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Gesundheitspolitik
Melatoninkapseln: Nicht immer ein Arzneimittel
Unklare Studienlage geht zulasten des BfArM
Vertrieben wurden die Kapseln, die neben dem Melatonin auch 50 mg Melissenextrakt enthalten, als Nahrungsergänzungsmittel. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stellte allerdings auf Antrag eines Regierungspräsidiums fest, dass es sich bei dem Produkt um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt. Gegen diese Feststellung zog die Herstellerin der Kapseln vor das Verwaltungsgericht. In erster Instanz wurde ihre Klage abgewiesen, im Berufungsverfahren gab ihr das OVG nun statt.
Das Gericht ordnet die Kapseln nicht als „Funktionsarzneimittel“ ein. Ein solches liege nicht vor, „wenn die Auswirkungen des Erzeugnisses auf die physiologischen Funktionen nicht nennenswert sind und nicht über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Bislang gebe es keine hinreichende wissenschaftliche Klarheit, ob die Aufnahme von 1 mg Melatonin bei gleicher Wirkung nicht auch über Lebensmittel möglich sei. Diese Unsicherheit gehe zulasten des BfArM: Die Behörde müsse als Beklagte beweisen, dass ein Arzneimittel vorliege. Das Gericht prüfe zwar, ob dieser Nachweis gelungen ist, müsse ihn aber nicht selbst führen.
Was denkt der Durchschnittsverbraucher?
Als „Präsentationsarzneimittel“ stuft das OVG die Kapseln ebenfalls nicht ein. Das wäre der Fall, wenn sie als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder empfohlen würden. Zwar gebe die Herstellerin an, die Kapseln förderten den natürlichen Schlaf und seien auch bei Jetlag hilfreich. Damit erwecke sie aber nicht in einer Weise den Eindruck einer heilenden, vorbeugenden oder Leiden lindernden Wirkung, dass der verständige Durchschnittsverbraucher ungeachtet der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel von einer Arzneimitteleigenschaft ausgehen würde. Gleiches gelte für die enthaltene Melisse, die Verbrauchern in erster Linie als – frei verkäuflicher – Tee bekannt sein dürfte.
Die Revision hat das OVG nicht zugelassen. Möglich ist nun noch eine Nichtzulassungsbeschwerde des BfArM. |
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