Gesundheitspolitik

DAV und GKV-Spitzenverband finden nicht zusammen

Pharmazeutische Dienstleistungen vor der Schiedsstelle / GKV-SV: kein „Gießkannen“-Prinzip

ks | Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband werden sich beim Thema honorierte pharmazeutische Dienstleistungen nicht einig. Vergangene Woche Dienstag erklärte der DAV die Verhandlung offiziell für gescheitert – er werde nun „schnellstmöglich die unabhängige Schiedsstelle anrufen“. Wo genau der Knackpunkt liegt, ist nicht ganz klar. Die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern und die Prävention zu stärken sind sicher zentrale Ziele beider Seiten. Der GKV-Spitzenverband betont in einem Statement zum Scheitern der Verhandlungen jedoch erneut, dass es gezielte Dienstleistungen sein müssten, die vor allem auch Apotheken in ländlichen Regionen zugutekommen. Das „Prinzip Gießkanne“ lehnt er ausdrücklich ab. Zugleich signalisiert der Verband, bereit zu sein – das Geld „sei da“. Nun muss sich zeigen, wie schnell mithilfe der drei Juristen der Schiedsstelle eine Lösung gefunden werden kann. Eigentlich sollte es im kommenden Jahr mit dem neuen Angebot aus den Apotheken losgehen.

Mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) wurde Ende Dezember 2020 in § 129 Abs. 5e Sozialgesetzbuch V die Grundlage für honorierte pharmazeutische Dienstleistungen gelegt – ein langjähriges Herzensanliegen der Apothekerschaft. Zuvor gab es zwar immer wieder regionale Verträge zwischen Krankenkassen und Apotheken, die aber von den Aufsichtsbehörden gekippt wurden, weil diesen die Rechtsgrundlage fehlte.

Ab dem 15. Dezember 2021 werden die Kassen zur Finanzierung der neuen Leistungen einen Aufschlag von 20 Cent je verschreibungspflichtiger Arzneimittelpackung zahlen. So sollen jährlich 150 Mio. Euro zur Verfügung stehen.

Zwar gibt das Gesetz einen gewissen Rahmen für die neuen Leistungen vor. Doch wie so häufig, hat der Gesetzgeber die genauere Ausgestaltung der Selbstverwaltung überlassen. Bis Ende Juni dieses Jahres sollten DAV und GKV-Spitzenverband – im Benehmen mit dem PKV-Verband – die pharmazeutischen Dienstleistungen sowie das Nähere zu den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, zur Vergütung und zur Abrechnung vereinbaren. Doch der 30. Juni verstrich ergebnislos. Dass die Verhandlungen nicht einfach sein würden, war absehbar. Schon im Gesetzgebungsverfahren zeigte sich die Kassenseite kritisch – auch wenn sie die Absicht des Gesetzgebers für „nachvollziehbar“ hielt. Dennoch befürchtete der GKV-Spitzenverband, dass es mehr um eine Honorarerhöhung für die Apotheker gehe denn um einen zusätzlichen Nutzen für die Patienten. Auch machte er keinen Hehl daraus, dass er regionale Verein­barungen bevorzugen würde.

Was will der DAV?

Was der DAV genau verfolgt, blieb in den vergangenen Monaten allerdings auch eher vage. Im vergangenen Februar legte er zwar ein Grundlagenpapier zum Thema vor, in dem er die drei vorrangigen Problemkreise aufzeichnete: Es gelte, mit den neuen Dienstleistungen die Risiken einer Polymedikation zu minimieren, mangelnde Therapietreue zu verbessern und die Vorsorge und Früherkennung von Volkskrankheiten auszubauen – und das für eine breite Patientenklientel. Wer Genaueres wissen wollte, lief jedoch auf.

Anfang Juli hieß es dann von den Rahmenvertragspartnern, man verhandle trotz abgelaufener Frist weiter. Doch zwei Monate später gibt es offensichtlich keine Fortschritte. Und so ist es Zeit für die Schiedsstelle, die nach dem Gesetz anzurufen ist, wenn keine Vereinbarung erzielt werden kann. Der GKV-Spitzenverband erklärte, er bedauere, dass der Gang vor die Schiedsstelle notwendig wird. „Wir haben jetzt die Chance, mit neuen pharmazeutischen Dienstleistungen die Versorgung für die Versicherten maßgeblich zu verbessern. Der GKV-Spitzenverband steht in den Startlöchern, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen, und das Geld ist da“, heißt es in einem Statement. Es komme nun darauf an, die Mittel zielgerichtet einzusetzen, um die Versorgung ernsthaft zu stärken. „Wir brauchen gezielte und hochwertige Dienstleistungen, die vor allem auch Apotheken in ländlichen Regionen zugutekommen und den Versicherten weiterhelfen. Das Prinzip Gießkanne bringt uns nicht weiter und ist nicht im Sinne der Versicherten.“ Zugleich beteuert der Verband: „An erster Stelle steht für uns neben der Prävention die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Die Apotheken sollen ihre besondere pharmakologische Kompetenz nutzen, um sämtliche Maßnahmen eines Medikationsprozesses optimal zu managen und somit die Patientinnen und Patienten bestmöglich vor Risiken bei der Arzneimitteltherapie zu schützen. Das wäre ein echter Mehrwert für die Patientinnen und Patienten und damit auch eine zusätzliche Vergütung wert.“

Dies ist sicher auch das, was die Apothekerseite will – doch konkret genug ist es natürlich nicht. Und so muss die Schiedsstelle ran. Sie besteht aus drei Juristen: Den Vorsitz hat der ehemalige G-BA-Chef Dr. Rainer Hess, ihm zur Seite stehen Dr. Elmar Mand und Prof. em. Dr. Ingwer Ebsen. Zuletzt hatte der DAV die Schiedsstelle 2017 im Streit um die Neubestimmung der Preise für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie (Anlage 3 der Hilfstaxe) angerufen. Anfang 2018 traf diese einen Schiedsspruch, den der DAV in der Folge beklagte. Erst im folgenden Herbst kam es zu einem Vergleich vor Gericht. Bleibt zu hoffen, dass im Fall der pharmazeutischen Dienstleistungen eine schnellere Entscheidung fällt. |

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