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Plattformen und ihre Grenzen

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Chefredakteur

Immer mehr Waren und Dienstleistungen sind nur wenige Klicks von uns entfernt, sofern wir die jeweils passende Plattform im Netz wählen. Viele erwarten daher, dass auch die Zukunft der Apotheken davon abhängt, sich auf der richtigen Plattform zu präsentieren. Die ABDA hat ihr eigenes E-Rezept-Portal nicht als Monopol etablieren können, aber sie hat sich erfolgreich für das viel wichtigere Makelverbot eingesetzt. Es bedeutet im Kern, dass Portale nicht an den verordneten Arzneimitteln mitverdienen dürfen. Das soll Vermittler fernhalten, die sonst mit einiger Marktmacht die Apothekenmarge abschöpfen könnten. Doch auch etablierte apothekennahe Unternehmen, die derzeit Plattformen aufbauen, brauchen dafür Geld. Eine Plattform in der Öffentlichkeit so richtig bekannt zu machen, wird sogar sehr teuer. Damit scheint eine Transaktionsgebühr nahezuliegen. Doch eine solche Gebühr für preisgebundene verordnete Rx-Arzneimittel, sei sie nun abhängig vom Umsatz oder von der Packungszahl, droht sich im gerade erst geschaffenen Sicherheitsnetz des Makelverbots zu verfangen. Hinzu kommen die Preisbindung und das Heilmittelwerbegesetz. Hier drohen unerfreuliche rechtliche Probleme und zudem Kontroversen mit dem apothekenfreundlichen Selbstverständnis der Portale. Die Alternative einer nutzungsunabhängigen Pauschalgebühr erscheint dagegen unfair im Wettbewerb zwischen kleinen und großen Apotheken. Immerhin wäre sie wirtschaftlich halbwegs plausibel. Denn der Aufwand der Portale liegt in der Programmierung und im Marketing, aber kaum in der Anzahl der Transaktionen. So stehen mit der Gebührenfrage auch die apothekenfreundlichsten Plattformen vor einem echten Dilemma.

Zugleich sollten sich die Apotheker nicht vom Wirbel um die Portale täuschen lassen. Viel wichtiger ist für jede Apotheke, die eigenen Online-Zugänge für die eigenen Patienten zu etablieren. Bei Kunden, die heute „ihrer“ Apotheke vertrauen, wird es vergleichsweise einfach sein, sie von einer App oder anderen Instrumenten dieser Apotheke zu überzeugen. Das ist der Idealfall und besser als jeder Umweg. Das betrifft die umsatzstarken Stammkunden, die auch wirtschaftlich im Mittelpunkt stehen sollten. Daneben gibt es die jungen gesunden internetaffinen Städter, die auf ihren täglichen Wegen an mehr als zehn Apotheken vorbeikommen und zu keiner davon eine Bindung haben. Wenn sie doch mal krank sind, nutzen sie vielleicht gern ein Portal, weil sie es sonst auch tun. Auch diese Kunden werden älter und kränker. Darum ist es wichtig, dass apothekenfreundliche Plattformen ihnen ein Angebot nach ­ihrem Geschmack machen – und nicht nur ferne Versender. Dabei geht es nicht nur um gelieferte Arzneimittel, sondern auch um die Sichtbarkeit von Apotheken, die dann persönlich besucht werden. Doch diese Kunden erbringen nur einen kleinen Teil der Apothekenumsätze. Damit relativiert sich auch die Gebührenfrage etwas. Für die Apotheken bleibt entscheidend, dass sie zuerst ihre wichtigsten Kunden auch mit digitalen Mitteln an sich binden.

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