Praxis

Stärke in Weiß oder zivile Nähe zeigen?

Pro

In unserer Apotheke legten wir schon immer Wert auf den Kittel. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen einen einheitlichen langen Kittel mit dem Logo unserer Apotheke. Dazu kommen weiße Schuhe und eine weiße Hose. Die Arbeitskleidung bezahle ich meinen Angestellten. Einmal pro Woche werden die Kittel abgeholt und gereinigt, jedem Angestellten stellen wir täglich einen frischen Kittel zur Verfügung. So sieht unser ganzes Team jeden Tag ordentlich aus.

„Der weiße Kittel strahlt Kompetenz aus und verbessert die Beratung“

Dr. Stephanie Weiser führt in einer offenen Handelsgesellschaft zusammen mit ihrem Vater drei Apotheken in Pforzheim.

Bei den Kunden hinterlässt das einen sehr sauberen und gepflegten Eindruck – und das zeugt von Qualität. Es unterstreicht unsere Kompetenz und unsere Kunden geben darauf ein gutes Feedback. Mit dem Kittel heben wir uns als Apothekerinnen und Apotheker hervor, außerdem steigert das Kleidungsstück die Beratungsqualität.

Vielen Jungen, besonders den eher schüchternen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hilft der Kittel, von manchen älteren Patienten ernst genommen zu werden. Der Kittel ­allein reicht dafür natürlich nicht aus: Ein sicheres Auftreten und Beratungskompetenz sind die Grundvoraus­setzung.

Für die meisten Angestellten ist der Kittel kleidsamer als die zivile Garderobe. Aber nicht alle unsere Mitarbeitenden finden das toll, manche würden lieber in lockerer Kleidung arbeiten. Wenn es im Sommer sehr heiß ist, erlaube ich meinen Mitarbeiterinnen, den Kittel wegzulassen, sich aber ansonsten komplett in Weiß zu kleiden. Wir tragen den Kittel aber nicht, weil wir auf derselben Stufe wie Ärzte wahrgenommen werden wollen.

 Kontra

In einer Apotheke, in der ich früher angestellt war, mussten wir immerzu Kittel tragen. Meine Chefin sagte, dass der Kittel Kompetenz ausstrahlt. Ich entgegnete, dass ich keinen Kittel benötige, um mich wohlzufühlen und kompetent auszusehen.

„Apotheker sollten unabhängig von der Kleidung selbstbewusst auftreten“

Dr. Sebastian Baehs betreibt vier Apotheken im Starnberger und Germeringer Raum.

Aktuell tragen wir in meinen Apotheken Zivilkleidung, natürlich mit Namensschild und Funktion aller Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine zu legere Straßenkleidung geht dabei nicht. Ich mag Kittel einfach nicht, aber das ist reine Geschmackssache.

Zu Zeiten des Oktoberfestes haben wir unsere Kunden in der Vergangenheit auch schon in Trachten beraten. Das kam bei den Patienten sehr gut an, und bei der Beratung wurden wir genauso ernst genommen wie sonst auch. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten nicht schlechter, nur weil sie keinen Kittel tragen. Wer Zivilkleidung trägt, baut durch sein Äußeres Distanz zum Kunden ab. Außerdem schafft es ein klares Hygienekonzept: In der Rezeptur wird ein Kittel übergezogen und wir laufen keine Gefahr, dass die Bereiche zwischen ­Offizin und Rezeptur verwischen. Auch Ärzte kleiden sich sehr heterogen: Manche Mediziner arbeiten im Kittel, andere in Polohemden und andere in Zivil. Wahrscheinlich arbeiten wir alle ­besser, wenn wir uns wohl in unserer Haut fühlen.

Ich kann verstehen, wenn Apotheker mit dem Kittel ihre Kompetenz nach außen tragen möchten. Auch im Alltag wählen wir unsere Kleidung danach, wie wir uns wohlfühlen. Daher muss die Kleidung in der Apotheke zum Team, zum Standort und zum Inhaber passen. Aber selbstbewusst sollten wir unabhängig von der Kleidung auftreten.

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