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Management

Und jährlich grüßt der Weihnachtstrubel

Wie Sie Stresssituationen bemerken und Stressgefühle verändern können

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier. Und ganz gleich wie viele Lichtlein auch brennen im Laufe dieses Dezembers, eins ist klar: Dieser Advent wird wohl kaum in die Annalen der Geschichtsbücher eingehen als ein besonders beschaulicher. Lauschen wir dem Gespräch dreier Kollegen, die sich über die weihnachtlichen Gepflogenheiten und menschlichen Grundbedürfnisse ihrer Kunden sowie den allseits, mindestens latent präsenten Weihnachtsstress unterhalten, um ihre eigenen Rückschlüsse daraus zu ziehen und so den Transfer ins Jahr 2022 wagen.

Herr Spekulatius, Frau Makrone und Frau Zimtstern stimmen sich auf den zu erwartenden Ansturm des heutigen Tages ein. „Wisst ihr noch?“, fragt Frau Zimtstern in die Runde. „Als Kalender noch wichtiger waren als QR-Codes und Testzertifikate? Das waren Zeiten. Wer hätte das gedacht.“ Frau Makrone ergänzt mit romantisch verklärtem Blick: „Ja. Damals. Was haben wir uns aufgeregt und als wie stressig haben wir es empfunden. Immer wieder das Gleiche. Haben wir gesagt. Jedes Jahr. Täglich grüßt das Murmeltier. Damit die vergilbten Stellen an der Küchenwand nicht auffallen, musste es immer der gleiche Kalender im gleichen Format sein.“ „Stimmt“, nickt Herr Spekulatius zustimmend. „Und erinnert ihr euch noch an das Jahr, in dem wir von rechteckig auf quadratisch umgestellt haben? Der HV bebte ja förmlich vor Stressenergie. Unser allseits bekannter Kunde Herr Urgewalt wollte doch damals sogar die Farbe bezahlt haben von uns, die er für den Neuanstrich der Küche kaufen musste. Kein Scherz! Eine gewaltige Welle des Missmuts hat uns überrollt. Und was wären wir froh, wenn wir uns auch in diesem Jahr ausschließlich wieder mit diesen immer gleichen Lappalien auseinandersetzen dürften.“

Eine Frage der persönlichen Sicherheit

Frau Zimtstern führt den Gedanken fort: „Ist das nicht interessant, wie sehr sich das Bedürfnis nach Sicherheit durch Wiederholen von Bekanntem und Gewohntem schon in den kleinen Dingen des Alltages widerspiegeln kann? Wie in einem Kalender? Und wie schnell das Abweichen von diesen altbekannten Strukturen zu Stress führen kann? Das wird dieses Jahr noch um Längen übertroffen. Jetzt, wo uns alle die Unsicherheit mit der vierten Welle besonders stresst.“ „Das ist richtig“, stimmt Frau Makrone mit ein. „Das erklärt auch die angespannte Stimmung, die unterschwellige Unruhe und die geringe Frustrationstoleranz. Jede Menge Anspannung. Dieser Stress, der ja noch größer wird durch die Unsicherheit, wie es weitergeht und was zu tun ist, bremst meine Kreativität und Vorfreude ziemlich aus.“ „Ja, ein richtiger Spagat, den wir da machen dürfen. Zwischen besinnlicher Adventszeit und aufwühlendem Geschehen um uns herum. Dabei ist uns doch gerade hier so wichtig, dass unsere Kunden sich gut aufgehoben, betreut und beraten fühlen“, lenkt Herr Spekulatius die Unterhaltung wieder in die pharmazeutischen Bahnen zurück. „Das bedeutet auch, dass wir Ruhe und Sicherheit ausstrahlen müssen, wenn wir im Kundengespräch sind. Keine Kleinigkeit, weil ja auch an uns die Gesamtsituation nicht spurlos vorübergeht. Wir persönlich sind dem Geschehen genauso ausgesetzt und auch unser Stresspegel ist erhöht. Ich weiß nicht, wie es euch geht. Aber wenn ich mich vollkommen auf den Kunden einstelle, dann gelingt es mir recht gut, das ganze Chaos aus­zublenden, und dadurch werde ich auch innerlich wieder ruhiger.“ „Stimmt. Und das gibt wieder Sicherheit. Allen Beteiligten.“, denkt Frau Makrone laut nach. „Aber wie ist das denn mit dem Stress und der Kreativität? Klar, wenn ich im Stress bin, dann ist der Sympathikus aktiv und feuert.“

Wenn Plätzchenbacken stressig ist

„Archaisch gesehen kämpfe ich mit dem Säbelzahntiger und habe keine Zeit, mich unter den Baum zu legen und ein Schläfchen zu machen.“ Frau Makrone kichert. „Also wahlweise unter den Weihnachtsbaum.“ Frau Zimtstern macht augenzwinkernd mit: „Nein. Selbst etwas Schönes wie Plätzchenbacken wird dann schnell stressig. Kein Wunder bei unseren hohen Kortison- und Adrenalinspiegeln!“ Herr Speku­latius bietet wieder die Brücke in den Apothekenalltag an: „Und wie wahrscheinlich ist es dann, dass wir im Gespräch mit unserem Kunden eine umfassende Beratung leisten können, die ihn begeistern kann? Wohl eher sehr unwahrscheinlich. Weil wir selbst definitiv im Überlebensmodus sind. Das macht sich dann nicht nur tagsüber bemerkbar, sondern auch nachts. Ich jedenfalls schlafe zurzeit ganz schön schlecht.“ Frau Makrone nickt leicht betrübt: „Ja. Kenne ich. Hast du denn schon eine Möglichkeit gefunden, wie du dem Stress begegnen kannst und gelassener durch den Tag und die Nacht kommst?“

Drei Techniken zur Stressreduktion

„Nun“, schaltet sich Frau Zimtstern ein. „Ich kenne ein paar Atemtechniken. Allein durch das Konzentrieren aufs Atmen schaffe ich es, das Bewusstsein weg vom Stressgedanken zu verlagern.“ Frau Makrone ist neugierig und fragt nach. „Ganz einfach. Ich atme dann bewusst ganz langsam ein und mache vor dem Ausatmen eine Pause. Dann atme ich langsam aus und mache wieder eine Pause.“ „Und das funktioniert?“, äußert Frau Makrone skeptisch. „Aber klar doch“, entgegnet Frau Zimtstern. „Und das Ganze kann man noch mit einer Visualisierung kombinieren, dann wirkt es noch besser. Dabei stellst du dir vor, dass du beim Einatmen die Luft über die Wirbelsäule von unten nach oben ziehst in den hinteren Teil des Gehirns. Da ist das so­genannte Reptiliengehirn, das im Stressmodus mit viel angestauter Energie aktiv ist. Dort hältst du kurz die Luft an und schickst den Atem dann mit der Ausatmung über den mittleren Hirnabschnitt nach vorn in den Neocortex und über die Stirn hinaus nach außen. So entlässt du die angestaute Energie und dein System kann sich beruhigen. Der Parasympathikus fährt hoch.“

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Sich auf die eigene Atmung zu konzentrieren, ist eine von vielen Möglich­keiten der Stressreduktion. Wer hier tiefer einsteigen will: Googeln Sie doch einfach mal nach dem Stichwort Pranayama.

„Ist ja schon spannend“, findet Herr Spekulatius. „Aber mir reicht allein schon die Erkenntnis, dass Stress im Hirn erzeugt wird und über den Körper zum Ausdruck kommt. Ich bin mehr als meine Gedanken. Und auch mehr als mein Körper. Wenn ich merke, dass ich gestresst bin, dann kann ich das auch kontrollieren und mich bewusst gegen das Stress­gefühl entscheiden.“ „Ja, perfekt. Da haben wir schon drei Möglichkeiten gefunden, dem Stress ein Schnippchen zu schlagen!“, freut sich Frau Makrone.

Der Ursache auf den Grund gehen

„Ich habe noch eine Idee“, sprudelt es aus Frau Makrone gut gelaunt heraus. „Wie wäre es, wenn wir uns überlegen, was uns generell stresst und wir den Ursachen auf den Grund gehen? Welche Situationen und welche Umstände führen dazu, dass wir in diese Stressreaktion überhaupt geraten? Und dann herausfinden, wie wir sie so abwandeln können, dass wir eben nicht mehr so häufig im Stress­modus unterwegs sind.“ „Genial“, findet Herr Spekulatius und kommt direkt in die Umsetzung. „Das machen wir doch am besten direkt. Jeder achtet noch heute darauf, wann sich eine Stressreaktion zeigt, und notiert, worum es geht. Das können wir dann auch gleich für unsere Jahresplanung nutzen. Ich habe gerade eben noch überlegt, dass wir bald das Jahr geschafft haben. Und bevor das andersrum ist und das Jahr uns geschafft hat, greifen wir doch zu dieser Strategie. Damit beantworten wir auch die Frage, was wir im nächsten Jahr auf gar keinen Fall mehr erleben wollen. Und wenn wir das ins Gegenteil umkehren, dann wissen wir automatisch, was wir wollen. So schließen wir dieses Jahr bewusst ab und stimmen uns gleich auf das neue Jahr ein. Wir beeinflussen aktiv, wie wir uns fühlen und was wir tatsächlich tun wollen.“

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Monika Raulf

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Gute Vorsätze fürs neue Jahr

„Da hätte ich dann auch gleich schon etwas“, findet Frau Zimtstern: „Ich sage nur Lautstärke.“ Frau Makrone: „Oh ja. Die stresst mich auch.“ „Seht ihr: Schon sind wir uns alle einig und beschließen, ab heute nicht mehr mit erhobener Stimme zu sprechen. Also, falls möglich – und falls wir es merken“, fügt Frau Zimtstern mit dem Schalk im Nacken hinzu. „Ganz einfaches Beispiel und doch effektiv. Davon brauchen wir mehr! Ich bin gespannt“, beendet Herr Spekulatius das Gespräch hoffnungsvoll. Denn in diesem Augenblick öffnen sich die Türen und der adventliche Alltag nimmt wieder Fahrt auf. Herr Spekulatius, Frau Makrone und Frau Zimtstern gelingt es, jeder seine eigene Technik findend, dem individuell unterschiedlich hoch gefühlten Arbeitsstress standzuhalten und stets, immer wieder von Neuem, in einer vorweihnachtlichen Stimmung zu verbleiben. Am Abend beschließen sie, dass dies etwas ist, was sie mit in den nächsten Tag und auch ins nächste Jahr nehmen wollen: Stresssituationen bemerken und filtern, Stress­gefühl verändern – im Flow sein. Wie heißt es noch so schön? „Same procedure as ... yesterday!“

In diesem Sinne für Sie alle eine möglichst stressarme vorweihnachtliche Zeit, ein harmonisches Weihnachtsfest und einen brillanten Auftakt in ein Jahr 2022, das sich von seiner allerbesten Seite präsentiert. |

Monika Raulf, Apothekerin und zertifizierter Coach, www.co-pha.com

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