DAZ aktuell

Streit um „Schrottmasken“

BMG und BMAS uneins / BMG: Anforderungen des Infektionsschutzes sind erfüllt

jb | Der Streit zwischen Union und SPD um angeblich weniger geprüfte Corona-Schutzmasken belastet die Große Koalition. CDU-Chef Armin Laschet wies Attacken aus der SPD gegen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am vergangenen Montag scharf zurück. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm Spahn gegen Vorwürfe in Schutz. Die SPD-Spitze erneuerte dagegen ihre Kritik und hielt Rücktrittsforderungen gegen den Minister aufrecht. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wiederum versuchte, die Wogen zu glätten, und erklärte seine Sicht der Dinge in einem umfangreichen „Faktenblatt“.

Ein „Spiegel“-Artikel schlug am vergangenen Wochenende hohe Wellen. Der Vorwurf: Das BMG soll im Frühjahr 2020, als Masken absolute Mangelware waren, Hunderte Millionen Exemplare aus China bestellt haben. Masken, die in Deutschland normalerweise nicht zugelassen sind – denn sie haben kein europäisches CE-Zeichen und versprechen nur den chinesischen Standard KN95. Das BMG habe sie im Schnellverfahren prüfen lassen – allerdings laut „Spiegel“ nicht „mit dem neuen Schnellverfahren, das damals frisch eingeführt wurde, um Deutschland in der Not rascher ver­sorgen zu können“, sondern mit einer noch ab­gespeckteren Variante. Konkret sei die Temperaturprüfung weggelassen worden, bei der getestet wird, was passiert, wenn die Maske 24 Stunden lang 70 °C ausgesetzt ist. Auch eine Gebrauchssimulation, mit der man herausfinden möchte, wie sich eine Tragedauer von 20 Minuten auf die Schutzwirkung auswirkt, sei nicht durchgeführt worden.

Das BMG streitet sich nun schon eine Weile mit dem Arbeitsministerium (BMAS), wie man mit diesen Masken verfahren soll. Spahn will sie wohl unters Volk bringen, das SPD-geführte Arbeitsministerium nicht, weil sie nach dessen Ansicht die Anforderungen nicht erfüllen. Das BMG soll aber versucht haben, sie in Sonderaktionen an Hartz-IV-Empfänger, Behinderte oder Obdachlose zu verteilen. Bis heute sitze der Bund auf Hunderten Millionen dieser Masken. Nun sei das Infektionsschutzgesetz so geändert worden, dass diese Masken in die neue Notreserve des Bundes wandern und dort verfallen können.

BMG verweist auf CPI-Prüfmaßstab

Die Empörung ist entsprechend groß, Spahns Rücktritt wird gefordert. Das BMG hat seinerseits am vergangenen Sonntag ein Faktenblatt veröffentlicht, in dem es seine Sicht der Dinge erklärt. Es verweist dabei auf die absolute Notlage hinsichtlich der Beschaffung von Schutzausrüstung und dass die EU-Kommission die Einfuhr und Nutzung von persönlicher Schutzausstattung aus Staaten außerhalb der EU vereinfacht und auch ausdrücklich empfohlen habe. Weil aber bei Masken aus China die Dokumente „vielfach unzureichend“ sind, haben das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der TÜV Nord und das BMG einen besonderen Prüfmaßstab für Infektionsschutzmasken entwickelt, um die Einhaltung der grundlegenden Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen für den bezweckten Einsatz der Schutzmasken als COVID-19-Schutz insbesondere im medizinischen Bereich zu gewährleisten, so das BMG. Der Prüfgrundsatz sei mittlerweile unter dem Begriff CPI (Corona-Pandemie-Infektionsschutzmaske) im Infektionsschutzgesetz normiert und wissenschaftlich abge­sichert. Er überprüfe speziell die infektionsschützende Wirkung der Masken. Alle Schutzmasken, die den CPI-Prüfmaßstab erfüllten, gewährleisteten einen effektiven Infektionsschutz.

Infektionsschutz ist wesentlich

Tatsächlich gebe es aber zwei wesentliche Unterschiede zwischen dem CPI-Prüfgrundsatz und den früher, vor der Empfehlung der EU-Kommission zur erleichterten Einfuhr, geltenden Regelungen, nämlich die Temperaturkon­ditionierung und die Gebrauchssimulation. Erstere zielt aber nach Ansicht des BMG vor allem auf den Arbeitsschutz ab und ist deswegen für den gewünschten Zweck erlässlich. Anlege- und Gebrauchssimulationen hingegen seien durchgeführt, eben nur nach einem anderen Maßstab. Und so lautet das Fazit des BMG: „Die Schutzmasken, die seitens des BMG zur Verteilung an Gemeinschaftseinrichtungen vorgeschlagen wurden, erfüllen nachweislich die Anforderungen des Infektionsschutzes – und genau um den geht es in der aktuellen Pandemie.“

Differenzen nur bei der Rechtsgrundlage

Aber genau auf diesem Unterschied gründet der Zwist zwischen den Ministerien: BMG und BMAS haben offenbar unterschiedliche Vorstellungen von der Prüfnorm. Denn im Zusammenhang mit Corona wurde eine weitere vereinfachte Prüfnorm geschaffen – Corona-Pandemie-Arbeitsschutz (CPA). Und diese werde vom Arbeitsministerium eingefordert, erläutert das BMG weiter in dem Faktenblatt. „Zwischen BMAS und BMG gib es keine unterschiedlichen Auffassungen über die notwendige Sicherheit, wohl aber über die korrekt anzuwendenden Rechtsgrundlagen“, heißt es wörtlich. In den Aspekten, die dem Infektionsschutz dienen, seien beide Normen aber identisch, beteuert Spahns Ministerium. |

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