläufen“ als von gezieltem Rollen die Rede sein! Doch gleich wie: Das erhöhte Maß an Flexibilität ist entscheidend! Sollten Sie an dieser Stelle verzweifelt auf Ihr eigenes, gerade begonnenes Organigramm schauen und feststellen, dass es chaotisch aussieht, mag ich Sie ermuntern, den Zettel umzudrehen und einen erneuten Versuch zu wagen: Manchmal entwickelt sich so ein Organigramm auch erst beim Zeichnen. Sie werden erstaunt sein, was Sie auf diesem Wege über Ihre Apotheke herausfinden können!
Für neue Mitarbeiter sowie unsere Teilzeitkräfte ist das Organigramm eine sehr schöne Orientierungshilfe.
Hilfe bei der Einarbeitung
Ein Organigramm kann dabei helfen, eine aktuelle Bestandsaufnahme zu machen. Und Fragen zu beantworten wie: „Wer ist verantwortlich für welchen Bereich?“, „Wer ist für wen der passende Ansprechpartner?“, „Wer ist in welchem Bereich entscheidungsbefugt?“ und (ganz wesentlich!) „Wie (flüssig) sind die Kommunikationswege?“. Schnell lassen sich Blockaden erkennen und wahlweise natürlich zum Beispiel durch Umstrukturierung und Neubesetzung von Verantwortlichkeiten beheben. Auch für neue Mitarbeiter sowie unsere Teilzeitkräfte (siehe Beispiel Nummer 2) ist das Organigramm eine sehr schöne Orientierungshilfe, mit der die Einarbeitung mühelos und geschmeidig gelingen wird.
„Wer ist wem weisungsbefugt?“ ist ebenfalls eine zu beantwortende, oftmals kritische Frage. Zu Unrecht. Es gibt Weisungen, die erteilt und berücksichtigt werden müssen (siehe Kegelbahn). Allerdings verursacht die Beantwortung nur dann Bauchschmerzen, wenn wir in einem rigiden, von Leistungsdruck geprägten System unterwegs sind. Ist die Apotheke eine derjenigen, die „Shared Leadership“ und „emotionales, wechselseitiges Führen“ auf Augenhöhe, unabhängig von der beruflichen Qualifikation lebt, so wird die Frage keine wunden Punkte treffen.
Wo stockt der Informationsfluss?
Welchen Nutzen ein Organigramm haben kann, zeigt beispielhaft die Analyse eines erfolgreichen Anwenders: „Anhand des Organigramms ist sichtbar geworden, an welchen Positionen der Informationsfluss bei der Erstellung von pharmazeutisch sinnvollen Erstempfehlungen stockte und wie wir diese Hürde gemeinsam überwinden konnten. Es handelte sich schlicht und ergreifend um eine fehlende, klare Positionierung der einzelnen Beteiligten innerhalb des gesamten Prozesses. Es galt, pharmazeutische Aspekte sowie die betriebswirtschaftlichen Überlegungen zu konsolidieren. Erst als klar wurde, dass im gesamten Verlauf HV-Personal zur Erstellung, Approbierte zur Verfeinerung und Aktualisierung und dann die zuständige PKA in einer Ebene wiederzufinden sind, konnte ein reibungsloser, für alle zufriedenstellender und vor allen Dingen reproduzierbarer Ablauf gestaltet werden.“
Je transparenter und regelmäßiger miteinander kommuniziert wird, umso durchlässiger und fließender wird sich das Gestalten der täglichen Herausforderungen präsentieren.
Auch für unseren oben erwähnten Filialverbund gilt, dass je transparenter und regelmäßiger miteinander kommuniziert wird, umso durchlässiger und fließender wird sich das Gestalten der täglichen Herausforderungen präsentieren. Bei der Challenge, (mal eben) ein Testzentrum als Projekt zu integrieren, werden über die Visualisierung per Organigramm sehr schnell noch freie Kapazitäten, aber auch scheinbar unüberwindbare Zeit- und/oder Personalthemen aufgezeigt. Wir erinnern uns an das „lebendige, flexible System“ und dürfen schon während des Zeichnens kreative Alternativlösungen auf uns wirken lassen.
Buchtipp
Monika Raulf
Pharmazeutisches Coaching –
Ein „Mehr“ an Möglichkeiten
XIV, 203 S., 78 farb. Abb., 3 farb. Tab.,
23 Arbeitsblätter, Download Musterformulare auf www.Online-PlusBase.de, 17,0 × 24,0 cm, kartoniert
2019
Deutscher Apotheker Verlag
ISBN 978-3-7692-7437-0
Schnell und einfach bestellen:
Deutscher Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart, Tel. 0711 2582-353, Fax 0711 2582-290, service@deutscher-apotheker-verlag.de
Altes Tool im neuen Gewand
Fazit: Organigramm, ein altes Tool im neuen digitalen oder analogen Gewand. Für jede Apothekengröße und Situation geeignet. Ein Modell, das hält, was es verspricht: Klärung von Fragestellungen, die Individualität und Anpassbarkeit sowohl im systemischen Großen und Ganzen als auch im Mikrokosmos des Kraftorts Apotheke verlangen. Damit die Apotheke, die sich dieses Modells bedient, noch effizienter, empathischer und erfolgreicher dem Heilberuf, dem sie sich verschrieben hat, Tag für Tag gerecht zu werden vermag!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine bunte, facettenreiche und interaktive Organigrammerstellung! |
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