Prisma

Wie im Kokon

Zielgerichtete Wirkstofffreisetzung dank molekularem Käfig

Schema des molekularen Käfigs. Durch Ultraschall induzierte Scherkräfte öffnen den Käfig und lassen eingeschlossene Wirkstoffe frei.

mp | Einen Großteil der heutigen Pharmakotherapie betreiben wir nach dem Gießkannenprinzip: Wollen wir Entzündungen in bestimmten Organen hemmen oder die Hormonproduktion in definierten Geweben beeinflussen, setzen wir oral einzunehmende Arzneimittel ein. Diese verteilen sich im gesamten Organismus, bis sie auch den Zielort erreichen. Ist das nicht ineffektiv? Wie wäre es, wenn wir Arzneimittel einfach in Schachteln stecken und am Ort der Wahl auspacken könnten? Das mag nach einer romantischen Vorstellung klingen, doch mittlerweile können pharmazeutische Technologen ähnliches mithilfe spezieller Liposomen und Mizellen erreichen. Wissenschaftler der Heinrich-Heine-Univer­sität in Düsseldorf stellten in einer ­Publikation ein neues Prinzip vor, um Wirkstoffe womöglich noch gezielter freisetzen zu können. Dafür bauten sie molekulare Käfige, die Wirkstoffe binden und sich nach Ultraschallbestrahlung wieder öffnen. Die Käfige sind sogenannte coordination cages, also metallorganische Verbindungen, die sich in Lösung selbst zusammensetzen. In diesem Fall aggregieren die Syntheseprodukte der Forscher zu einem oktaedrischen Käfig. Palladium-Atome bilden dessen sechs Ecken und binden die beiden Stickstoffatome eines Bipyridin-Moleküls. Die Bipyridin-Liganden substituierten die Wissenschaftler wiederum mit Polyethylenglykol (PEG). Die wasserlöslichen PEG-Ketten waren nötig, um in der Mitte des oktaedrischen Käfigs einen hydrophoben Hohlraum zu bilden. Diesen Hohlraum konnten die Wissenschaftler mit entweder zwei Ibuprofen- oder einem Progesteron-Molekül beladen. Mit Scherkräften, die sie durch Ultraschall induzierten, konnten sie die Käfige wieder öffnen und die Wirkstoffe freilassen. Die Düsseldorfer Autoren der Studie sind überzeugt, dass dieses System zur Entwicklung innovativer Arzneiformen beitragen wird. |

Literatur

Küng R et al. Mechanochemical Release of Non-Covalently Bound Guests from a Polymer-Decorated Supramolecular Cage. Angew Chem Int Ed Engl 2021, doi:10.1002/anie.202102383

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