Die Seite 3

Papier ist geduldig

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Wer hätte gedacht, dass wir uns zur Einführung des elektronischen Rezepts noch mit einem klassischen Blatt Papier aushelfen müssen?

Lorenz Weiler zum Beispiel, der vor zwei Jahren sein „Papier-E-Rezept“ präsentierte (S. 70). Technisch wirkte das Konzept des Hannoveraner Apotheken­inhabers ausgereift. Im Rahmen einer Diskussionsrunde der DAZ beim Deutschen Apothekertag 2019 verteidigte er seine Vision, unter anderem gegenüber dem Cheflobbyisten der Versandapotheken Christian Buse.

Wir erinnern uns: Damals war eine Zeit, in der wir noch ohne Masken und vor allem ohne konkrete Vorstellungen herumliefen, wie denn das E-Rezept der Zukunft aussehen soll, und wie dieses in unsere Apotheken gelangen kann: ­Zusammen mit den Patienten durch die automatische Schiebetür? Oder ganz unpersönlich per App durch das digitale Hintertürchen?

Die Zukunft ist jetzt, doch auf die endgültigen Antworten müssen wir noch warten. Fest steht, dass es die digitalen Verordnungen ab Juli auch bzw. hauptsächlich erst mal in Papierform geben wird. Auf die App der gematik könnten die GKV-Versicherten zwar auch setzen, doch dafür ist noch bis Ende des Jahres ein relativ aufwendiges Authentifizierungsverfahren notwendig. Für technisch nicht ganz so versierte Patienten, oder Menschen, die nur selten auf Arzneimittelverordnungen angewiesen sind, sicher ein Hemmnis.

Dabei hätte es mit der elektronischen Gesundheitskarte durchaus ein Tool gegeben, das jedem Versicherten ausgehändigt wird und mit dem Identifikationen sowie Informationen zwischen den Leistungserbringern ausgetauscht werden können.

Klar, auch Chipkarten wirken irgendwie „old school“ und widerstreben so manchem Fortschrittsgedanken. Darauf weist beispielsweise ABDA-IT-Experte Sören Friedrich im Interview auf S. 56 hin, obwohl er die (Übergangs-)Lösung mit den Kärtchen insgeheim präferiert hätte.

Überhaupt scheint die gematik immer wieder ihr eigenes Ding zu drehen – mit Rückendeckung des Bundesgesundheitsministeriums. Die Gesellschafter, wie die Ärzte und Apotheker, dürfen beraten und Nuancen setzen, aber häufig nur abnicken und akzeptieren. Der Deutsche Apothekerverband kann mit seinen inzwischen nur noch 3,92 Prozent Gesellschafteranteilen eben nicht mehr ganz so protzen wie ein Minister mit üppigen 51 Prozent. Und für Entscheidungen ist eine Mehrheit von - welch Zufall – 51 Prozent notwendig. Das Resultat: Keine E-Rezept-App aus der Apothekerschaft, keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Tokens nach wie vor teil- und zuweisbar und Ärzte sollen Verordnungen auch selbst an Apotheken leiten dürfen (S. 64). Die Rahmenbedingungen wirken mitunter Versandhandelsfreundlich, obwohl dieser – jedenfalls ­offiziell – weder mit gematik noch mit ­Ministerium verbandelt ist.

Doch davon abgesehen blicken wir in unserem Schwerpunkt ab S. 50 sehr konstruktiv auf dieses neue Feld. Sicher, es gibt noch einiges zu klären, doch die meisten Apothekenteams dürften ab Juli in der Lage sein, souverän zu agieren, wenn sie die ersten E-Rezepte in den Händen halten.

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