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Gesundheitspolitik
BGH: E-Bike-Gewinnspiel von DocMorris war unzulässig
Bundesgerichtshof bleibt dabei: An Rezepteinlösung gekoppeltes Gewinnspiel setzt unsachliche und kritische Anreize
Im Jahr 2015 hatte DocMorris mit einem Gewinnspiel geworben, in dem als Hauptpreis ein E-Bike im Wert von 2500 Euro ausgelobt war, zudem neun hochwertige elektrische Zahnbürsten. Wer teilnehmen wollte, musste ein Rezept einreichen. Die AKNR hielt das für wettbewerbswidrig, mahnte DocMorris ab und zog dann vor Gericht.
Wie weit wirkt das EuGH-Urteil von 2016?
In erster Instanz wurde die Klage vom Landgericht Frankfurt noch abgewiesen. Diese Entscheidung fiel im Frühjahr 2017 unter dem Eindruck des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rx-Preisbindung. Zwar beanstandete die AKNR in dem Gewinnspiel-Verfahren nicht, dass das Arzneimittelpreisrecht unterlaufen werde. Vielmehr sah sie einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, weil unter anderem gegen das Heilmittelwerberecht verstoßen werde. Doch das Landgericht fand, die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) müssten nach der EuGH-Entscheidung vom Oktober 2016 europarechtskonform ausgelegt werden – und zwar dahingehend, dass sie hier nicht zur Anwendung kommen. Die Werbung für das Gewinnspiel sei damit zulässig.
Zweite Instanz bejaht HWG-Verstoß
Die AKNR ging in Berufung – und in der zweiten Instanz fiel das Urteil anders aus: Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab der Apothekerkammer im Jahr 2018 recht. Es sah hier durchaus einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 HWG normierte Zuwendungsverbot vorliegen und bejahte einen Unterlassungsanspruch.
Es folgte die Revision von DocMorris zum BGH. Der beschloss Anfang 2020, den EuGH anzurufen. Schon in diesem Beschluss wurde deutlich, dass die Karlsruher Richter § 7 HWG anwenden und das Urteil des OLG bestätigen möchten. Eine verbotene Werbegabe kann demnach angenommen werden, wenn ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren zumindest die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet. Und diese sah der BGH durchaus: Durch das Gewinnspiel könnten Patienten verleitet sein, auf die Beratung in der Apotheke zu verzichten. Im Beschluss hieß es dazu: „Die Entscheidung des Patienten für den Bezug eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei einer in- oder ausländischen Versandapotheke statt bei einer stationären Apotheke, die eine objektiv benötigte Beratung leisten kann, sollte nach Ansicht des Senats auf sachlichen Gründen beruhen und nicht durch aleatorische Reize beeinflusst werden.“
Doch die Bundesrichter wollten sichergehen und fragten die Kollegen in Luxemburg, ob es mit den Bestimmungen im EU-Humanarzneimittelkodex zur Arzneimittelwerbung vereinbar ist, das deutsche Zugabeverbot in einem Fall wie dem vorliegenden anzuwenden.
EuGH stellt keine Hürden
Der EuGH entschied sodann im vergangenen Juli: Ja, auch ausländische Versender müssen die Zugabeverbote des Heilmittelwerbegesetzes beachten, sie stehen dem europäischen Recht nicht entgegen.
Jetzt lag der Ball also wieder beim BGH. Am vergangenen Donnerstag wurde nochmals in Karlsruhe verhandelt – am Nachmittag stand der Tenor der Entscheidung, allerdings noch ohne schriftliche Gründe. Klar ist aber: Der BGH hat die Revision von DocMorris zurückgewiesen. Lediglich die von der AKNR eingeforderten Abmahnkosten muss der Arzneimittelversender nicht erstatten. Abgesehen davon ist die Entscheidung des OLG Frankfurt damit rechtskräftig.
Kritischer Beratungsverzicht
Wie die AZ von Prozessteilnehmern erfuhr, machte das Gericht in der Verhandlung erneut deutlich, dass die Teilnahme an einem Gewinnspiel und die damit verbundene Übersendung der Verschreibung an die Versandapotheke den Kunden von der Zweitberatung in der Apotheke abhalten könne (angenommen die erste erfolgte beim Arzt).
AKNR-Präsident Armin Hoffmann sagte gegenüber der AZ: „Wir freuen uns, dass der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung die Reichweite der EuGH-Entscheidung Deutsche Parkinson Vereinigung eingeschränkt hat. Damit ist zunächst einmal im Interesse der Patienten sichergestellt, dass sich auch ausländische Versender an die Regelungen in Deutschland halten müssen. Vor allem aber hat der BGH die Bedeutung der pharmazeutischen Beratung hervorgehoben, von deren Inanspruchnahme der Patient nicht durch Gewinnspiele oder andere Vergünstigungen abgehalten werden soll.“ |
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