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Dienstleistungen
Sie kamen, sahen und impften
Ein Jahr Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung in Apotheken
DAZ: Herr Reiz, wie verlief das Impfen in der Apotheke für Sie?
Reiz: Sehr gut, wir freuen uns auf die zweite Saison. Lange forderte der Berufsstand, Apotheker als Heilberufler zu stärken. Als die Politik Pilotprojekte ermöglichte, gab sie uns eine Steilvorlage. Diese galt es zu verwandeln und nicht, neben den Ball zu treten.
DAZ: Wie fühlte es sich an, als Sie Ihre ersten Patienten impften?
Reiz: Es war nicht spektakulär. Seit Jahren messen wir etwa den Blutzucker unserer Patienten. Das Impfen ist nicht schwieriger. Davor muss man keine Angst haben.
DAZ: War der Aufwand groß, Ihre Apotheke vorzubereiten?
Reiz: Nicht sehr. Glücklicherweise hatten wir einen Beratungsraum, der groß genug war, um darin impfen zu können. Mit Blick auf künftige Dienstleistungen wäre es gut, wenn alle Apotheken versuchen, einen solchen Raum einzurichten.
DAZ: Wie reagierten Ihre Mitarbeiter auf das neue Angebot?
Reiz: Die Resonanz war großartig. Alle Approbierten wollten unbedingt impfen. Ich selbst bin dadurch selten dazu gekommen.
DAZ: Trotz des Stresses während der Pandemie hatten alle Freude an zusätzlicher Arbeit?
Reiz: Der stressigen Situation zum Trotz haben sie das Projekt gerne umgesetzt und am Wochenende die Schulungen besucht. Die Arbeit zum Impfen lenkte vom Alltag ab.
DAZ: Woher rührte die Begeisterung?
Reiz: Impfen ist eine Dienstleistung, die nah am Patienten ist. Außerdem macht es Spaß, sich heilberuflich weiterzubilden. Auch von jüngeren Kollegen kommt durch die Bank gutes Feedback. Für sie ist es ein Zeichen, dass sich der Apothekerberuf in die richtige Richtung entwickelt.
DAZ: Wie sind Kunden auf Ihr Angebot aufmerksam geworden?
Reiz: Wir selbst haben nicht geworben. Denn für uns hat die Impfstoff-Belieferung oberste Priorität und temporär zeichneten sich Engpässe ab. Die Medien machten Menschen darauf aufmerksam, dass sie sich in der Apotheke impfen lassen können.
DAZ: Wie nahmen Impflinge das Angebot auf?
Reiz: In Vorbereitung für die Impfung müssen wir mit den Patienten einige Fragen klären. Dadurch sitzen wir länger zusammen. Außerdem: Wer eine neue Dienstleistung einführt, gibt sich besonders viel Mühe. Daher fühlten sich die Patienten gut in der Apotheke aufgehoben.
DAZ: Meldeten sich ärztliche Kollegen?
Reiz: Wenn Apotheker impfen, informieren sie mehr Menschen über die Vakzination und werben für die Impfung. Ein befreundeter Arzt von mir erkannte die Konsequenz dessen: „Wenn ihr impft, haben auch wir bald mehr zu tun“, sagte er mir.
DAZ: Wird das Projekt im kommenden Herbst größer werden?
Reiz: Definitiv. Nach den ersten positiven Erfahrungen sagte die AOK zu, das Modellvorhaben über ganz Nordrhein zu erweitern. Außerdem: Hausärzte werden im Herbst vermutlich mehr gegen SARS-CoV-2 impfen als bisher, weil sich einige Impfzentren zurückziehen. Daher ist die Grippeimpfung in der Apotheke eine gute Ergänzung. Wir haben bei den Bestellungen berücksichtigt, dass wir mehr Impfstoff benötigen werden.
DAZ: Lieber Herr Reiz, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für die kommende Saison.
Viele Modelle sind startklar
Noch 2020 konnten sich auch im Saarland, in der Oberpfalz und Niedersachsen AOKen mit Apothekerverbänden einigen. Viele neue Projekte kamen seitdem hinzu, mal in ausgewählten Landkreisen, mal im gesamten Bundesland.
In Schleswig-Holstein war es kein Landesapothekerverband, sondern der Großhändler Gehe, der mit der AOK NordWest ein Projekt auf die Beine stellte. Im Saarland und in Berlin kamen Modellvorhaben mit anderen Krankenkassen als der AOK hinzu.
Fest steht: Mit der Zeit wurde unübersichtlich, wo in Deutschland Apotheken an Modellen teilnehmen können. Für einen schnellen Überblick hat die DAZ-Redaktion eine Impf-Landkarte erstellt (s. Abb.)|
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