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Management
Gekommen um zu bleiben!
Wie Sie der Personalfluktuation entgegenwirken können
Was wünschen sich Mitarbeiter? Wenn es auf diese Frage eine universelle Antwort gäbe, dann wäre es wahrscheinlich viel einfacher, Mitarbeiter zu halten. Aber wir alle befinden uns in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen und haben schon aus diesem Grund verschiedene Ansprüche an die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf.
Bei einem Austausch zwischen 30 Apothekerinnen und Apothekern unter 40 Jahren im Rahmen des „Runden Tisches für junge Pharmazeuten“ der Apothekerkammer Westfalen-Lippe wurden folgende Wünsche häufig genannt:
- moderner Arbeitsplatz, z. B. Pausenraum, gut eingerichtete Arbeitsplätze, moderne Arbeitskleidung
- moderne Arbeitsbedingungen, z. B. offen für Neuerungen
- offener Umgang mit Fehlern
- Teamwork
- gute Kommunikation, z. B. Teambesprechungen, Mitarbeitergespräche, Transparenz
- ausreichend Personal
- individuelle Förderung
- flexible Arbeitszeitmodelle
- Möglichkeit umfassend pharmazeutisch zu arbeiten
- faire Bezahlung, besondere Angebote, z. B. ein Job-Rad
- Wertschätzung, Lob, Anerkennung
- klare Zuständigkeiten für Tätigkeiten
Sobald die Approbierten ihre berufliche Tätigkeit mit einer Familie in Einklang bringen, kamen dazu:
- Einhaltung von tarifvertraglichen Regelungen und Arbeitsrecht
- planbare Arbeitszeiten mit ausreichend Vorankündigung
- Entgegenkommen beim Abbau von Überstunden
Bei der Einstellung Erwartungen klären
Schon bei der Einstellung lässt sich der Personalfluktuation vorbeugen. Mit einem detaillierten Gespräch über die gegenseitigen Erwartungen und Wünsche können beide Seiten einschätzen, was später auf sie zukommt. Das oben Aufgelistete deutet auf einen Teil der möglichen Themen hin. Dabei sollte keine der Seiten etwas versprechen, das sie nachher nicht halten kann. Das klingt sehr logisch, aber der neue Mitarbeiter trifft auf ein Team, in dem jeder seine individuellen Wünsche hat.
Wer als Führungskraft ein sehr homogenes Team hat, kann die Wünsche nach kurzer Zeit wohl gut einschätzen und dementsprechend handeln. Der Nachteil: Wenn alle das Gleiche wollen, z. B. ähnliche Arbeitszeiten, wird es schwer, das zu planen. Wer ein sehr heterogenes Team hat, wird mehr Aufwand damit haben, die Wünsche der Mitarbeiter zu ermitteln, aber es werden sich vor allem im Bereich Personalplanung viel mehr Wünsche verwirklichen lassen. Der Nachteil: Wenn jeder etwas anderes bekommt, liegt eine Herausforderung darin, dies innerhalb des Teams so zu klären, dass kein Neid entsteht.
Es erscheint einem manchmal wie eine aufwendige Jonglage. Allen Wünschen gerecht zu werden, ist fast unmöglich, schließlich gilt es, das Unternehmen nach vorne zu bringen, den Apothekenbetrieb aufrechtzuerhalten und auch die Leitungsebene hat ihre Anliegen. Wichtig ist, sensibel für die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter zu bleiben und im Blick zu haben, dass diese sich mit der Zeit ändern können.
Mitarbeiterbefragungen bieten im Vergleich mit Mitarbeitergesprächen eine höhere Wahrscheinlichkeit, die Störstellen im Unternehmen zu erfahren.
Wie machen es andere Unternehmen?
Das international tätige Forschungs- und Beratungsinstitut Great Place To Work® (www.greatplacetowork.de) unterstützt in 60 Ländern Unternehmen dabei, eine vertrauensorientierte und leistungsstarke Unternehmenskultur zu entwickeln. Die Ziele sind u. a. die Bindung zum Unternehmen zu erhöhen, die Mitarbeiterfluktuation zu reduzieren und die Rentabilität zu steigern. Die Unternehmen, die mit einer Great Place To Work®-Zertifizierung aufwarten können, dürfen sich zudem auf eine höhere Bewerberzahl freuen.
Das Kernelement auf dem Weg zur Auszeichnung stellt die Mitarbeiterbefragung in fünf Bereichen dar: Glaubwürdigkeit (Schwerpunkt Führung), Respekt (u. a. Förderung und Anerkennung), Fairness (z. B. ausgewogene Vergütung), Stolz (z. B. Identifikation mit der Leistung des Unternehmens) und Teamgeist (z. B. freundliche Arbeitsatmosphäre).
Mitarbeiterbefragungen bieten im Vergleich mit Mitarbeitergesprächen eine höhere Wahrscheinlichkeit, die Störstellen im Unternehmen zu erfahren. Im Mitarbeitergespräch fällt es vielen Angestellten schwer, Verbesserungsvorschläge einzubringen oder ihren Unmut zu äußern. Zudem sollte in Mitarbeitergesprächen die Entwicklung des einzelnen Mitarbeiters zum Gesprächsinhalt gehören. Die Änderungen, die sich durch eine Mitarbeiterbefragung ergeben, sind eher grundsätzlicher Natur und nicht so sehr individuell.
Mitarbeiterbefragung gut vorbereiten
Wer eine Mitarbeiterbefragung in der eigenen Apotheke durchführen möchte, sollte sich im Vorfeld sehr gut informieren oder ein Unternehmen mit der Durchführung betrauen. Eine schlecht durchgeführte Mitarbeiterbefragung kann dem eigentlichen Ziel zuwiderlaufen und extremen Unmut und Unsicherheit auslösen.
Tipp
In der Zeitschrift „Eins&Drei“ 01/2019 wird vorgestellt, wie Mitarbeiterbefragungen wirksam eingesetzt werden können. Ein ausgearbeiteter Mitarbeiterfragebogen befindet sich unter www.einsunddrei-magazin.de im Download-Bereich.
Wichtige Aspekte sollten im Vorfeld geklärt sein:
- Welches Ziel soll die Befragung haben? Zu welchem Themenschwerpunkt werden Fragen gestellt?
- Die Umfrage sollte angekündigt werden und alle Mitarbeiter sollten informiert werden über:
- die Freiwilligkeit der Teilnahme,
- den Datenschutz,
- den Hinweis auf Anonymität und Vertraulichkeit,
- den Zeitaufwand,
- den Befragungszeitraum und
- bis wann die Abgabe erfolgen soll.
- Wenn ein Umfrage-Tool genutzt wird: Wie funktioniert es?
- Was passiert mit den Ergebnissen? Werden sie intern veröffentlicht und wenn ja, in welcher Form?
Wie lassen sich die Warnsignale erkennen?
Sich unwohl im Unternehmen zu fühlen, kann mit einem Schlüsselerlebnis zusammenhängen, ist in vielen Fällen aber eher ein schleichender Prozess.
Viele Kriterien wie die Weiterempfehlungsrate von Mitarbeitern oder die Loyalität sind in Apotheken schlecht zu messen. Obwohl die Führungskraft durchaus stutzig werden sollte, wenn die Bemühungen der Angestellten, Kunden für die Apotheke oder Kollegen für das Unternehmen als Arbeitgeber zu begeistern, sich in Grenzen halten.
Häufig werden das Engagement des Arbeitnehmers im Arbeitsalltag und die Krankheitstage als Kriterien gewählt, die auf eine Kündigung hinweisen. Hier gilt es, die „Zahlen“, die die Vermutung untermauern sollen, wie Krankentage, Kassenabverkäufe, Barumsätze etc. besonnen zu interpretieren. Weswegen hat der Mitarbeiter viele Krankheitstage, vielleicht wegen einer notwendigen OP? Waren seine Barumsätze schlechter, weil er sich häufig um die Rezepte des Pflegeheims gekümmert hat? Vermeiden Sie Fehlinterpretationen! Es gibt viele Gründe, die nichts mit der Motivation des Mitarbeiters zu tun haben. Kaum etwas ist ärgerlicher, als vom Chef in regelmäßigen Abständen mangelnde Leistungsbereitschaft vorgeworfen zu bekommen, obwohl man die ungeliebten Aufgaben übernommen hat, und sich dann auch noch rechtfertigen zu müssen.
Wer kann etwas gegen die Fluktuation tun?
Es heißt, dass die Stimmen, Gefühle und Meinungen von Mitarbeitern wichtiger sind denn je. Wenn Unternehmen verhindern wollen, dass Mitarbeiter kündigen, müssen sie ihnen Gehör schenken und verstehen, dass sie ihre Ansichten einbringen wollen. Ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten und die Entwicklung des Unternehmens müssen für die Angestellten klar ersichtlich sein.
Dass die Mitarbeiter und ihre Arbeit gesehen werden, in Mitarbeitergesprächen, Teambesprechungen oder im persönlichen Gespräch, ist selbstverständlich? Achtung! Als Führungskraft scheint es einem vielleicht so, aber das Empfinden der Mitarbeiter kann abweichen. Haben Sie schon einmal einen Geburtstag vergessen oder einen Arbeitsplan deutlich über einen längeren Zeitraum verändert, ohne Rücksprache zu halten?
Der Kölner Ökonom Matthias Heinz führte eine Untersuchung in einer Supermarktkette im Baltikum durch. Die Personalfluktuation im ersten Jahr lag je nach Filiale bei bis zu 80 Prozent. Das erklärte und dringende Ziel: die Personalfluktuation senken. Dass Personal das Unternehmen wieder verlässt, kann viele Gründe haben. Im konkreten Fall sollten die Führungskräfte allerdings ausschließlich den Mitarbeitern mehr Aufmerksamkeit entgegenbringen. Die zusätzlich investierte Zeit der Führungskraft in die Beziehung zu den Mitarbeitern konnte die Fluktuation um 25 Prozentpunkte senken.
Wenn wir in Betracht ziehen, dass häufig Probleme mit den Vorgesetzten als Grund für die Kündigung gelten, sollte auf den Kontakt zwischen der Führung und den Mitarbeitern ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Führungskräfte, die regelmäßig beispielsweise durch Supervision oder in Fortbildungen ihre Führungsfähigkeiten erweitern, können wertschätzender mit den Mitarbeitern umgehen und Abläufe und Entscheidungen transparent kommunizieren.
Die Führungskräfte sind keine Hellseher. Für die Reduktion der Personalfluktuation können auch die Angestellten Verantwortung übernehmen, indem sie ihre Bedürfnisse äußern. Dabei ist die Führungskraft für eine Unternehmenskultur verantwortlich, in der jeder einen Weg finden kann, gehört zu werden.
Das Exit-Gespräch – immer besser werden
Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, kann in einem abschließenden Gespräch eruiert werden, welche Umstände zu der Kündigung geführt haben. Auch wenn die Gründe sehr individuell sein können, werden die speziellen „Schwachstellen“ im Unternehmen deutlicher sichtbar und lassen sich in der Zukunft beheben. |
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