Gesundheitspolitik

Burda klagt gegen Spahn und Google

Landgericht München entscheidet im Eilverfahren über umstrittene Kooperation

ks | Die Kooperation des offiziellen Gesundheitsportals des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit dem Internetriesen Google beschäftigt derzeit das Landgericht München. Diese Woche Mittwoch soll in zwei Eilverfahren entschieden werden, ob es rechtmäßig ist, dass Google bei einer Suche nach Krankheitsbildern die gesund.bund.de-Informationen besonders pro­minent platziert. Angezettelt hat den Rechtsstreit das zum Burda Medienkonzern gehörende Gesundheits-Informationsportal Netdoktor.de.

Seit September 2020 ist das sogenannte Nationale Gesundheitsportal des BMG unter www.gesund.bund.de online. Nachdem die Plattform, die qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen verspricht – „unabhängig, wissenschaftlich belegt und leicht verständlich“ –, bei der Google-Suche nicht in den Top-Treffern landete, gab Minister Jens Spahn (CDU) im vergangenen November eine Kooperation mit Google bekannt: Wer gängige Krankheitsbilder oder -symptome googelt, bekommt seitdem neben anderen Suchergebnissen einen hervorgehobenen Kasten angezeigt, in dem sich Informationen des BMG-Portals finden. Diese Zusammenarbeit löste erhebliche Irritationen aus, vor allem in der Verlagsbranche, aber auch beim Bund der Steuerzahler, in der Opposition und bei Arzneimittelherstellern.

Im Dezember leitete die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein ein medienrechtliches Verfahren gegen Google ein. Und auch Hubert Burda Media will die Bevorzugung des staatlichen Portals bei der Google-Suche nicht hinnehmen. Mit Netdoktor.de geht der Konzern daher vor dem Landgericht München gegen die Bundesregierung und Google vor. Zunächst will das Unternehmen im einstweiligen Rechtsschutz­verfahren erreichen, dass Google verboten wird, bei der Suche nach Krankheitsbildern/-symptomen in hervorgehobenen Informationskästen exklusiv die Angebote der Gesundheitsplattform gesund.bund.de anzuzeigen.

Netdoktor: Marktmissbrauch

Bereits am 20. Januar wurde vor dem Landgericht München über die Eilanträge verhandelt. Die Entscheidungen werden nun am 10. Februar erwartet. Bei Netdoktor.de/Burda ist man der Auffassung, dass der Staat beim Aufbau von gesund.bund.de und der Zusammenarbeit mit dem „Monopolisten Google“ seine Kompetenzen überschritten hat und die Pressefreiheit verletzt. Er dürfe nicht im Wettbewerb zu privaten Angeboten Gesundheitsratgeber – auf Kosten der Steuerzahler – erstellen und damit den privaten Wettbewerb verdrängen. Kartellrechtlich handele es sich um Marktmissbrauch, so die Argumentation vor Gericht. Und zu diesem leiste das BMG Beihilfe. Bei Netdoktor.de ist man überzeugt: Das BMG kann nicht für sich allein beanspruchen, seriös, unabhängig und wissenschaftlich belegt über Gesundheitsthemen zu informieren.

Der Bund meint dagegen, er werde seiner staatlichen Informationsaufgabe gerecht. Es gehöre auch zu seinen Aufgaben, die Bürger vor den werbefinanzierten und daher mutmaßlich beeinflussten Angeboten einiger Privater zu schützen. Eine kartellrechtlich relevante Absprache liegt sowohl nach Auffassung des BMG als auch von Google nicht vor.

„Focus“: BMG fürchtet um Autorität des Ministers

Auch Jan Fleischhauer, Kolumnist beim ebenfalls zu Burda gehörenden „Focus“, hat das Thema nun aufgegriffen. Er schreibt in seiner Kolumne, es habe ihn „irgendwie stolz gemacht“, dass sich sein Arbeitgeber mit der Regierung anlegt. „Welcher Verlag traut sich das schon?“ Für ihn zeigt der Fall exemplarisch, wie die Regierung über die freie Presse denke: Sie sei „irgendwie notwendig“, so stehe es ja auch im Grundgesetz. „Aber am besten nimmt man die Sachen doch selbst in die Hand. Wer weiß besser, was für die Menschen gut ist, als diejenigen, die von ihnen gewählt wurden?“, schreibt Fleischhauer. Und der Kolumnist berichtet auch vom anhängigen Verfahren: Die Anwälte des Ministeriums hätten in der mündlichen Verhandlung das Gericht „beschworen“, ein Beschluss gegen Spahn würde „die Autorität des Ministers und der Regierung beschädigen“. Das wiederum würde „die Wirksamkeit der aktuell beschlossenen Schutzmaßnahmen beeinträchtigen“ und so einen irreparablen „gesellschaftlichen Schaden“ verursachen. Aus dem Schriftsatz zitiert er: „In der aktuellen Situation muss die Bundesregierung alles tun, um den Bundesminister für Gesundheit zu schützen, der das Gesicht ihrer Bundespolitik in der ersten Reihe ist.“

Klar ist: Die Regierung und allen voran Jens Spahn stehen unter Druck. Nun darf man auf die am kommenden Mittwoch erwarteten Entscheidungen gespannt sein. Das letzte Wort ist dann noch nicht gesprochen – es geht um eine einstweilige Regelung, bei der das Gericht nur summarisch prüft. Es wird auch im Haupt­sacheverfahren geklagt – doch hier wird das Urteil etwas länger auf sich warten lassen. |

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